Bochum. Während Wirtschaftsverbände gegen eine Testpflicht in Betrieben protestieren, geht die IHK Bochum mit gutem Beispiel voran: Ein Bus soll helfen.

Die Bundesregierung will die Unternehmen verpflichten, ihre Mitarbeiter auf das Coronavirus zu testen. Dagegen laufen Wirtschaftsverbände Sturm. Die IHK Mittleres Ruhrgebiet will sich an der Kritik nicht beteiligen. Sie hat einen Testbus auf die Reise durch Bochum, Herne, Witten und Hattingen geschickt.

Eric Weik kann den Protest der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft nicht nachvollziehen. Seine IHK hat kurzerhand einen Bus angemietet, um ihre 30.000 Mitgliedsfirmen beim Kampf gegen die Pandemie zu unterstützen. „Bei uns können sich 70.000 Beschäftigte im Kammerbezirk kostenlos testen lassen. Für jeden einzelnen Betrieb wäre der Aufwand sehr groß. Darüber zu klagen, hilft aber nicht weiter“, sagt der Hauptgeschäftsführer. In der Woche nach Ostern stand der Bus auf dem Parkplatz vor der IHK in Bochum, seit Montag tourt er durch die Gewerbegebiete des Kammerbezirks.

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Ursprünglich sollte die Aktion auf vier Wochen begrenzt werden. „Die Nachfrage ist groß. Wir überlegen, den Testbus länger fahren zu lassen“, meint Weik. Die Kosten will er in Kauf nehmen. Der Hauptgeschäftsführer: „Wir haben wegen der Pandemie den Jahresempfang und andere Veranstaltungen abgesagt. Das eingesparte Geld nutzen wir jetzt für den Testbus.“ Und die Bochumer Kammer würde sich freuen, wenn das Beispiel Schule machen würde. „Mit der Aktion wollen wir einen Beitrag leisten, um uns alle durch diese schwierige Zeit zu bringen. Ich hoffe, das hat Signalwirkung“, so Weik.

Testbus steuert Gewerbegebiete an

Wer das IHK-Angebot nutzen will, kann sich im Internet ein Ticket herunterladen, das 72 Stunden Gültigkeit hat. Ein negatives Testergebnis soll nicht nur ein Anhaltspunkt sein, im Betrieb möglichst die Kollegen nicht mit Corona anzustecken. Das Zertifikat ermöglicht auch den Einkauf im Einzelhandel.

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Eine Befragung im Auftrag der Bundesregierung hatte ergeben, dass 43 Prozent der Unternehmen der Kosten wegen nicht testen oder dafür finanzielle Unterstützung wollen. DGB-Chef Reiner Hoffmann hatte daraufhin die Union aufgefordert, die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für eine Testangebotspflicht nicht länger zu blockieren. Nach „Spiegel“-Informationen hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) inzwischen seinen Widerstand gegen die Verpflichtung aufgegeben, so dass Heils Gesetzentwurf am Dienstag vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht werden könnte.

Spitzenverbände der Wirtschaft gegen Testpflicht

Gegen die Testpflicht formiert sich indes massiver Widerstand aus der Wirtschaft. In einem Brief an Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) boten die Spitzenverbände als Alternative einen „Pakt zur Unterstützung von freiwilligen Testangeboten in Unternehmen und Betrieben“. Unterzeichner sind die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), der Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie der Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH).

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„Wir werben für eine Unterstützung der Betriebe, um das Testangebot zu stabilisieren und noch weiter auszuweiten“, schreiben die Verbände und fordern zugleich die Bundesregierung auf, den Unternehmen bei der Beschaffung von Test-Kits behilflich zu sein. Ein Drittel der Firmen klagt darüber, Probleme beim Einkauf zu haben. Überdies bitten die Spitzenverbände den Bund darum, Bürokratie beim Testen abzubauen und Rechtssicherheit etwa über Schulungen herzustellen.

Handel warnt vor Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes

Der Handelsverband warnte am Montag überdies vor der geplanten Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes. Ein Entwurf sieht vor, dass Läden ab einer Inzidenz von 100 Infizierten pro 100.000 Einwohner die Läden wieder schließen sollen. „Viele Nicht-Lebensmittelhändler verlieren aufgrund der angekündigten Veränderungen im Infektionsschutzgesetz jegliche Perspektive“, sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

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Er verwies auf eine HDE-Umfrage unter 1000 Unternehmen, die deutlich mache, wie kritisch die Lage sei. Demnach sehen 45 Prozent der Befragten ihre unternehmerische Existenz im Laufe des Jahres in akuter Gefahr. Die Umsätze der klassischen Innenstadthändler hätten in der vergangenen Woche um 60 Prozent unter dem Vor-Krisen-Niveau gelegen, berichtete Genth. Wo im Zuge der Corona-Bekämpfung lediglich die Kundenzahl in den Geschäften begrenzt war, betrug das Minus demnach knapp 30 Prozent. Wo Kunden mit Terminvereinbarung einkaufen durften, lagen die Umsatzeinbußen bei knapp 50 Prozent. Wo nur negativ getestete Kunden in die Läden durften, gingen die Umsätze um 62 Prozent zurück.