Essen. Utry.me ist der Supermarkt, der nur neue Produkte anbietet. Hersteller auch aus dem Revier nutzen die Plattform, um Innovationen zu testen.

Brombeer-Marmelade aus der Tube, Kaffee mit Nuancen von der Stachelbeere oder der Seelenwärmer-Pudding von Dr. Oetker – im Online-Supermarkt Utry.me gibt es Produkte, die es im Handel noch gar nicht zu kaufen gibt. Der Gründer André Moll hatte die Idee für diese Plattform neu entwickelter Artikel. Während der Corona-Krise erlebt der Jungunternehmer in seiner Kundschaft ein besonders hohes Interesse.

Die Zeiten sind vorbei, als Hersteller Proben vom neuen Shampoo per Post an die Haushalte verschickten und Promotion-Mitarbeiter durch die Einkaufszentren liefen und kleine Fruchtgummi-Tüten der neuesten Geschmacksrichtung unter die Leute brachten. Das bedeutende Geschäft mit den sogenannten FMCG-Samplings ist allmählich ins Internet gewandert. FMCG sind sogenannte schnell drehende Artikel, die Produzenten in immer schnellerem Tempo entwickeln. Dazu gehört auch, deren Marktchancen auszuloten.

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André Moll hat sich die Branche genau angeschaut. „Die Menschen kaufen zumeist immer dieselben Marken und das über Jahre“, hat er auch an sich selbst festgestellt. Zu seinen Beobachtungen gehört aber auch, dass „man erst regelmäßig kauft, wenn man das Produkt einmal probiert hat“. An dem Punkt setzt sein Start-up Utry.me an. Im Herbst 2018 gegründet, hat Moll inzwischen nahezu 25.000 Kunden, die regelmäßig eine Probierbox mit Produkt-Neuheiten von aktuell 200 Herstellern ordern können.

Probierboxen für 25.000 Kunden

Utry.me-Gründer André Moll
Utry.me-Gründer André Moll © Utryme | Handout

Um zu testen, wie ihre Artikel bei den Kunden ankommen, nutzen große Konzerne wie Dr. Oetker, Lindt, Verpoorten, Pulmoll oder Rotbäckchen die Plattform, aber auch mittelständische Firmen wie die Schokoladen-Manufakturen Beschoki und Ecofinia aus dem Ruhrgebiet.

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„Wir finden schnell heraus, was am Markt erfolgreich sein wird“, sagt Gründer Moll selbstbewusst. „Die Entwicklungs- und Marketingkosten für die Hersteller sind hoch. Wir helfen ihnen dabei, die Marktchancen zu testen.“ Das Konzept von Utry.me: Die Kunden können online so viele Produkte in ihren Warenkorb packen, bis die Probierbox voll ist. Das Zentrallager steht in Bayern. Dabei zahlen sie nichts für die Artikel, sondern nur eine Service- und Zustellgebühr von 24,90 Euro pro Lieferung. „Wir wollen neugierig machen. Dabei stört der Blick auf den Preis nur“, meint Moll.

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Sein Geld verdient das Start-up am Ende mit den Daten seiner Kunden. Nach der Belieferung werden sie über die Artikel befragt, die in der Box waren. Daraus können die Hersteller wichtige Erkenntnisse ableiten – und sei es nur, ob die neue Verpackungsgröße bei den Kunden ankommen wird. „Die Marktforschung ist natürlich anonymisiert“, versichert Moll. „Die Hersteller interessiert, was die Masse und nicht der Einzelne denkt.“ Die Größe der Kundschaft garantiere aber „repräsentative und statistisch valide Ergebnisse“.

Utrym hat vor allem NRW im Blick

Auch wenn Utry.me in München sitzt, hat Nordrhein-Westfalen große Bedeutung für das junge Unternehmen. „In NRW sitzen die weitaus meisten Kunden und natürlich auch die Hersteller“, erklärt der Geschäftsführer auch im Hinblick auf die weltgrößten Messen für Nahrungsmittel, Anuga, und Süßwaren, ISM, in Köln. Und in Bochum sitzen zwei Unternehmen, die Utry.me nutzen, um ihre Produkte bekannt zu machen.

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Franziska Hanke ist gelernte Konditorin und hat vor rund einem Jahr ihre Leidenschaft für Kakao zur Profession gemacht. In der heimischen Küche in Bochum entwickelt sie neue Kreationen. „Wir machen alles rund um Rohkakao. Der wird nicht erhitzt und hat deshalb besonders viele Glücksstoffe“, erzählt sie. „Die Nährstoffe bleiben erhalten. Deshalb ist Rohkakao belebend und stressmindernd.“ Ihre Kreationen, die sie in einem Lohnbetrieb abfüllen lässt, verkauft Hanke über den eigenen Onlineshop und in einigen Bochumer Cafés. Inzwischen nutzt Hanke auch Utry.me. Auf die Reaktionen der Verbraucher auf die dritte Sorte, die Bechocki gerade entwickelt, ist sie schon gespannt.

>>> Probierfeld für Bio- und vegane Schokolade

Auch der Bochumer Bioschokoladen-Hersteller ist auf der Plattform Utry.me. Man nutze das „Boxen-Marketing“ seit Jahren, damit viele Menschen aus den unterschiedlichsten Zielgruppen neue Entwicklungen probieren können. Daraus gewinnt das Unternehmen aufschlussreiche Erkenntnisse. Wie oft werden unsere Schokoladen ausgewählt? Entscheidet sich der Kunde gleich für mehrere verschiedene Tafeln?

Ecofinia ist im Jahr 2000 mit der Schokoladenmarke Vivani gestartet, die es bis heute in Bioläden gibt. Produziert wird in Herford, Markenführung und Vertrieb sitzen in Bochum.