Essen. Nach dem Motto, Bagger und Krane gehören zusammen, fusionieren die Firmen Hagedorn und Wasel. Sie wollen von der Energiewende profitieren.

In Nordrhein-Westfalen haben sich zwei Familienunternehmen zusammengeschlossen, die beim Mega-Projekt Energiewende ihre Chance wittern. Hagedorn hat sich auf den Abriss von Kraftwerken und alten Windkraftanlagen sowie die Entwicklung von Industriebrachen spezialisiert. Und Wasel montiert mit seinen Riesenkranen neue Windräder.

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„Pakt für den Strukturwandel“ nennen die beiden Firmen ihre Fusion. Mit 1100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, über 1000 Fahrzeugen, darunter mächtige Raupenkrane und Abbruchbagger, und einem gemeinsamen Umsatz von zuletzt 365 Millionen Euro wollen Hagedorn und Wasel ihre Kräfte bündeln. „Der Wettbewerb ist hart. Unser gemeinsames Leistungsspektrum ist nun aber einzigartig in Deutschland“, sagt Thomas Hagedorn, unter dessen Holding-Dach Wasel seine Eigenständigkeit behalten soll.

Demontage und Aufbau aus einer Hand

„Wir hatten keine wirtschaftliche Not, unser Unternehmen zu verkaufen“, versichert Matthias Wasel. Man wolle auf den Wandel in der Branche reagieren: „Die großen Energie- und Industriekonzerne schätzen es aber immer mehr, wenn Demontage- und Aufbau-Leistungen aus einer Hand angeboten werden. Das können wir jetzt“, so der Geschäftsführer.

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Die beiden Familienfirmen aus Gütersloh und Bergheim sind stark im Ruhrgebiet vertreten: Hagedorn hat in jüngster Vergangenheit stillgelegte Kohlekraftwerke in Dortmund und und Lünen gesprengt. Im Rahmen des Kohleausstiegs entwickelt Hagedorn auf den Brachen nun neue Gewerbegebiete wie das einstige Steag-Areal in Lünen. Wasel hat zwei große Standorte im Revier. „In Gelsenkirchen-Scholven sind wir der Haupt-Kranlieferant und managen den Umbau der BP-Raffinerie. In Duisburg arbeiten unsere Krane für die Stahlwerke von Thyssenkrupp und HKM“, berichtet Matthias Wasel.

Wasel-Krane sind im Braunkohle-Tagebau Hambach im Einsatz, um Schaufelräder zu wechseln.
Wasel-Krane sind im Braunkohle-Tagebau Hambach im Einsatz, um Schaufelräder zu wechseln. © navos | navos

Vor allem der Standort in Duisburg ist für den Dienstleister von strategischer Bedeutung. „Wir müssen räumlich nah an unseren Kunden sein, um flexibel zu bleiben. Die Fleher Brücke in Düsseldorf ist der einzige Weg, auf dem wir den Rhein überqueren können. Alle anderen Brückenbauwerke sind für unser hohes Gewicht gesperrt“, sagt der Geschäftsführer mit Blick auf die marode Infrastruktur in NRW.

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Im Fokus haben die Partner jetzt aber vor allem die Energiewende. Bis spätestens 2038 muss das letzte Kohlekraftwerk abgeschaltet sein. Die meisten Steinkohlekraftwerke im Ruhrgebiet gehen weit früher vom Netz oder sind es bereits: RWE hat in Werne (2019) und Anfang Juli in Hamm und Ibbenbüren seine letzten Steinkohleblöcke für immer abgeschaltet. Die Steag hat ebenfalls erst vor zwei Wochen ihren Block 9 in Duisburg-Walsum endgültig stillgelegt. Im Oktober 2022 folgt das Aus für die Steinkohlekrafte in Bergkamen (Steag), Gelsenkirchen-Scholven (Uniper) und im Chemiepark Marl (Evonik). Bis Anfang der 30er-Jahre könnten Walsum 10 (Steag), Datteln 4 (Uniper), und Lünen (Trianel) laufen. In Bochum ist Hagedorn gerade dabei, den Standort eines ehemaligen RWE-Heizkraftwerks zu sanieren. An dessen Stelle soll der Gesundheitscampus II entstehen.

8000 Windkraftanlagen stehen zur Erneuerung an

Parallel sollen erneuerbare Quellen ausgebaut werden, um den wachsenden Energiebedarf zu decken. „Das Potenzial ist groß. In den nächsten zwei oder drei Jahren stehen 8000 Windanlagen zur Erneuerung an“, erklärt Thomas Hagedorn. Nach 20 Jahren laufe die Subventionierung der älteren Windparks aus. In der Regel werden die Windräder durch noch größere Nachfolger ersetzt. „Und 20 Kohlekraftwerke stehen vor der Abschaltung – auch in Süd- und Ostdeutschland“, so Hagedorn.

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Mit ihrem wuchtigen Fahrzeugpark bieten Hagedorn und Wasel nun Abriss und Neubau aus einer Hand an. „Wir wollen gemeinsam wachsen. Dafür brauchen wir jeden. Es werden definitiv keine Stellen wegfallen“, versichert Erwerber Thomas Hagedorn. Für Wasel hat die Übernahme aber auch eine andere Dimension. Beide Inhaber-Brüder gehen auf die 60 zu und machen sich Gedanken um die Zukunft. „Unsere Töchter gehen beruflich eigene Wege. Und RWE hat gemahnt, dass wir uns auf den Strukturwandel vorbereiten sollen. Insofern ist die Fusion auch ein Nachfolge-Thema“, betont Matthias Wasel.

„Bagger und Krane passen zusammen“

Ein gemeinsamer Bekannter hat die beiden Familien zusammengebracht. „Wir haben uns nicht aktiv gesucht“, erklärt Thomas Hagedorn. „Unsere Familien harmonieren nicht nur menschlich. Bagger und Krane passen auch praktisch gut zueinander.“