Mülheim. . Beim radikalen Umbau des Handelskonzerns Tengelmann will Firmenchef Christian Haub bis zum 16. Oktober auf Kündigungen verzichten.
Ein Jahr nach dem Verschwinden des bisherigen Tengelmann-Chefs Karl-Erivan Haub steckt der Handelskonzern im tiefsten Umbruch seiner über 150-jährigen Geschichte. Der neue CEO Christian Haub plant eine völlige Neuaufstellung des Familienunternehmens und will sich deshalb von den meisten der rund 250 verbliebenen Mitarbeiter in der Mülheimer Holding trennen. „Vor dem 16. Oktober werden wir keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen“, sagt Haub in der Mitarbeiter-Zeitschrift „The T Times“ zu, die unserer Redaktion vorliegt. Mit dem Betriebsrat will er einen Sozialplan aushandeln, der die Folgen des Personalabbaus „abmildern“ und Abfindungshöhen regeln soll.
Haub plant nach Informationen aus dem Unternehmensumfeld, mit der neuen Holding Anfang 2020 zu starten. Den Umbruch hatte der Tengelmann-Chef überraschend am 15. Januar verkündet. Wie sich der Konzern künftig aufstellen wird und mit wie vielen Mitarbeitern, ist bislang nicht bekannt. In der Hauszeitschrift beschreibt Haub nur den Druck, unter dem sein Konzern und die Branche stehen. „Jeder von uns erlebt doch täglich, wie sehr sich die Handelskonzepte verändern“, sagt er. National und international sei viel in Bewegung. „Das wollen wir künftig in der Holding ganz eng begleiten und die richtigen Schlüsse für unsere Beteiligungen ziehen.“
Suche nach neuer Konzernzentrale
Fest steht bislang nur, dass Tengelmann die riesige Firmenzentrale mit dem alten Gemäuer der ehemaligen Schokoladenfabrik Wissoll aufgeben will und einen neuen Standort sucht. Im Januar sagte Haub unserer Redaktion, „dass wir Mülheim verbunden bleiben wollen. Allerdings in einer ganz anderen Gestaltung. Bei der Standortsuche sind wir völlig offen.“ Dabei gibt es offenbar Probleme. „Wir brauchen zügig neue Räume. Das ist in Mülheim besonders schwierig“, sagt ein Insider im Hinblick auf die Gewerbeflächen-Not in der Ruhrstadt.
Tengelmann Ventures nach Essen umgezogen
Bei der Stadt Mülheim laufen die Bemühungen auf Hochtouren, für Tengelmann eine geeignete Immobilie zu finden. „Unser Ziel ist es, die Holding und möglichst viele Tochterunternehmen in Mülheim zu halten“, sagt Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier. Es ist aber auch ein offenes Geheimnis, dass andere Städte und Bundesländer dem Unternehmen, das zu den bedeutenden Handelskonzernen in Deutschland zählt, Avancen macht.
Der neue Chef Christian Haub stellt den Tochterfirmen frei, wo sie künftig arbeiten. Tengelmann Ventures, bei dem die Fäden die Fäden für Beteiligungen etwa an Zalando, Delivery Hero oder Westwing zusammenlaufen, sind bereits nach Essen-Rüttenscheid umgezogen. Der Sitz der Immobilien-Tochter Trei ist weiterhin auf dem Mülheimer Campus, ebenso die Verwaltung der ehemaligen Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann, die inzwischen mehrheitlich Edeka und Netto gehört. Der stark wachsende Kinderausstatter babymarkt.de zieht auf das ehemalige Opel-Gelände in Bochum.