Essen. Die Idee, mit gesenkter Gewerbesteuer mehr Firmen ins Ruhrgebiet zu locken, findet viele Unterstützer. Die Städte erwarten aber einen Ausgleich.
Kann das Ruhrgebiet künftig bundesweit mit einer rasant gesenkten Gewerbesteuer punkten? Die Debatte, die Wirtschaftsförderer Rasmus Beck in der WAZ angestoßen hat, stößt jedenfalls auf breite Zustimmung. „Eine richtig gute Idee der Business Metropole Ruhr GmbH“, sagt Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD). „Die hohen Grund- und Gewerbesteuern im Ruhrgebiet sind ein unbestreitbarer Standortnachteil.“
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Um mehr Unternehmen in die Region zu locken, hatte Beck vorgeschlagen, die Gewerbesteuer zunächst für ausgewählte Brachflächen, die sich mehrere Kommunen teilen, zu senken. Die Städte im Ruhrgebiet verlangen die bundesweit höchsten Hebesätze, nehmen damit aber zugleich deutlich weniger ein als etwa der Raum Köln/Bonn oder gar München. Angesichts der maroden Haushaltslage sahen sich die Kommunen bislang allerdings dazu gezwungen, die Abgaben immer weiter zu erhöhen.
„Hohe Steuersätze wirken abschreckend“
„Die hohen Hebesätze wirken vor allem auf ansiedlungswillige Unternehmen abschreckend. Die Gewerbesteuer ist aber ein wichtiges Kriterium bei Investitionsentscheidungen“, argumentiert Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK. „Duisburg etwa ist 25 Prozent teurer als die Nachbarn Düsseldorf und Krefeld. Da gibt es keinen Grund, nach Duisburg zu gehen“, so Dietzfelbinger.
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Der Kammer-Manager teilt die Analyse der Wirtschaftsförderung. „Herr Beck hat recht. Das Ruhrgebiet hinkt beim Wachstum hinterher. Das sagt man nicht gern, stimmt aber. Deshalb müssen wir uns anstrengen.“ Aus Sicht des Dortmunder IHK-Chefs Stefan Schreiber schaden hohe Steuern sogar. „Kommunale Hebesatzerhöhungen bei der Gewerbesteuer beispielsweise führen zu einer Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen“, meint Schreiber.
Türen für Neuansiedlungen stehen offen
Für Eric Weik, Hauptgeschäftsführer der IHK MIttleres Ruhrgebiet in Bochum, wäre das „Niedrigsteuergebiet Metropole Ruhr ein Traum“, sagte er unserer Redaktion. „Ich kann mir kaum ein stärkeres Signal des Aufbruchs ins neue Jahrzehnt vorstellen“, so Weik. Die Türen für Neuansiedlungen stünden weit offen.
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Die Wirtschaft fordert seit langem eine steuerliche Entlastung. Beschließen müssen sie aber die Stadtparlamente. „Ich würde es sehr begrüßen, wenn das Land uns zum Beispiel über eine längst überfällige Altschuldenregelung in die Lage versetzt, hier tätig zu werden“, sagt Duisburgs OB Link im Hinblick auf den Plan von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, den Revierstädten mit Unterstützung der Landesregierung die Schulden zu erlassen. „Im Ruhrgebiet stecken wir nicht freiwillig in den hohen Steuerhebesätzen fest, sondern zum Teil sogar auf frühere Anweisung der Kommunalaufsicht“, erinnert Oberhausens Stadtchef Daniel Schranz (CDU) an die harten Auflagen der Bezirksregierungen in der Vergangenheit. „Deshalb bin ich froh über jede sinnvolle Initiative, die eine Senkung zum Ziel hat.“
OB Schranz: „Ruinösen Wettbewerb unter Kommunen vermeiden“
Schranz warnt allerdings davor, eine vergünstigte Gewerbesteuer auf bestimmte Standorte zu beschränken. „Wenn der Weg nicht irgendwie in Richtung Harmonisierung geht, droht am Ende des Tages ein ruinöser Wettbewerb der Kommunen um den niedrigsten Steuersatz“, sagt der OB. „Dies würde aber niemandem nutzen.“
In diese Richtung denkt auch Ralf Meyer, Geschäftsführer der Wirtschaftsentwicklung Bochum. „Die Senkung der Gewerbesteuer ist ein Thema für das gesamte Ruhrgebiet“, sagt er. Meyer fordert eine „Allianz der Oberbürgermeister“, um in einem Dreiklang aus niedrigerem Hebesatz, Schuldenerlass und der Schaffung von Anreizen für Investitionen das Wachstum in der Region zu beschleunigen.
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Karola Geiß-Netthöfel, Direktorin des Regionalverbands Ruhr, will die geplante Steuersenkung dagegen erst einmal „modellhaft“ testen. „Gemeinsam mit unserem Finanzexperten Martin Junkernheinrich werden wir die Machbarkeit eines solchen Vorschlags prüfen“, kündigte Geiß-Netthöfel an. Die RVR-Direktorin fordert aber auch, dass die beteiligten Kommunen entschädigt werden, wenn sie auf Einnahmen aus der Gewerbesteuer verzichten. „Deshalb bekräftigen wir nachdrücklich unsere Forderung nach einer schnellen Altschuldenhilfe durch Bund und Land NRW“, so Geiß-Netthöfel.
Beck, Geschäftsführer der Business Metropole Ruhr, der die Debatte über die niedrigere Gewerbesteuer entfacht hat, wertet die vielen positiven Reaktionen, gemeinsam mit dem Land NRW, Regionalverband, Kommunen, Kammern und anderen die Pläne nun zu konkretisieren. „Wir wollen das dynamische Wachstum der Region für die Zukunft noch verstärken“, so Beck.