Dortmund. Nach Mülheim kündigt nun auch die Sparkasse Dortmund Tausenden ihrer Prämiensparer die Verträge. Was die Verbraucherzentrale den Betroffenen rät.

Die Sparkasse Dortmund will nun auch Tausenden Kunden die lukrativen Prämiensparverträge kündigen. Das bestätigte das Institut unserer Redaktion. Betroffen seien rund 9500 Kunden, die insgesamt etwa 11.000 Prämienverträge besäßen, sagte Sparkassen-Sprecherin Sophie Donat. Als erste Sparkassen im Ruhrgebiet hatten die Sparkasse Vest für Recklinghausen, Marl, Castrop-Rauxel, Datteln, Dorsten, Herten und Oer-Erkenschwick sowie Ende September auch die Sparkasse Mülheim langjährigen Prämiensparern die Verträge gekündigt.

Die Verbraucherzentrale NRW rät den Betroffenen, ihre Verträge genau auf Klauseln zu prüfen, welche die Kündigung möglicherweise unwirksam machen könnten. Der BGH hatte den Sparkassen im Mai ein Kündigungsrecht für die so genanten Prämiensparverträge unter bestimmten Bedingungen eingeräumt. Entscheidend ist vor allem die Laufzeit: Verträge mit einem festen Enddatum können vorher nicht gekündigt werden.

Nicht jeder unbefristete Vertrag kündbar

Doch auch bei unbefristeten Verträgen ist nicht immer eine Kündigung nach 15 Jahren möglich, wenn in der Regel die Höchststufe der Jahresprämie von 50 Prozent auf die in jenem Jahr eingezahlten Beiträge erreicht ist, gibt die Verbraucherzentrale zu bedenken. Es komme auf die Formulierungen im Detail an, die von Sparkasse zu Sparkassen sehr unterschiedlich seien, erklärt David Riechmann, Finanzexperte der Verbraucherzentrale NRW.

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Die betroffenen Sparer in Dortmund werden derzeit von ihrem Institut telefonisch über die bevorstehende Kündigung informiert, wie Sprecherin Donat erklärt. Man wolle ihnen frühzeitig die Gründe für diesen Schritt erläutern und alternative Anlagemöglichkeiten aufzeigen. Die Kündigungen würden ab Mitte November verschickt. Es würden nur jene Verträge gekündigt, die vom BGH-Urteil gedeckt seien. Eine weit größere Zahl von befristeten Verträgen, die ab 2001 abgeschlossen worden seien, würden selbstverständlich nicht gekündigt, heißt es.

Nullzinspolitik der EZB als Hauptgrund

Bereits bei einer Umfrage unserer Redaktion unter den Sparkassen im Ruhrgebiet vor vier Wochen hatte die Dortmunder Sparkasse einen solchen Schritt nicht ausgeschlossen, sondern erklärt, man könne das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) „nicht ignorieren“. Die Gründe für die Kündigung sind dieselben wie bei den anderen Sparkassen: Die anhaltende Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) macht es ihnen schwer bis unmöglich, die hohen Zinsen der Altverträge noch zu erwirtschaften. Und auf derart spektakulär veränderte Rahmenbedingungen müsse man reagieren können. „Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen“, erklärt die Sparkasse Dortmund, „jedoch haben die jüngsten Entscheidungen der EZB den Druck auf die Sparkassen und Banken weiter verschärft.“

Sparkasse Oberhausen prüft „juristische Möglichkeiten“

Jene Sparkassen, die in unserer Umfrage erklärt hatten, aktuell nichts dergleichen zu planen, es aber für die Zukunft auch nicht ausschlossen, bekräftigten an diesem Mittwoch, daran habe sich nichts geändert. „Wir haben nach wie vor keine Pläne, Sparverträge zu kündigen“, erklärte die Sparkasse Bottrop. Die Stadtsparkasse Oberhausen dagegen äußerte sich deutlich unschärfer und verwies auf ihre Erklärung aus dem September, sie prüfe „juristische Möglichkeiten und – im Fall von Kündigungen – vor allem Spar- und Anlagealternativen für ihre Kundinnen und Kunden“. Geschäftsphilosophie des Hauses sei es, „unsere Privatkundinnen und –kunden so lange wie nur möglich vor Maßnahmen dieser Art zu schützen.“

Beim Prämiensparen zahlen Kunden monatlich einen bestimmten Betrag auf ihr Sparkonto ein, der in den ersten Jahren sehr niedrig verzinst wird, während der Laufzeit aber immer besser. In aller Regel wird nach 15 Jahren die Höchststufe mit 50 Prozent auf die neuen Beiträge erreicht. Hinzu kommt ein laufender Basiszins, der sich verändert und derzeit wegen der Niedrigzinspolitik nahe Null liegt.

Verbraucherzentrale: Nicht alle Kündigungen wirksam

Ist keine feste Laufzeit, etwa für 25 Jahre festgelegt, sondern eine flexible Laufzeit, dürfen die Sparkassen laut BGH nach Erreichen der höchsten Stufe die Verträge kündigen. Es sei denn, Zusatzvereinbarungen stehen dem entgegen. Diese erkennt die Verbraucherzentrale NRW in einigen Verträgen und rät den Betroffenen, der Kündigung zu widersprechen. Mitunter finden sich am Ende eines Vertrags Klauseln, die regeln, was nach 30 Jahren mit dem Guthaben geschehe, was als feste Laufzeit gedeutet werden könne. Finanzexperte Riechmann hält deshalb nicht alle der gut 5300 Kündigungen der Mülheimer Sparkasse für rechtens.

Bei anderen Instituten gebe es auch unbefristete Verträge, die aber die nach 15 erreichte Höchstprämienstufe für 25 Jahre garantieren, nennt Riechmann ein weiteres Beispiel. Die Dortmunder Sparkassenkunden sollten deshalb ihre Verträge genau prüfen und im Zweifel rechtlichen Rat einholen: „Es lohnt sich hinzugucken.“