Essen. Büromarkt im Ruhrgebiet kommt besser durch die Corona-Krise als andere Metropolen. Nachfrage und Investitionsbereitschaft ungebrochen.

Der Gewerbeimmobilienmarkt im Ruhrgebiet hat die Corona-Krise besser überstanden als andere Metropolen wie Frankfurt oder Stuttgart. Zu diesem Ergebnis kommt der Immobilienmarktbericht der Business Metropole Ruhr, in den eigene, aber auch Kennziffern hiesiger Makler einflossen.

„Das Ruhrgebiet ist weiter ein guter Investment-Standort. Die Konstellation aus geringen Einstiegspreisen und steigenden Mieten gibt es in keiner anderen Metropole“, sagt Rasmus C. Beck, Geschäftsführer der Metropole Ruhr GmbH. Und der Wirtschaftsförderer zeigt sich optimistisch, dass das auch noch eine Weile so bleibt: „Wir haben noch einige gute Jahre vor der Brust. Wir sehen mehr Licht als Schatten.“

Nur Berlin hat mehr Bürofläche als das Revier

Obwohl das vergangene Jahr seit März von der Corona-Pandemie geprägt war, konnte der Immobilien-Standort Ruhrgebiet seine Position verteidigen: Mit 17,2 Millionen Quadratmetern Bürofläche landete die Region deutschlandweit erneut auf Platz zwei hinter Berlin mit 19,8 Millionen Quadratmetern. Mit 211.000 Quadratmetern fertiggestellter Neubaufläche landete das Revier nach Berlin (465.000) und Frankfurt am Main (213.000) auf dem dritten Rang.

Beim Büroflächenumsatz aus Vermietungen und Eigennutzungen hinterließ die Krise freilich ihre Spuren: Er summierte sich im Ruhrgebiet auf rund eine halbe Million Quadratmeter. Das waren 5,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Einbußen andernorts waren aber durchweg höher: München verlor 21 Prozent, Stuttgart gar 56 Prozent. Trotz des Trends zum Homeoffice sank die Leerstandsquote an Rhein und Ruhr auf vier Prozent und damit den niedrigsten Wert seit Jahren. Gleichzeitig stiegen die erreichbaren Spitzenmieten für Büroflächen abermals um 50 Cent auf 16,50 Euro pro Quadratmeter. Eine Zahl, auf die Investoren besonders schauen. Auch die Durchschnittsmiete verteuerte sich – um 20 Cent auf 8,32 Euro.

"Die Nachfrage im Ruhrgebiet ist ungebrochen hoch"

Die positiven Rahmenbedingungen bestätigt auch Eckhard Brockhoff. „Es ist viel Geld im Markt. Die Nachfrage im Ruhrgebiet ist ungebrochen hoch“, sagt der Essener Immobilienmakler. Wegen der Pandemie komme es aber zu weniger Geschäftsabschlüssen. Die Gründe dafür seien meist ganz praktische: „Wegen der Ansteckungsgefahr schicken die Banken viel seltener Gutachter heraus“, so Brockhoff.

Seine Beobachtung deckt sich mit den Zahlen des Immobilienmarktberichts. Mit 2,2 Milliarden Euro lag das Transaktionsvolumen mit gewerblichen Immobilien im vergangenen Jahr fast 29 Prozent unter dem Niveau von 2019, aber immer noch leicht über dem langjährigen Durchschnitt. Die Krise machte sich in den sieben sogenannten A-Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart etwas stärker bemerkbar. Sie verzeichneten beim Transaktionsvolumen zusammen ein Minus von 31 Prozent auf 31,2 Milliarden Euro.

Mehr Leerstände in München, Hamburg und Co.

Oliver Rohr vom Analyseunternehmen Bulwiengesa hat dafür eine Erklärung: „Die Immobilien-Nachfrage in den A-Städten lässt nach. Es gibt dort mehr Leerstände“, sagt er und nennt dafür einen Grund: „Das Ruhrgebiet ist besser durch die Krise gekommen, weil es hier weniger spekulatives Bauen gibt.“

Während der Pandemie hat sich also offenbar als Vorzug erwiesen, was sonst als Makel kritisiert wird: Im Revier wird gemeinhin erst in neue Gebäude investiert, wenn bis zu 60 Prozent der Flächen vorab vermietet sind. Die Risikofreudigkeit der Investoren ist in anderen Regionen größer.

Erfolgsprojekt Mercator 1 in Duisburg

Rohr ist gar der Auffassung, dass im Ruhrgebiet „deutlich mehr gegangen wäre“, wenn es im zweiten Quartal 2020 die „Schockstarre“ wegen Corona nicht gegeben hätte. Der hohe Anteil an Eigennutzern und die geringe Leerstandsquote sprechen nach Einschätzung des Bulwiengesa-Geschäftsführers für gute Investitionsaussichten im Ruhrgebiet.

Aus der ungebrochen hohen Nachfrage zieht der Essener Makler Brockhoff den Schluss: „Wir brauchen mehr Leerstand und spekulative Neubauten im Ruhrgebiet.“ Denn nach seiner Wahrnehmung fehlt das Polster für Firmen, die in der Region Büroräume suchen. „Zwei Drittel der leerstehenden Immobilien riechen nach Muff und müssen erst modernisiert werden“, sagt er. Dass sich spekulatives Bauen auch im Ruhrgebiet lohne, beweist nach Auffassung des Immobilien-Experten Rohr das Projekt Mercator One am Duisburger Hauptbahnhof. „Die Vermietungsquote dort ist inzwischen sehr hoch. Gute Lagen finden immer Mieter.“

Sorge bereitet der Immobilienbranche der Einzelhandel, der im zweiten Lockdown seit Mitte Dezember erneut zum größten Teil geschlossen. Laut Immobilienmarkt-Bericht sinken bereits die Spitzenmieten in den 1a-Lagen - so auf dem Westenhellweg in Dortmund um sechs Euro auf 200 Euro pro Quadratmeter. Wirtschaftsförderer Beck mahnt bereits: „Unsere Innenstädte haben als reine Standorte für Einzelhandel keine Zukunft. Man muss sie Freizeit- und Gastronomieangeboten auflockern.“

>>> Logistikbranche stabil

Trotz Pandemie erweist sich die Logistikbranche im Ruhrgebiet als stabil. Die Fläche wuchs von knapp 3,3 auf gut 3,6 Millionen Quadratmeter an. Die Spitzenmieten von 5,20 Euro blieben konstant. Bei der Durchschnittsmiete gab es ein leichtes Plus auf 3,50 Euro.