Essen. Die Commerzbank schließt 200 Filialen früher als geplant. Das Geschäft in NRW zieht aber weiter an. Mehr Ratenkredite für Möbel in Corona-Zeit.
Die Commerzbank beschleunigt ihren Plan, 200 der bundesweit 1000 Filialen zu schließen. Der Prozess, der ursprünglich bis Ende 2023 laufen soll, werde nun bis Ende 2020 vorgezogen, teilte ein Sprecher mit. Obwohl die Mitarbeiter bereits informiert sind, will das Unternehmen die Liste der Geschäftsstellen, die für immer vom Netz gehen, zunächst nicht veröffentlichen.
„Es hätte keinen Sinn gehabt, diese Filialen möglicherweise nur für ein paar Monate wieder zu öffnen und erst dann endgültig zu schließen“, sagte der Commerzbank-Sprecher. „Mit der Entscheidung schaffen wir Klarheit für unsere Kunden.“ Mit dieser Strategie reagiert das kriselnde Bankhaus auf die Corona-Krise. Um die Ansteckungsgefahr zu begrenzen, hatte die Commerzbank im März bundesweit gut 600 Geschäftsstellen für den Kundenverkehr geschlossen.
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Ab Dienstag sollen nun wieder 150 Niederlassungen schrittweise die Pforten öffnen, 32 davon in Nordrhein-Westfalen. Die 200, die ohnehin zur Schließung anstehen, sollen dauerhaft dicht bleiben und die betroffenen Mitarbeiter auf Filialen in der Nähe verteilt werden. Von den 52 Geschäftsstellen im Ruhrgebiet sind laut Homepage der Commerzbank aktuell 22 geöffnet und 30 aufgrund der Pandemie „vorsorglich geschlossen“. Davon betroffen waren vor allem Essen und Duisburg. Kunden in Steele, Kupferdreh, Altenessen, Kettwig, Bredeney, Werden, Meiderich, Walsum, Buchholz, Homberg und Rheinhausen mussten für persönliche Beratungen auf andere Standorte ausweichen. Die Selbstbedienungs-Zonen waren gleichwohl überall geöffnet.
Mehr Kunden bei Commerzbank in NRW
Ob es bei den bundesweit 200 Filialschließungen bleibt, ist indes offen. Commerzbank-Chef Martin Zielke, der das Geschäftsstellen-Netz weitgehend erhalten wollte, hat seinen vorzeitigen Rückzug angekündigt. Mit ihm geht auch der Aufsichtsratsvorsitzende Stefan Schmittmann. Er soll durch Hans-Jörg Vetter ersetzt werden. Ein Nachfolger für Zielke ist noch nicht gefunden.
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Allerdings steckt die Commerzbank nicht erst seit der Personal-Rochade in diesem Sommer wegen schwacher wirtschaftlicher Zahlen in der Krise. Im täglichen Geschäft ist davon aber offenbar wenig zu spüren: In NRW wuchs die Zahl der Privat- und Unternehmerkunden von Januar bis Juni um 21.892 auf 2,1 Millionen. „Obwohl die erste Jahreshälfte 2020 von der Corona-Pandemie und ihren negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft geprägt war, haben wir unseren Wachstumskurs in NRW fortgesetzt“, sagt Bereichsvorstand Mario Peric. Über die Profitabilität gibt es jedoch keine Angaben.
Banking über das Smartphone im Aufwind
Einen Großteil der neuen Kunden hat die Commerzbank über digitale Kanäle gewonnen. „Das Kundenverhalten hat sich in der Corona-Krise stark verändert. Jeder dritte Kunde nutzt die digitalen Kanäle nun intensiver als vorher“, berichtet Peric. Das gelte insbesondere für das Mobile Banking, das Kontoabfragen und Überweisungen über das Smartphone ermöglicht. Deutschlandweit hat die Banking-App aktuell über 1,5 Millionen aktive Nutzer. In NRW stieg die Zahl der Nutzer seit Jahresbeginn um 8,5 Prozent. Die Commerzbank will die Handy-Anwendungen weiter ausbauen. Inzwischen können Kunden auch mobil Wertpapiere kaufen und verkaufen.
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Trotz der voranschreitenden Digitalisierung wächst in der Krise aber auch der Gesprächsbedarf. „Vor allem Unternehmen hatten einen hohen Beratungs- und Kreditbedarf“, erklärt Stefan Otto, Bereichsvorstand der Commerzbank für Firmenkunden und zuständig für die Marktregionen West und Ost. Mit dem Ausbruch der Pandemie Mitte März habe das Geldhaus bundesweit rund 21.000 Finanzierungsanfragen von Firmen- und Unternehmerkunden erhalten. Mehr als die Hälfte davon betrafen KfW-Programme. In NRW liefen Otto zufolge 6239 Kreditanfragen auf. Von den Finanzierungen mit einem Volumen von über zehn Milliarden Euro, die die Commerzbank in der Corona-Zeit bereitstellte, entfielen 2,7 Milliarden Euro auf NRW.
In der Corona-Krise mehr Ratenkredite für Möbel
Neue Investitionen spielten trotz der Pandemie auch im ersten Halbjahr bei Privatkunden eine große Rolle. „Viele Kunden haben die niedrigen Zinsen genutzt, um über einen Ratenkredit beispielsweise kleinere Renovierungsarbeiten zu finanzieren oder Möbel zu kaufen“, sagt Peric. „In Westen wurden Ratenkredite in Höhe von über 312 Millionen. Euro vergeben. Das sind rund 21 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.“