Essen. Durch den Ausstieg aus der Braunkohle sollen allein bei RWE 6000 Stellen wegfallen. Einschnitte drohen auch in Steinkohlekraftwerken.
Der vorzeitige Ausstieg aus der Braunkohle trifft vor allem den Essener Energieriesen RWE. Konzernchef Rolf Martin Schmitz zeigt sich mit der vom Bund vereinbarten finanziellen Entschädigung enttäuscht. Eine Regelung für die Abschaltung der Steinkohlekraftwerke steht noch aus. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie wirkt sich der Kohlekompromiss auf NRW aus?
Im Gegensatz zu den ostdeutschen Bundesländern, die mit Jänschwalde in Brandenburg ihr erstes Braunkohlekraftwerk erst bis Ende 2028 abschaltet, geht Nordrhein-Westfalen voran. Der Essener Konzern RWE muss den ersten 300-Megawatt-Block bereits Ende 2020 im Rheinischen Revier vom Netz nehmen. Bis Ende 2021 beziehungsweise Ende 2022 sollen sieben weitere Blöcke im Rheinland folgen. Um den Kohleausstieg zu beschleunigen, sollen bis 2030 zusätzlich rund fünf Gigawatt Kraftwerksleistung abgeschaltet werden.
RWE ist der größte Braunkohleverstromer. Was bedeutet der Ausstieg für den Konzern?
RWE-Chef Rolf Martin Schmitz sprach am Donnerstag von einer „Zäsur für RWE“. Das Essener Unternehmen habe „die Hauptlast der Verständigung“ zwischen Bund und Ländern zu tragen. Bei den Zugeständnissen an die Bundes- und Landesregierung sei er „bis an die Grenzen des Machbaren“ gegangen. Für die vorzeitige Stilllegung seiner Braunkohlekraftwerke erhält RWE eine Entschädigung in Höhe von 2,6 Milliarden Euro, die der Bund über die kommenden 15 Jahre auszahlen will. „Dieser Betrag liegt deutlich unterhalb dessen, was als tatsächlicher Schaden für uns entsteht“, sagte Finanzchef Markus Krebber. Den „tatsächlichen Schaden“ beziffert er auf rund 3,5 Milliarden Euro – ohne die Berücksichtigung von Gewinnen, die RWE durch die vorzeitige Stilllegung von Kraftwerken entgehen. Für die stillzulegenden Kraftwerke in Ostdeutschland stehen Entschädigungen in Höhe von 1,75 Milliarden Euro bereit.
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Was bedeutet der beschleunigte Ausstieg aus der Braunkohle für die RWE-Mitarbeiter?
Schmitz kündigt einen „signifikanten Personalabbau“ an. Kurzfristig rechnet er mit dem Wegfall von mehr als 3000 Stellen, bis zum Jahr 2030 sollen es nach Angaben des RWE-Chefs rund 6000 sein. Das sei ein Viertel der Beschäftigten im Konzern. Finanzchef Krebber schließt für die nächsten zehn Jahre betriebsbedingte Kündigungen bei RWE aus. „Wir wollen die Umsetzung bei RWE sozialverträglich gestalten, damit niemand ins Bergfreie fällt“, betonte Schmitz.
Können RWE-Beschäftigte, die ihren Job verlieren, mit staatlicher Hilfe rechnen?
Ja. Der Bund hat mit den Gewerkschaften vereinbart, dass die vom Kohleausstieg betroffenen älteren Mitarbeiter ein Anpassungsgeld und einen Ausgleich entstehender Rentennachteile erhalten. Die Regelung gilt bis zum Jahr 2043. RWE-Finanzchef Krebber geht allerdings davon aus, dass sich der Konzern auch von jüngeren Beschäftigten trennen werden und entsprechende Abfindungen zahlen müsse. Für Personalmaßnahmen in der Braunkohle legt RWE nach eigenen Angaben 350 Millionen Euro zurück.
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Was wird mit dem Hambacher Forst, der zum Symbol für den Widerstand gegen den Braunkohleabbau im Rheinischen Revier geworden ist?
„Der Forst bleibt stehen“, kündigt der RWE-Chef an. Zuvor hatte Schmitz immer wieder betont, dass die Rodung aus technischen Gründen nötig sei. Die Ausgangslage habe sich nun geändert, weil die Tagebaue Hambach und Inden deutlich früher geschlossen werden. Nun müsse RWE allerdings die Planungen auch für die Rekultivierung der bereits abgebauten Flächen grundlegend ändern?
Ermöglicht RWE mit seinem rascheren Ausstieg aus der Braunkohle die Inbetriebnahme des Uniper-Steinkohlekraftwerks Datteln 4?
Dazu wollte sich RWE am Donnerstag nicht äußern. Finanzchef Krebber stellte allerdings klar, dass sein Konzern an der beim Bundesgerichtshof eingereichten Nichtzulassungsbeschwerde festhalte. Darüber will RWE einen bereits geschlossenen Stromabnahmevertrag kündigen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) betonte, dass die Politik dem für den Sommer geplanten Anfahren von Datteln 4 nicht im Wege stehen werde.
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Bezieht die Bund-/Länder-Einigung zum Kohleausstieg auch die Steinkohlekraftwerke ein?
Nein. Eine Einigung der Politik mit den Betreibern von Steinkohlewerken steht noch aus. Der Kompromiss wird vor allem im Ruhrgebiet mit Spannung erwartet, weil hier die meisten Blöcke stehen. Die Verhandlungen über Entschädigungen für die Konzerne sollen dem Vernehmen nach bis zum 29. Januar abgeschlossen sein. An diesem Tag will Minister Altmaier seinen Gesetzentwurf für den Kohleausstieg veröffentlichen. Das Gesetz soll dann im Sommer in Kraft treten. Der kommunale Kraftwerksbetreiber Steag erwartet Entschädigungen für die Unternehmen und Anpassungsgelder für Mitarbeiter, die ihre Stellen verlieren. Ein Sprecher des Energiekonzerns Uniper sagte unserer Redaktion: „Wir erwarten wir, dass es auch bei der Steinkohle nun zügig zu verbindlichen Vereinbarungen kommt.“