Essen. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft treiben auf einer großen Wasserstoff-Konferenz auf Zollverein in Essen den Energie-Umstieg voran.

Immer mehr Unternehmen planen den Umstieg auf Wasserstoff, der das Zeitalter der fossilen Brennstoffe ablösen soll. Nahverkehrsbetriebe, Stahlerzeuger, Pipeline-Betreiber, Energie-Konzerne, sogar die Luftfahrt und die Medizin setzen auf den potenziell grünen Energieträger. Bei Unternehmen wie Amprion, Evonik, RWE, Thyssenkrupp, Uniper oder der Ruhrbahn gibt es bereits detaillierte Konzepte für die Wasserstoff-Wirtschaft. Allerdings sind noch grundsätzliche Fragen ungelöst: Wie lässt sich der Energieträger in großen Mengen umweltfreundlich erzeugen? Und: Wie kommt er zu den Verbrauchern?

Wenn Deutschland bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein soll, wie es das Ziel der Bundesregierung ist, dann ist ein gigantischer Umbau erforderlich. Das Ruhrgebiet könne nach Ansicht von Experten dabei eine Vorreiterrolle einnehmen. Um dies anzuschieben, kommen auf einer großen Wasserstoff-Konferenz vom 28. September bis 2. Oktober auf der Zeche Zollverein in Essen zahlreiche Unternehmen, Forscher, Politiker und Initiativen zusammen, um ihre Wasserstoff-Projekte zu präsentieren und voneinander zu lernen.

Konferenz bringt Wirtschaft, Politik und Forschung zusammen

Wegen seiner Dichte an Unternehmen, Hochschulen, und Forschungseinrichtungen habe die Region das Potenzial zum „Wasserstoff-Land“, meint Christian Kleinhans, Geschäftsführer des Digital Campus Zollverein, der diese Konferenz im Weltkulturerbe ausrichtet. „Wir bringen mit dieser Veranstaltung die hohe Kompetenz unserer Mitglieder zusammen und positionieren uns als Plattform zum Thema Wasserstoff in der Metropole Ruhr.“

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Geplant war die Konferenz zunächst als ein Treffen für nur einige Stunden. Doch es kamen so viele Anfragen, dass die Veranstaltung am Ende auf eine ganze Woche ausgedehnt werden musste. „Wir wurden schier überrollt von dem Thema“, so Kleinhans. Ein Zeichen dafür, wie sehr der Energie-Umstieg den Unternehmen auf den Nägeln brennt.

Ruhrbahn mustert Diesel-Busse aus

Brennstoffzelle statt Diesel: Ab 2024 wird die Ruhrbahn ihre Busflotte auf Wasserstoffantrieb umstellen.
Brennstoffzelle statt Diesel: Ab 2024 wird die Ruhrbahn ihre Busflotte auf Wasserstoffantrieb umstellen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Konkrete Pläne für den Einstieg in den Wasserstoff-ÖPNV wird Ruhrbahn-Chef Michael Feller auf Zollverein vorstellen. „Für uns ist das Thema absolut elementar“, sagt der Leiter des Nahverkehrsbetriebs für Essen und Mülheim unserer Redaktion. In den kommenden zehn Jahren will die Ruhrbahn ihre Dieselbus-Flotte von rund 300 Fahrzeugen komplett auf Wasserstoff-betriebene Brennstoffzellen-Busse umrüsten, kündigte Feller an.

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Zwar schlägt ein solcher Bus mit rund 750.000 Euro zu Buche und ist damit rund dreimal so teuer wie ein konventionelles Fahrzeug, Aber, so Feller: „Für den Schwerlastverkehr und den ÖPNV gibt es dazu keine Alternative.“ Denn ein reiner Batteriebetrieb sei nach dem Stand der Technik aktuell für die Praxis nicht ausreichend. Ab 2024 werden nach Plänen der Ruhrbahn die ersten Wasserstoff-Busse durch das Ruhrgebiet rollen.

Wasserstoff tötet gezielt Krebs-Tumore

Warum Wasserstoff auch in der Medizin etwa für moderne Krebs-Therapien elementar ist, wird Prof. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor am Uniklinikum Essen, den Teilnehmern der Wasserstoff-Woche erklären. „Bei der Protonentherapie werden Protonen von Wasserstoffatomen genutzt“, sagt Werner. In dem 200 Tonnen schweren Zyklotron des Westdeutschen Protonentherapiezentrums werden mit Hilfe von starken Magneten die Wasserstoffmoleküle auf 60 Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt, erläutert Werner.

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Ziel ist es, die Tumorzellen zu zerstören, ohne das umgebende, gesunde Gewebe zu schädigen. Da die Protonen gut steuerbar sind, lassen sie sich exakt auf den Behandlungspunkt lenken, wodurch gesundes Gewebe geschont werde. Dies sei unter anderem bei Hirntumoren wichtig, betont Werner.

Fünf Tage, 29 Unternehmen, 50 Akteure

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Dies sind nur zwei Beispiele für den vielfältigen Einsatz von Wasserstoff. An den fünf Programmtagen der Konferenz auf Zollverein werden 29 Unternehmen und über 50 Akteure ihre Projekte vorstellen, diskutieren und sich bei ihren Planungen „über die Schulter blicken lassen“, so Kleinhans. Dabei gehe es nicht allein um Umweltschutz. Durch die innovative Wasserstoff-Technologie könnten im Ruhrgebiet neue Geschäftsfelder erschlossen werden und so auch anspruchsvolle Arbeitsplätze entstehen.

>>>> Eine „Ideenschmiede“ auf Zollverein:

Der „Digital Campus Zollverein“ wurde 2019 gegründet und wird getragen von gut zwei Dutzend Mitgliedern, darunter regionale Unternehmen, Verbänden, Hochschulen und Stiftungen.

Die Initiative versteht sich als „Innovationstreiber“, der zentrale Projekte mit Partnern aus der Region vorantreiben und entwickeln will. Dabei soll die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Hochschulen und digitalen Start-ups in der Region gefördert werden. Neben der Wasserstoff-Wirtschaft sind der 5G-Netzausbau, digitale medizinische Dienste („Dorf 2.0“) sowie Künstliche Intelligenz zentrale Themenfelder.

Für die Wasserstoffwoche ab 28. September sind Anfragen für Besucherkarten per E-Mail möglich: h2@campus-zollverein.de

Infos und Programm: http://www.h2-campus-zollverein.de