Essen. Böller-Verkaufsverbot: Marktführer Weco befürchtet eigene Insolvenz und der gesamten Branche. Staatshilfe passe nicht auf die Pyro-Industrie.
Kein Böllerverkauf, kein Feuerwerk, keine Silvesterpartys: Der harte Lockdown trifft viele Branchen hart, die der Pyrotechniker aber ganz besonders. Der Handel darf keine Raketen und Böller verkaufen, die bereits georderte Ware wurde laut Verband in der Regel auf Kommission geliefert, was heißt, dass nur bezahlt wird, was verkauft wurde – also nichts. Marktführer Weco und die gesamte Pyro-Industrie mit ihren rund 3000 Arbeitsplätzen in Deutschland sieht sich vor dem Aus, sollte der Komplettausfall des Silvestergeschäfts nicht kompensiert werden.
„Das ausgesprochene Verkaufsverbot trifft uns hart und ohne sofortige Entschädigung für den Umsatzausfall droht nun die Insolvenz unseres Unternehmens sowie des gesamten Wirtschaftszweigs“, warnt Weco-Chef Thomas Schreiber, der auch den Verband der Pyrotechnischen Industrie in Ratingen führt. Weco hat gut 400 Beschäftigte, die meisten am Sitz im rheinischen Eitorf. Schreiber fordert nach dem Verkaufsverbot „den vollumfänglichen Ausgleich der dadurch entstehenden Umsatzverluste“.
Problem ist die Hilfs-Obergrenze von 500.000 Euro
Von den geltenden Hilfstöpfen passe keiner auf das sehr spezielle Geschäft mit Raketen und Böllern. Die Hersteller erzielen rund 95 Prozent ihrer Jahresumsätze vor Silvester. Schon die übrigen fünf Prozent mit Großfeuerwerken, etwa nach Stadtfesten oder am Kirmes-Schlusstag sind in diesem Corona-Jahr weitgehend weggebrochen, das Silvestergeschäft fällt nun ganz aus. Das Problem: Die für Dezember vorgesehenen Überbrückungshilfen orientieren sich am Umsatz des Vorjahresmonats. Das für sich würde der Pyroindustrie entgegenkommen – nicht aber die Höchstgrenze von 500.000 Euro.
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2019 hat die Böllerindustrie insgesamt 122 Millionen Euro eingenommen. Branchenführer Weco hat nach eigenen Angaben einen Marktanteil von 65 Prozent. Dass eine halbe Million Euro Überbrückungshilfe nur einen Bruchteil der Ausfälle auffangen würde, liegt auf der Hand. Neben wenigen größeren Konkurrenten gibt es viele kleine Selbstständige, die sich etwa auf Großfeuerwerke spezialisiert haben. Für sie könnte die Hilfe passen.
Weco-Chef: Politik spricht nicht mit uns
Schreiber kritisiert, die Regierung habe gewusst, dass die Hilfen nicht auf seine Branche passen, aber: „Die Politik weigert sich bislang mit uns zu sprechen, ließ jedweden Gesprächsversuch unsererseits unbeantwortet.“ Die Feuerwerks-Industrie benötige „gesonderte Hilfsgelder, um unsere sowie die 3000 Einzelexistenzen in der Branche zu sichern.“
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Was die Hersteller aktuell besonders trifft, ist das Hin und Her der politischen Ansagen. „Nach der letztwöchigen Entscheidung von Bund und Ländern, Feuerwerk zunächst nicht verbieten zu wollen, haben wir die Hauptauslieferungen an unsere Kunden begonnen“, sagt Weco-Chef Schreiber. Ein Großteil der Ware befinde sich bereits beim Handel. Die Ware sei vollständig vorfinanziert, insgesamt Böller und Raketen auf „über 130.000 Paletten“.
Auch Online-Verkauf dürfte verboten sein
Nach dem Verkaufsverbot sitzt der Einzelhandel nun auf unverkäuflicher Ware. Der Schaden bleibe aber letztlich bei den Herstellern. Denn: „Feuerwerk ist ein Kommissionsgeschäft, das heißt, wir müssen die Ware auf eigene Kosten zurückholen“, erklärt Schreiber. Auch wenn die Rechtsverordnungen noch nicht vorliegen, geht man bei Weco davon aus, dass das Verkaufsverbot auch für den Onlinehandel gilt, in diesem Jahr also gar keine Böller verkauft werden.
Ein Verbot, etwa noch vom vergangenen Jahr übrig gebliebene Raketen, Knallfrösche und Böller abzufeuern, gibt es nicht. Die Beschlüssen der Ministerpräsidentinnen und -präsidenten mit der Bundeskanzlerin sehen zwar ein Verbot von Versammlungen und von Feuerwerken auf noch zu bestimmenden öffentlichen Plätzen vor. Außerhalb dieser Zonen ist das Böllern demnach grundsätzlich erlaubt. Die Politik bittet die Bevölkerung jedoch, darauf zu verzichten.