Essen. Der dänische Konzern FLSmidth sieht gute Perspektiven für das Bergbaugeschäft von Thyssenkrupp. 3000 Beschäftigte bekommen neuen Arbeitgeber.
Mit dem Verkauf des Bergbaugeschäfts verlassen rund 3000 Beschäftigte den Essener Industriekonzern Thyssenkrupp. Für sie sieht Thomas Schulz, der Chef des dänischen Konzerns FLSmidth, gute Perspektiven. „Wir haben keinen Arbeitsplatzabbau geplant“, sagt Schulz im Gespräch mit unserer Redaktion. „Der Bedarf an Fachkräften in unserer Branche ist groß.“ FLSmidth übernehme auch „wertvolle Patente und viel Fachwissen von Thyssenkrupp“. Von den knapp 3000 Beschäftigten der Thyssenkrupp-Bergbausparte seien bis zu 800 Mitarbeiter in Deutschland aktiv, viele davon in NRW. FLSmidth beschäftigt derzeit rund 10.500 Mitarbeiter.
Der Kauf von TK Mining sei für FLSmidth „ein wichtiger Bestandteil“ der Strategie, „emissionsfreien Bergbau“ zu ermöglichen, betont Schulz. Bereits im Jahr 2019 hat das dänische Unternehmen das Versprechen abgegeben, die Bergbautechnik bis 2030 emissionsfrei zu machen. „Dafür ist Hightech erforderlich“, hebt Schulz hervor. Auch in einer klimaneutralen Wirtschaft behalte der Bergbau seine große Bedeutung.
„Der Bau von Windrädern ist ohne Bergbau nicht möglich. Dafür wird die Gewinnung von Kupfer, Eisen und speziellen Erden gebraucht“, sagt der deutsche Manager, der aus dem Saarland stammt und den dänischen Konzern FLSmidth seit Mai 2013 aus Kopenhagen führt. „Wenn Handys, Laptops oder Elektroautos CO2-neutral sein sollen, müssen es auch die Materialien sein, die darin zum Einsatz kommen.“ Er gehe davon aus, dass die Lieferketten von Rohstoffen zunehmend hinterfragt werden, etwa beim Lithium, das für die Herstellung von Batterien benötigt wird.
„Schaufelradbagger werden weiterhin gebraucht“
Die bisherigen Aktivitäten von FLSmidth werden nach Darstellung von Schulz durch das Thyssenkrupp-Bergbaugeschäft gut ergänzt. „Ich denke beispielsweise an die Tagebau-, Förderband, Brech- und Mahltechnik sowie die Elektrifizierung“, sagt der Konzernchef. „Mit dem Zukauf des Thyssenkrupp-Bergbaugeschäfts können wir unseren Kunden zunehmend Technik aus einer Hand für die gesamte Wertschöpfungskette anbieten.“
In früheren Jahren gehörten Schaufelradbagger von Thyssenkrupp unter anderem für den RWE-Braunkohletagebau Garzweiler zu den schwersten Landfahrzeugen der Welt. „Schaufelradbagger werden weiterhin gebraucht, denn die Technik ermöglicht, sehr effizient Rohstoffe abzubauen“, erläutert Schulz. „Es geht darum, die Geräte weiterzuentwickeln. Die Schaufelradbagger werden sicher nicht mehr so groß sein wie die Geräte, die beispielsweise im Rheinischen Braunkohlenrevier zum Einsatz kommen.“
Bisheriges Thyssenkrupp-Geschäft soll spätestens bis 2024 wieder profitabel werden
Die Transaktion mit FLSmidth stehe noch unter dem Vorbehalt fusionskontrollrechtlicher Genehmigungen, hatte Thyssenkrupp Ende Juli mitgeteilt. Das Unternehmen rechne mit einem Vollzog innerhalb von zwölf Monaten. Das Geschäft ist den Angaben zufolge mit 325 Millionen Euro bewertet worden.
