Essen. Bauern in NRW ernten 2019 weniger Spargel und Erdbeeren. Die Landwirte klagen über zu wenige Erntehelfer und vorzeitige Abreisen von Rumänen.

Weil viele osteuropäische Erntehelfer früher als geplant die Heimreise antreten, können Erdbeerbauern in NRW nicht mehr alle Früchte von den Feldern holen. Das sei der Grund für bisher geringere Erntemengen in diesem Jahr, heißt es vom Verband der hiesigen Obst- und Gemüsebauern. Dagegen sei die Spargelernte bis Ende Juni noch gut bewältigt worden, hieß es. Das Edelgemüse litt allerdings noch unter den Spätfolgen des Dürresommers 2018.

Neun Prozent weniger Erdbeeren erwartet

Nach vorläufigen Schätzungen des Statistischen Bundesamtes wird in NRW dieses Jahr eine Ernte von 25.400 Tonnen Freilanderdbeeren erwartet. Das wären im wichtigsten Anbaugebiet der Bundesrepublik neun Prozent weniger als vor einem Jahr. Weil noch bis Oktober auch auf dem freien Feld Erdbeeren wachsen, hält der Provinzialverband Rheinischer Obst- und Gemüsebauern die Prognose der Statistiker noch für verfrüht, bestätigt aber die sinkende Tendenz.

Erdbeeren und Spargel gehören auf vielen Selbstvermarkter-Höfen zusammen.
Erdbeeren und Spargel gehören auf vielen Selbstvermarkter-Höfen zusammen. © dpa | Roland Weihrauch

Allerdings keineswegs wegen des oft beklagten Wetters, das sei dieses Jahr bei den Erdbeeren „gar kein Thema“, sagt Peter Muß, stellvertretender Geschäftsführer des Provinzialverbands. Viel mehr litten die Landwirte unter einem Mangel an und akut an der verfrühten Heimkehr von Erntehelfern. Die kommen seit Jahren vor allem aus Rumänien, den früher meist polnischen Saisonkräften ist auch der deutsche Mindestlohn inzwischen meist zu niedrig – die Wirtschaft in Polen boomt.

„Viele Polen kommen nicht mehr, und die rumänischen Erntehelfer haben nach ein paar Monaten genug verdient und fahren vorzeitig wieder nach Hause“, sagt Peter Muß.

Für die Betriebe sei das ein riesiges Problem. Denn besonders, wenn es im Hochsommer richtig heißt werde und die Früchte alle gleichzeitig reif werden, seien nicht mehr genügend Erntehelfer zur Hand. Die Folge ist

Verschwendung pur: „Die Früchte bleiben auf dem Feld.“ Die Erdbeerbauern hoffen nun auf neue Anwerbe-Abkommen mit Drittstaaten. Derzeit laufen darüber Verhandlungen der Bundesagentur für Arbeit etwa mit der Ukraine und Moldawien. Das Fachportal des Erdbeerhandels nennt auch Bosnien-Herzegowina und Weißrussland als mögliche Partner für Saisonarbeit.

Hoffnung auf Abkommen mit Ukraine

Da noch kein neues Abkommen spruchreif ist, fällt den Bauern die Planung für das kommende Jahr erneut schwer. Sie müssen genau jetzt entscheiden, wie viel sie pflanzen wollen, denn die Erdbeeren für das kommende Frühjahr werden Ende Juli/Anfang August gesetzt. Gleichzeitig werden tiefgefrorene Pflanzen gesetzt, die noch bis zum Herbst reif werden, erläutert Agraringenieur Muß. Auch hier sei die Menge für die Betriebe schwer zu kalkulieren, wenn sie nicht wüssten, wie viele Helfer noch so lange bleiben.

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Die Spargelernte ist jedes Jahr am 24. Juni zu Ende, damit die mehrjährigen Pflanzen genügend Zeit zur Erholung bekommen. Bundesweit wurde laut Statistischem Bundesamt dieses Jahr rund acht Prozent weniger geerntet als im allerdings sehr guten Vorjahr. In NRW, dem nach Niedersachsen zweitgrößten Spargel-Anbauland, wurden 20.500 Tonnen Freilandspargel geerntet, knapp vier Prozent weniger als 2018.

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Das Saisongemüse konnte sich nach der Ernte im vergangenen Jahr wegen der im Spätsommer folgenden Dürre nicht so gut entwickeln wie üblich. „Viele Felder können nicht bewässert werden. Das ist normalerweise beim Spargel auch nicht nötig, außer bei extremer Hitze und Dürre wie im letzten Jahr“, erläutert Muß. Die Spargelbauern hofften, dass sich das in diesem Sommer nicht wiederholt. Sie können nicht kurzfristig reagieren, weil die Spargelkulturen für zehn bis zwölf Jahre stehen bleiben.

Mehr Preisdruck durch billige Importware

Zu den Unwägbarkeiten durch das Wetter und die Saisonarbeiter kommen für die Obst- und Gemüsebauern noch die härter werdenden Verhandlungen mit dem Lebensmittelhandel. Bereits im Mai klagten die Landwirte darüber, von den Supermarktriesen zunehmend unter Druck gesetzt zu werden. Ihre Produkte sollten preislich nicht mehr allzu deutlich über der Importware liegen. Bis die Erntemengen stiegen und die Preise drückten, lagen deshalb in diesem Jahr länger als sonst Spargel aus Griechenland und Spanien in den Gemüsetheken, später Erdbeeren aus Marokko. „Weil nur noch vier Ketten den Lebensmittelhandel dominieren und gerade die Discounter mit Kampfpreisen agieren, wird der Druck immer größer“, sagte Ferdinand Völzgen, Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau im Provinzialverband.