Bochum/Duisburg. Ruhrgebietsstädte wollen sich auf ihre Stärken konzentrieren, um ihre Wirtschaftskraft zu fördern. Warum das Silicon Valley Vorbild sein kann.

Große Gewerbeflächen im Ruhrgebiet sind nahezu ausverkauft, Städte etwa der Rheinschiene breiten ansiedlungswilligen Unternehmen den roten Teppich aus, während auch die Globalisierung voranschreitet. Bei einem hochkarätig besetzten Kongress diskutierten Experten, wie sich das Ruhrgebiet in dieser Gemengelage behaupten kann. Die einhellige Antwort lautet: Schwerpunkte setzen und „Stärken stärken“ – neudeutsch Cluster bilden.

Das Silicon Valley südlich von San Francisco gilt seit Jahrzehnten als erfolgreiche Schmiede von Technologie-Start-ups und Konzernriesen wie Apple, Google und Facebook. Im kleinen Maßstab ist es der Stadt Bochum gelungen, mit zahlreichen Firmen-Ansiedlungen aus den Branchen Gesundheitswirtschaft und IT-Sicherheit zwei große Schwerpunkte zu formen. „Hier in Bochum haben wir schon sehr früh erkannt, welches Potenzial in Clustern stecken kann – und wie eine Stadt und ihre Wirtschaft davon massiv profitieren“, sagt Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD).

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Auf dem Weg zur Profilschärfung befindet sich auch Duisburg mit verarbeitender Industrie, Logistik und Wasserstoff. „Das ist aber noch nicht in einen Cluster-Ansatz in der Wirtschaftsförderung übersetzt. Daran arbeiten wir gemeinsam mit Wirtschaft und Wissenschaft zum Beispiel im Wasserstoffnetzwerk Hy.Region.Rhein.Ruhr“, meint Rasmus C. Beck, Geschäftsführer von Duisburg Business & Innovation.

Pinkwart: Über den eigenen Kirchturm hinaus denken

Wie der Weg für Duisburg und andere Großstädte beschritten werden kann und wie Wirtschaftsförderung der Zukunft aussehen kann, diskutierten 170 internationale Expertinnen und Experten zwei Tage lang in Bochum. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart ermuntert die Revier-Kommunen, große Schwerpunkte zu bilden. „Wir müssen regionale Stärken identifizieren und gegenüber anderen Standorten Vorteile generieren. Dafür braucht man einen langen Atem und die Fähigkeit, sich an neuere Trends anzupassen. Das Silicon Valley hat sich auch immer wieder neu erfunden“, sagte der FDP-Politiker im Gespräch mit unserer Redaktion und übte auch Selbstkritik. „In der Vergangenheit hat sich Nordrhein-Westfalen zu kleinteilig präsentiert. Wir müssen auch über den eigenen Kirchturm hinaus denken“, so Pinkwart.

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Das Horst-Görtz-Institut für IT-Sicherheit in Bochum sei seit Jahren auch in den USA bekannt und habe viele Start-ups hervorgebracht. Und auch für das weltweit ausgeschriebene Max-Planck-Institut für Cybersicherheit und Schutz der Privatsphäre habe Bochum den Zuschlag erhalten. Der Landeswirtschaftsminister: „Das zeigt, wie sich Cluster entwickeln können.“ Exzellenz sieht Pinkwart auch in Duisburg: „Bei der Erforschung der Brennstoffzelle ist Duisburg seit 20 Jahren Spitze. In den USA sagt man, dass es nirgendwo anders so gut ausgebildete Ingenieure gibt wie im Ruhrgebiet.“

Kooperation von Behörden, Wissenschaft und Wirtschaft

Ermutigung zur Clusterbildung gibt es auch aus der Wissenschaft: „Es geht nicht darum, das Bestehende zu bewahren. Wir dürfen nicht stehen bleiben bei dem Anspruch, Stärken zu stärken“, fordert Matthias Kiese, Professor am Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Und auch Christian Ketels von der Harvard Business School sieht eine Notwendigkeit zum Schulterschluss: „Die Digitalisierung und die Klimaneutralität werden viele Veränderungen erzeugen. Dazu brauchen wir eine Kooperation von Behörden, Wissenschaft und Wirtschaft. Das Ruhrgebiet muss demonstrieren, wofür es im internationalen Wettbewerb steht.“

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Ralf Meyer, Geschäftsführer der Bochumer Wirtschaftsentwicklung, schwebt bereits ein Konzept für die gesamte Region vor: „Wenn wir im Ruhrgebiet sechs bis acht echte Stärken identifizieren, wird uns das über Krisen hinweg helfen, und wir werden nicht in Abhängigkeiten von bestimmten Branchen geraten“, sagt er auch im Hinblick auf die Montan-Vergangenheit. Die Business Metropole Ruhr hat bereits eine Studie in Auftrag gegeben, um regionale Stärken im Ruhrgebiet zu identifizieren.