Düsseldorf. Commerzbank schließt in NRW 99 Filialen, will aber die Standorte Düsseldorf und Duisburg stärken. Diese Pläne hat Bereichsvorstand Mario Peric.

Die Commerzbank will 99 Filialen in NRW schließen und das Online-Banking ausbauen. Mit Bereichsvorstand Mario Peric sprachen wir darüber, was mit den Mitarbeitern geschehen und was auf die Kunden zukommen wird.

Herr Peric, war es ein Fehler, dass die Commerzbank so lange an ihren 1000 Filialen bundesweit festhalten wollte?

Mario Peric: Der Plan war nach damaligen Kriterien gut, mutig und richtig. Anfang 2019, also noch kurz vor der Corona-Pandemie, waren 90 Prozent der Experten davon ausgegangen, dass eine Zinswende einsetzt. Wäre das so gekommen, wäre unsere Strategie aufgegangen und 1000 Filialen finanzierbar gewesen. Inzwischen wissen wir aber, dass die Zinsen auf Jahre nicht steigen werden und gleichzeitig die Inflation wächst. Das ist eine schlechte Nachricht für alle Anleger, aber auch für uns als Bank.

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Sie wollen Ihr Filialnetz halbieren und im Westen 99 Standorte aufgeben. Nach welchen Kriterien sind die Schließungsentscheidungen gefallen?

Peric: Wir sind da schlicht mit dem gesunden Menschenverstand und einer Vielzahl von objektiven Faktoren herangegangen. Wir haben uns externe Kriterien angeschaut wie den Zuzug in den Städten, Bevölkerungsdichte und Kaufkraft. Aber natürlich auch die Wirtschaftlichkeit unserer Filialen. In manchen Städten ist es uns leider nicht gelungen, eine führende Rolle gegenüber regionalen Instituten einzunehmen. Andernorts sind wir sehr stark und haben einen hohen Marktanteil. Wir wollen künftig dort vertreten sein, wo es sich für unsere Kunden und uns lohnt.

Mario Peric, Bereichsvorstand bei der Commerzbank im WAZ-Interview.
Mario Peric, Bereichsvorstand bei der Commerzbank im WAZ-Interview. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Aus Ruhrgebietsstädten wie Hattingen, Gladbeck oder Castrop-Rauxel verabschieden Sie sich nun aber komplett.

Peric: Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass wir einige Standorte mehr erhalten können. Wir haben darum lange gerungen. Am Ende mussten wir aber Kompromisse eingehen. Mit Castrop-Rauxel habe ich gehadert. Die Stadt ist groß und bekannt. Unsere Filiale dort besuchen aber nur sehr wenige Kunden. Aufgrund der geringen Nachfrage rechnet sich dieser Standort leider nicht.

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Bundesweit will die Commerzbank 9000 der 25.000 Stellen streichen. Was bieten Sie den Mitarbeitern an?

Peric: So bitter es manchmal auch ist: Das Kundenverhalten und das Zinsumfeld zwingen uns hier zu Veränderungen. Wir machen uns sehr viele Gedanken, wo wir unsere Mitarbeiter künftig einsetzen können. Niemand wird unter Druck gesetzt, am Freiwilligenprogramm mit hohen Abfindungen teilzunehmen. Wir lassen niemand im Regen stehen. Ich bin guter Dinge, dass wir auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten und unseren Mitarbeitern andere Perspektiven in unserer Bank aufzeigen können. Mit 450 Filialen bleiben wir die Bank mit den bundesweit meisten Standorten.

Wird NRW überproportional unter der Neustrukturierung leiden müssen?

Peric: Nein, im Gegenteil. Wir werden die Commerzbank im Privatkundengeschäft in zwei Marktgebiete aufteilen: Nord/Mitte/Ost mit dem Hauptsitz in Berlin und Süd/West mit Sitz in Düsseldorf. Weil Stabsabteilungen von Frankfurt hierher wechseln werden, wird der Standort Düsseldorf gestärkt. An der Grafenberger Allee planen wir zudem eines der bundesweit drei Pilot-Center für persönliche Beratung mit zunächst rund 40 Mitarbeitern. Und unser Servicecenter Commerz Direktservice mit aktuell mehr als 700 Beschäftigten im Duisburger Silberpalais soll gestärkt werden. Das sind Profis, die den Filialen den Rücken freihalten. Der Westen ist einfach der Hammer. Hier sind viele Großstädte und die Konzerne.

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Die Commerzbank will digitale Beratungsbank werden. Was kommt da auf Ihre Kunden zu?

Peric: Die meisten Bankgeschäfte werden inzwischen über das Smartphone abgewickelt. Wir werden bundesweit 1,7 Milliarden Euro in unsere digitale Infrastruktur investieren. Die Commerzbank ist so finanzstark, dass sie sich das leisten kann. Wir starten mit drei Pilot-Centern, davon eines in Düsseldorf, das zunächst telefonische Beratungen anbieten wird. Bis Ende 2022 sollen weitere Kanäle wie Video, Chats und E-Mail dazu kommen. Für eine Baufinanzierung oder einen Wertpapierkauf müssen die Kunden dann gar nicht mehr in die Filialen fahren. Wir sind hoffnungsfroh, dass die Pilotprojekte funktionieren werden und wir das Konzept der Beratungscenter dann bundesweit ausrollen können. Ich glaube, da kann etwas richtig Großes entstehen.