Essen. Mit neuen Tarifen reagieren Mobilfunk-Anbieter auf die Marktmacht von Aldi bei Prepaid-Tarifen. Es geht längst nicht mehr um Minuten.

Aldi Süd und Aldi Nord geben im Einzelhandel nicht nur den Ton bei der Anhebung oder Senkung der Preise für Butter oder Toilettenpapier an. Die Discounter aus Mülheim und Essen sind auch ein bedeutender Mobilfunk-Anbieter. Längst haben auch Lidl, Penny, Edeka, Rewe, Tchibo und viele andere Händler eigene Prepaid-Tarife auf den Markt gebracht. Auf die wachsende Konkurrenz reagieren die Telekommunikationskonzerne mit neuen Angeboten.

Der deutsche Mobilfunkmarkt ist gewaltig. Nach Zahlen der Bundesnetzagentur waren im Frühjahr mehr als 141 Millionen Teilnehmer in den Netzen der drei Betreiber unterwegs. Mit 52,3 Millionen hatte die Düsseldorfer Vodafone die Nase vor den Wettbewerbern Telekom (47 Millionen) und Telefónica/O2 (45 Millionen). In den Zahlen sind auch SIM-Karten von Autos und Maschinen enthalten, die sie permanent mit dem Internet verbinden. Rund die Hälfte der Mobilfunk-Teilnehmer haben Prepaid-Karten, die wieder aufgeladen werden müssen, wenn das eingezahlte Guthaben aufgebraucht ist.

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„Prepaid ist ein sehr spannendes Produkt – insbesondere für Nutzer, die erstmals ins mobile Internet gehen“, sagt Andreas Laukenmann, der Geschäftsführer für das Privatkunden-Geschäft bei Vodafone Deutschland. Er beobachtet seit Jahren, dass vor allem Einsteiger Prepaidkarten kaufen. „Das sind vor allem Kinder, für die Eltern die Kosten im Griff behalten wollen, Studenten und ältere Menschen, die ein Handy für den Notfall haben“, sagt Laukenmann.

Andreas Laukenmann, Geschäftsführer Privatkunden bei Vodafone Deutschland.
Andreas Laukenmann, Geschäftsführer Privatkunden bei Vodafone Deutschland. © Vodafone | Vodafone

Nach seinen Angaben entfallen von den rund 39 Millionen Prepaid-Karten, die deutschlandweit im Umlauf sind, zwölf Millionen auf Vodafone. Genaue Zahlen gibt es nicht. Der Geschäftsführer geht aber davon aus, dass 40 bis 45 Prozent direkt von den Telekommunikationskonzernen ausgegeben werden, der Rest von Handelsunternehmen, die ihre Karten direkt an der Kasse oder online verkaufen.

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Auf dem Markt ist freilich auch Vodafone vor allem über die Partnerschaft mit dem Discounter Lidl unterwegs. Als unangefochtener Prepaid-Marktführer unter den Einzelhändlern gilt allerdings Aldi – allein schon, weil die beiden Schwesterunternehmen aus dem Ruhrgebiet im Jahr 2005 als eine der ersten in das lukrative Mobilfunkgeschäft eingestiegen waren.

Hinter Aldi Talk steht der drittgrößte deutsche Netzbetreiber Telefonica/O2. Einen Bericht der „Wirtschaftswoche“, demzufolge sechs bis acht Millionen Kunden mit einer Aldi-Karte telefonieren, will das Unternehmen nicht kommentieren. Ein Sprecher teilt auf Anfrage lediglich mit, dass Telefonica/O2 „mit knapp 20 Millionen Prepaid-Kunden einer der führenden Prepaid-Anbieter in Deutschland“ sei.

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Der Branchenprimus Deutsche Telekom kam laut Geschäftsbericht im zweiten Quartal dieses Jahres auf fast 21,9 Millionen Prepaid-Karten und rund 25,5 Millionen Mobilfunk-Verträge. Über die ihre „Billigmarke“ Congstar ist die Telekom etwa für die Supermarktketten Edeka und Rewe tätig. „Für uns ist das ein interessanter Markt“, sagt Telekom-Sprecher Dirk Wende. „Die Kunden verbinden den Einkauf gleich mit dem Aufladen ihrer Prepaid-Karte.“

Vodafone hat Europa im Blick

Trotz der gut laufenden Geschäfte mit Partnern will der Rivale Vodafone aber andere Akzente setzen. „Vodafone hat mit Otelo eine eigene Zweitmarke und ist Partner von Lidl. Unser Fokus liegt aber klar auf unserer eigenen Prepaid-Marke Callya “, betont Privatkunden-Chef Laukenmann. Er sieht den Markt ohnehin im Umbruch. „Mit der wachsenden Bedeutung des mobilen Internets schauen die Kunden bei der Wahl eines Tarifs nicht mehr so sehr auf die Minuten zum Telefonieren, sondern auf das Datenvolumen und die Geschwindigkeit“, sagt der Manager. „Der nächste Schritt wird sein, dass Prepaid-Tarife in ganz Europa funktioniert. Und genau hier setzt unser neues Callya-Angebot an.“

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Vodafone bringt deshalb ab dem 15. September neue Tarifmodelle auf den Markt. Neben einer Flatrate für unbegrenztes Telefonieren und Simsen in Deutschland gibt es dann erstmals auch Einheiten für Anrufe und Textnachrichten ins EU-Ausland. Gebucht werden können auch große Datenvolumina und hohe Geschwindigkeiten zum Herunterladen und Streamen. Ebenfalls am Dienstag startet die Telekom neue Angebote: Prepaid-Kunden können einmal 97,43 Euro und damit dann zwölf Monate lang mit hohen Geschwindigkeiten surfen und telefonieren.

Multikulturelle Kundengruppen

Alle Anbieter geben inzwischen auch Prepaid-Kunden die Gelegenheit, das superschnelle 5G-Netz gegen Aufpreis zu nutzen. Dafür sind allerdings spezielle Smartphones erforderlich. Telefonica/O2 versucht überdies, eine multikulturelle Kundschaft anzusprechen. „Mit Marken wie AY Yildiz und Ortel Mobile bieten wir zudem maßgeschneiderte Prepaid-Angebote für eine internationale und multikulturelle Kundengruppe“, sagt ein Sprecher. AY Yildiz spreche insbesondere eine deutsch-türkische Zielgruppe an.

Der Prepaid-Markt bleibt also in Bewegung. „Prepaid-Karten bieten die höchste Flexibilität und Kostenkontrolle“, sagt Vodafone-Geschäftsführer Laukenmann. „Zu unserer Philosophie gehört es aber auch, dass Einsteiger Spaß am Mobilfunk haben und wir sie auf Dauer an uns binden können.“ Mobilfunk-Verträge mit einer Laufzeit von 24 Monaten und subventioniertem Handy sollen also ihren hohen Stellenwert behalten.