„Die wettbewerbsrechtlichen Prüfungen in verschiedenen Ländern laufen. Aufgrund ähnlicher Zukäufe in der Bergbauindustrie sehen wir keine Situation, wo unser Zusammenkommen nicht durchgeführt werden kann“, sagt Schulz. „Wir sehen hier keine Risiken und sind zuversichtlich, die notwendigen Freigaben zu erhalten.“
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Zur Frage, ob es Job- beziehungsweise Standortgarantien gibt, sagt Schulz lediglich: „Die beste Jobgarantie ist ein profitables Wachstum.“ Das Geschäft von Thyssenkrupp Mining, das zwischenzeitlich in die roten Zahlen gerutscht ist, müsse „spätestens bis 2024“ wieder profitabel sein. „Das Feedback, das wir aus der Belegschaft von Thyssenkrupp Mining bekommen haben, war sehr positiv“, sagt der FLSmidth-Chef. „Wir sind eine Firma, deren wichtigstes Kapital unsere Mitarbeiter sind.“
„Diesel-Aggregate durch Elektromotoren ersetzen“
FLSmidth sei spezialisiert auf die Aufbereitung im Bergbau. „Das heißt: Wir lösen Material wie Erz beispielsweise aus Gestein heraus – teilweise in aufwendigen mechanischen und chemischen Prozessen“, erklärt Schulz. „Wir sind auch beim Abbau von Lithium aktiv. Der Abbau ist eine Herausforderung und mit dem Einsatz von Chemikalien verbunden.“ Es werde einen wachsenden Bedarf an nachhaltigem Bergbau geben, zeigt sich der Konzernchef sicher. „Darauf stellen wir uns ein. Das bedeutet unter anderem, dass Diesel-Aggregate durch Elektromotoren ersetzt werden.“ Auch die Digitalisierung der Bergbautechnik werde zunehmen.
Es gebe kaum einen Rohstoff, an dessen Förderung FLSmidth nicht beteiligt sei. In 120 Ländern sei der dänische Konzern aktiv. „Wichtige Märkte für uns sind Nord- und Südamerika, Süd- und Westafrika sowie Russland, Asien und Australien. Hier sind wird in der Gewinnung von Gold, Eisen- und Aluminium-Erzen tätig, um einige Beispiele zu nennen.“ Die Aufbereitungstechnik komme an verschiedenen Stellen zum Einsatz, in Neuseeland etwa bei der Aufbereitung von alten Autoreifen.
Das dänische Unternehmen hatte auch Interesse an einer Übernahme der Thyssenkrupp-Sparte Cement Technologies geäußert und nach Angaben von Schulz bereits eine Bewertung des Firmenteils vorgenommen. „Dass sich das Thyssenkrupp-Management gegen einen Verkauf entschieden hat, respektieren wir“, sagt Schulz. „Damit erlischt aber nicht unser grundsätzliches Interesse. Wir sehen großes Potenzial im Zementgeschäft.“ Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz hatte einem Verkauf bei der zurückliegenden Hauptversammlung zunächst eine Absage erteilt.
„Doktortitel stehen nicht im Vordergrund“
„Wir legen großen Wert auf unsere Unternehmenskultur“, sagt FLSmidth-Chef Schulz auch mit Blick auf die Thyssenkrupp-Beschäftigten, die künftig zur Belegschaft des dänischen Konzerns gehören. Sie seien vom ersten Tag FLSmidth-Kollegen, „genauso wie die Leute, die seit 30 Jahren bei uns sind“.
Flache Hierarchien seien ihm wichtig. „Das will ich auch persönlich vorleben. Wer mich kontaktieren möchte, kann dies direkt tun“, erklärt der Manager. „Der zwischenmenschliche Umgang in skandinavischen Firmen beinhaltet, dass Doktortitel oder dergleichen nicht im Vordergrund stehen, sondern mehr das Persönliche, daher wird man auch mit dem Vornamen angesprochen.“ Die Leistung zähle – Alter, Geschlecht oder Herkunft spielten keine Rolle. „Ich sehe bei dänischen Unternehmen, dass die Motivation, das Richtige zu tun, einen signifikanten höheren Stellenwert hat als die Erstellung von immer neuen Regeln, um Fehler zu vermeiden.“