Essen. Stadtwerke einigen sich auf den Sanierungsexperten Plathner als Treuhänder. Er soll statt der RAG-Stiftung die Steag fit für den Verkauf machen.

Nach dem Rückzug der RAG-Stiftung haben sich die Steag-Eigentümerinnen auf einen neuen Treuhänder verständigt: Der Sanierungsexperte Jan Markus Plathner soll den Essener Energiekonzern auf Kurs bringen und so attraktiv für den Verkauf machen. Die sechs Ruhrgebiets-Stadtwerke aus Dortmund, Bochum, Essen, Duisburg, Oberhausen und Dinslaken wollen auf diese Weise ihren Ausstieg voranbringen.

Der Jurist Plathner ist Sanierungsberater und Insolvenzexperte der Hamburger Kanzlei Brinkmann & Partner, eine der gefragtesten Adressen in Deutschland, wenn Unternehmen Hilfe beim Meistern einer existenzbedrohenden Krise suchen. Er agierte als Insolvenzverwalter für einige Autozulieferer wie die Veritas-Gruppe, aber auch Unternehmen aus der Chemieindustrie, dem Schiffbau und der Textilbranche. Die sechs Ruhrgebietskommunen wollen ihn nun zum verantwortlichen Geschäftsführer einer Treuhandgesellschaft bestellen, der die Stadtwerke ihre Steag-Anteile übertragen. Die jeweiligen Gremien der kommunalen Unternehmen müssen dem noch zustimmen.

Banken wollten die RAG-Stiftung nicht

Dass nun ein ausgewiesener Sanierer übernimmt und nicht die Essener RAG-Stiftung, gilt als favorisierte Lösung der Banken. Während die Stadtwerke die Kohlestiftung mit dem früheren RAG-Chef Bernd Tönjes an der Spitze gern als Treuhänderin ihrer Steag-Anteile gesehen hätten, störte sich das breite Bankenkonsortium dem Vernehmen nach an der fehlenden Expertise bei der Restrukturierung von Unternehmen sowie am politischen Einfluss des Kuratoriums, in dem zum Beispiel CDU-Chef Armin Laschet, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD), Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) und IGBCE-Chef Michael Vassiliadis sitzen.

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Die sechs Revier-Stadtwerke haben die Steag vor gut zehn Jahren für rund 1,2 Milliarden Euro dem Chemiekonzern Evonik abgekauft, der mehrheitlich der RAG-Stiftung gehört. Sie ist mit der Finanzierung der Ewigkeitskosten nach dem Ende des Steinkohlenbergbaus betraut. Ihr Vermögen von mehr als 20 Milliarden Euro hat sie breit angelegt, um aus der Rendite die jährlichen Kosten von 250 bis 300 Millionen Euro, etwa für die Wasserhaltung in den Schächten, zahlen zu können.

IGBCE-Chef Vassiliadis in Sorge um die Beschäftigten

Den Kapitalgebern der Steag, die heftig unter der Energiewende gelitten hat, waren das offenbar zu viele Ruhrgebiets-Querverbindungen, um die für Sanierer gebotene Distanz wahren zu können. Umgekehrt befürchtet nun Gewerkschaftschef Vassiliadis harte Zeiten für die rund 6000 Beschäftigten. „Das bislang geeinte Konzept, das eine politische, wirtschaftliche und soziale Balance garantierte, wurde aufgegeben“, sagte er unserer Redaktion nach dem Ausstieg der RAG-Stiftung. Nun sei „unklar, was die neue Architektur der Sanierung durch einen ausgewiesenen Insolvenzverwalter für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeuten wird“. Vassiliadis mahnte die Ruhrgebiets-Städte als Eigentümerinnen, ihre Probleme „nicht auf dem Rücken der Beschäftigten abzuladen.“

„Wir sind uns mit den Partnerbanken einig, dass Herr Dr. Plathner die richtige Wahl ist, um den bereits eingeleiteten Transformationsprozess der Steag zu einem erfolgreichen Ende zu führen“, erklärte Guntram Pehlke, Chef der Dortmunder Stadtwerke und Aufsichtsratsvorsitzender der Steag. „Seine langjährige Erfahrung als Treuhänder wird dabei sehr hilfreich sein.“

Vier Städte schießen 30 Millionen Euro nach

Zugleich wollen vier der sechs Eigentümerinnen ihre gemeinsame Beteiligungsgesellschaft KSBG mit insgesamt 30 Millionen Euro stützen, auch das war eine Bedingung der Banken. An dieser letzten Geldspritze beteiligen sich Bochum und Oberhausen nicht. Das soll nach dem geplanten Verkauf der Steag beim Verteilen der Erlöse unter den sechs Stadtwerken berücksichtigt werden.