Essen. Der Einzelhandel warnt davor, die Geschäfte schon kurz vor Weihnachten zu schließen. Ein Ansturm von Kunden erhöhe das Infektionsrisiko.

Die Einzelhändler hatten sich darauf eingestellt, dass sie nach Weihnachten bis in den Januar hinein schließen müssen. Doch am Freitag zeichnete sich ab, dass der Lockdown noch viel schneller und umfassender kommen könnte und die Ladentüren möglicherweise schon in der nächsten Woche zu bleiben müssen.

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Der Lockdown trifft den Handel zu einem äußerst empfindlichen Zeitpunkt. Die Tage vor Weihnachten bis zum Dreikönigstag gehören traditionell zu den umsatzstärksten des ganzen Jahres. Friedrich Göbel, Chef der Hagener Modekette Sinn, bereitet das Szenario nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen Unbehagen. „Die Innenstädte werden brechend voll sein. Schlaue Politiker, die wir nicht haben, machen nach Weihnachten Lockdown“, sagte der Unternehmer unserer Zeitung.

Denn nach der Ankündigung von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Freitag, der Lockdown müsse rasch kommen, erwarten die Händler einen Ansturm von Kunden in den wenigen verbleibenden verkaufsoffenen Tagen vor Heiligabend. „Das geht gar nicht, die sind verrückt“, schimpft Göbel. „Es stellt sich die Frage, ob überhaupt noch ein Ministerpräsident oder Bundesminister überlegt handelt oder inzwischen alle kopflos, hektisch und unstrukturiert sind.“

Strenge Kontrollen: Polizei soll Ordnungsämter unterstützen

Um einen Ansturm auf die Geschäfte zu verhindern, hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat für diesen Samstag und die kommenden Tage verschärfte Kontrollen der Corona-Regeln im Handel angekündigt. Dabei würden Polizeikräfte die Ordnungsbehörden „verstärkt unterstützen“, erklärte Laumann am Freitag.

Angesichts der bundesweiten Diskussion über verschärfte Schutzmaßnahmen und der bevorstehenden Weihnachtstage sei an diesem Wochenende mit einem „erheblichen Kundendruck“ zu rechnen. Der Einzelhandel dürfe nicht zu einem „zusätzlichen Infektionsbeschleuniger“ werden, betonte Laumann. Deshalb würden die Einhaltung von Maskenpflicht und Abständen scharf kontrolliert und Verstöße sanktioniert.

Sorge vor Infektionen in überfüllten Fußgängerzonen

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Mit Sorge reagiert auch die Industrie- und Handelskammer Duisburg. „Überfüllte Fußgängerzonen bergen ein höheres Risiko, als wenn sich die Kunden über den verbleibenden längeren Zeitraum verteilen“, warnt IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Dietzfelbinger. Der Einzelhandel habe auf den erwarteten Ansturm zu Weihnachten etwa mit erweiterten Öffnungszeiten in den Abendstunden reagiert.

Wie zuvor bereits der Handelsverband fordert die IHK analog zur seit Anfang November ruhenden Gastronomie finanzielle Unterstützung des Staates. „Gerade der stationäre Handel in unseren Innenstädten leidet besonders stark unter der Corona-Krise. Viele Geschäfte haben keinen Puffer mehr, ihr Eigenkapital ist aufgebraucht“, meint Dietzfelbinger. Bei einem zweiten Lockdown brauchten Ladenbetreiber „schnelle und unbürokratische finanzielle Hilfen“.

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In einem Brief an Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) äußert Einzelhandelspräsident Josef Sanktjohanser Zweifel, dass die Schließung der Geschäfte ohne Lebensmittel die Infektionszahlen verringere. „Wir befürchten damit in einen perspektivlosen Zustand mit einem wochen- oder monatelangen Lockdown zu geraten, den der überwiegende Teil des innerstädtischen Einzelhandels nicht überleben wird“, warnte der Verbandschef. Deshalb müsse der Lockdown unbedingt zeitlich befristet werden. (mit dpa)