Essen. Die zum Verkauf stehende Steag hat eine ordentliche Bilanz für 2019 vorgelegt. Doch die Corona-Krise und der Kohleausstieg bereiten große Sorgen.

Der zum Verkauf stehende Essener Stromkonzern Steag hat überraschend gute Zahlen für das Geschäftsjahr 2019 vorgelegt: Unter und über dem Strich verdiente das noch in kommunaler Hand befindliche Unternehmen deutlich mehr Geld. Das erklärt sich allerdings zu einem großen Teil durch statistische Einmaleffekte. Die Corona-Krise macht der Steag allerdings aktuell zu schaffen und langfristig lastet die Zwangsabschaltung der Steinkohlekraftwerke schwer auf dem Energieversorger.

Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda), der das Ergebnis aus dem laufenden Betrieb widerspiegelt, stieg um 21 Prozent auf 373 Millionen Euro. Netto blieben 132 Millionen Euro übrig – eine Verzehnfachung der 12,7 Millionen Euro aus 2018. „Hierzu trugen auch positive Einmaleffekte bei“, heißt es im kurzfristig veröffentlichten Geschäftsbericht. Zu Buche schlagen dürfte vor allem die Übernahme des Steinkohlekraftwerks Bergkamen, dessen RWE-Mehrheitsanteil die Steag Ende 2018 gekauft hat.

Umsatz sinkt, Kraftwerke schlechter ausgelastet

Den gestiegenen Gewinnen stehen deutlich gesunkene Umsätze entgegen, auch dies resultiert zu einem großen Teil auf statistischen Effekten, hier eine neue Berechnungsweise. Dass der Umsatz um 28 Prozent auf nur noch 2,1 Milliarden Euro sank, lag aber auch an der schlechteren Auslastung der deutschen Steinkohlekraftwerke im Vorjahr.

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Die Steag wird vereinbarungsgemäß erneut 45 Millionen Euro an die Kommunale Beteiligungsgesellschaft (KSBG) ausschütten, in der die Eigentümer organisiert sind. Von den Stadtwerken aus Essen, Bochum, Duisburg, Oberhausen, Dinslaken und Dortmund wollen bekanntlich nur Letztere ihre 36 Prozent an der Steag behalten. Die anderen fünf haben den gemeinsamen Verkauf ihrer Anteile auf den Weg gebracht. Nach Informationen dieser Zeitung soll die Steag diese 64 Prozent zunächst selbst übernehmen und später an einen Investor verkaufen. Ende 2019 beschäftigte die Steag weltweit 6380 Menschen, rund 200 weniger als im Vorjahr.

Steag kassiert wegen Corona Prognose für 2020

Die Bilanz für 2019 nennt die Steag wegen der Einmaleffekte wenig euphorisch „zufriedenstellend“, wissend, dass es so nicht weitergehen wird. Die ursprünglichen Prognosen für das laufende Jahr würden wegen der negativen Auswirkungen der Coronakrise „nicht mehr erreicht werden können“, heißt es. Die von Konjunkturforschern erwartete schwere Rezession weltweit werde auch die Steag zu spüren bekommen.

Steag-Chef Joachim Rumstadt pocht auf Nachbesserungen im Kohleausstiegsgesetz.
Steag-Chef Joachim Rumstadt pocht auf Nachbesserungen im Kohleausstiegsgesetz. © Funke Foto Services | Matthias Graben

Vor allem die von Produktionsdrosselungen und -stopps getroffene Industrie sorge für eine sinkende Nachfrage und fallende Strompreise. „Der Start in das Jahr 2020 war recht erfreulich, denn in den ersten drei Monaten lagen wir deutlich über Plan“, sagt Steag-Chef Joachim Rumstadt, „doch nun gibt es eine deutliche Trendwende.“ Das treffe besonders auf den für die Steag wichtigen Strommarkt in der Türkei zu. In Deutschland befänden sich zudem 140 Beschäftigte des Technischen Kraftwerks-Service in Kurzarbeit.

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Nach wie vor große Zukunftssorgen bereitet den Essenern der Kohle-Ausstiegspfad der Bundesregierung, der bis zum Sommer Gesetzeskraft erlangen soll. Er sieht die Stilllegung der Steinkohlekraftwerke bis 2033 vor, spätestens ab 2027 ohne Entschädigungen. Dagegen gehen die letzten Braunkohlemeiler erst 2038 vom Netz, die Betreiber erhalten insgesamt 4,35 Milliarden Euro Entschädigung. Die Steinkohlebetreiber wie Steag und Trianel sowie die NRW-Landesregierung fordern Nachbesserungen. Trage die Regierung dem nicht Rechnung, behalte sich die Steag vor, dagegen zu klagen. „Wir akzeptieren den gesellschaftlichen Willen und die politische Entscheidung zum Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland“, betont Rumstadt, „aber wir können uns mit der aktuell geplanten gesetzlichen Umsetzung nicht einverstanden erklären.“

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Die Energiewende lässt auch die Steag den Umstieg auf grüne Energien forcieren. Inzwischen hat das Unternehmen ein grünes Rating erhalten, das den Zugang zu grünen Krediten ebnet. „Dezentralisierung, Digitalisierung und Dekarbonisierung sind die zentralen Trendthemen auf den Energiemärkten. Dieser Entwicklung trägt die Steag Rechnung“, sagt Heiko Sanders, der Anfang Mai Finanzchef Michael Baumgärtner ablösen soll. Die aus grünen Schuldscheindarlehen zur Verfügung stehenden Gelder würden in klimaschonende Energieprojekte investiert.