Essen. Das Kohlegesetz lässt auf sich warten. Die Regierung verhandelt weiter mit RWE und den Ostländern. Warum die Braunkohle auch an Datteln 4 hängt.

Die Bundesregierung wird aller Voraussicht nach das Gesetz zum Kohleausstieg auch am kommenden Mittwoch entgegen ihrer bisherigen Planung nicht im Kabinett beschließen. Das erfuhr diese Zeitung aus Kreisen in Berlin. Demnach ist die Regierung noch zu weit von einer Einigung mit den ostdeutschen Ländern und dem tschechischen Betreiber der meisten dortigen Braunkohle-Reviere, EPH, entfernt. Auch die Gespräche mit RWE dauern noch an. Für wahrscheinlicher wird in Berlin deshalb gehalten, das Gesetz zur Beendigung der Kohleverstromung eine Woche darauf, am 22. Januar, zu beschließen. Den Auftrag dafür hatte die Regierung von ihrer Kohlekommission vor fast genau einem Jahr erhalten, das Gesetz sollte eigentlich bis November 2019 stehen.

Ein Ringen um Laufzeiten und Entschädigungen

Den ostdeutschen Landesregierungen geht es darum, die Braunkohlekraftwerke noch möglichst lange laufen zu lassen. Die Betreiber ringen um Entschädigungen für entgangene Gewinne, die wiederum entscheidend von den Laufzeiten abhängen. Je später ein Kraftwerk vom Netz geht, desto niedriger die Entschädigung. Politisch gestritten wird auch um eine Lastenverteilung zwischen Ost und West. Die Gemengelage ist hochkomplex und macht auch getrennte Lösungen für Steinkohle- und Braunkohlekraftwerke schwierig.

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Zu Medienberichten, RWE erhalte zwei Milliarden Euro Abfindung für die Abschaltung seiner Braunkohlekraftwerke im Rheinland, äußerte sich der Konzern nicht. Eine Sprecherin erklärte lediglich, die Gespräche dauerten noch an. Auch aus dem Bundeswirtschaftsministerium hieß es dazu auf Anfrage, mit den Unternehmen werde weiter verhandelt. Dem Vernehmen nach trifft die Regierung am Wochenende zunächst ostdeutsche Spitzenpolitiker, Anfang der Woche werden die Gespräche mit den Kraftwerksbetreibern fortgesetzt.

Anpassungsgeld für RWE-Beschäftigte

RWE-Chef Rolf Martin Schmitz verhandelt mit der Regierung über Schadenersatz in Milliardenhöhe.
RWE-Chef Rolf Martin Schmitz verhandelt mit der Regierung über Schadenersatz in Milliardenhöhe. © FUNKE Foto Services | Michael Gottschalk

Gerade für den Braunkohle-Ausstieg braucht es aber eine umfassende Einigung und ein Gesamtkonzept. Bisher ist lediglich klar, dass die kurzfristige Abschaltung von rund drei Gigawatt (GW) Braunkohle-Leistung bis 2022 weitgehend von RWE geschultert werden muss. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet aus Regierungskreisen, RWE soll Anlagen mit rund 2,5 GW bis 2022 vom Netz nehmen und dafür rund zwei Milliarden Euro erhalten. Plus 700 Millionen Euro Anpassungsgeld, um den dafür nötigen Abbau von etwa 3000 Arbeitsplätze mitzufinanzieren.

Das wäre deutlich weniger als RWE-Chef Rolf Martin Schmitz gefordert hatte: 1,2 bis 1,5 Milliarden Euro je Gigawatt, sprich drei bis 3,75 Milliarden für die genannten 2,5 GW. Allerdings ist das ja nur der erste Schritt. Es bleiben mehr als sechs GW Kraftwerksleistung bei RWE, hinter der die entsprechenden Tagebaue im Rheinischen Revier stehen. Auch für deren Mitarbeiter muss es einen Fahrplan geben, welches Kraftwerk und welcher Tagebau wann geschlossen wird. Und ob bzw. welche Entschädigung es dafür noch gibt. Das wiederum hängt mit Blick auf den nationalen Klimaplan auch mit den Revieren in Ostdeutschland ab. Kurzum: Ohne Einigung mit der Lausitz kann es im Grunde auch keine endgültige Lösung für das Rheinische Revier geben.

Ostländer verärgert über Datteln-Pläne

Die ostdeutschen Ministerpräsidenten stehen derweil auf der Bremse, sie kämpfen um längere Laufzeiten, um den befürchteten Strukturbruch zu verhindern. Der größte Betreiber EPH des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky verhandelt dagegen vor allem um eine möglichst hohe Entschädigung. Hier nun spielt plötzlich auch das umstrittene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 eine große Rolle. Denn Uniper will es im Sommer ans Netz bringen und dafür andere Kraftwerke abschalten. Darunter auch das Braunkohlekraftwerk Schkopau in Sachsen-Anhalt.

Als eines der jüngsten Braunkohlekraftwerke hätte Schkopau mit am längsten laufen können, bis Mitte der 30er-Jahre. Uniper will es nun bis 2026 auf Gas umrüsten. Sehr zum Ärger von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Er will keine Opfer dafür bringen müssen, dass in Datteln ein umstrittenes Steinkohlekraftwerk ans Netz geht. Entsprechend hängen alle Lösungen für das Rheinische Revier von RWE, für das Uniper-Prestigeprojekt Datteln und die ostdeutsche Braunkohle zusammen. Kommende Woche wird weiter verhandelt. „Die Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Datteln 4 wird ohne Not immer mehr zum Stolperstein für den Kohleausstieg“, sagt dazu Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag.