Oberhausen. . Wie aus CO2 wertvolle Chemikalien werden: Ein Labor am Centro in Oberhausen forscht für das Stahlwerksprojekt Carbon2Chem rund um Thyssenkrupp.

Im Zusammenhang mit der Produktion von Chemikalien aus Abgasen der Thyssenkrupp-Stahlwerke in Duisburg soll künftig ein Labor am Rande des Oberhausener Einkaufszentrums Centro eine wichtige Rolle spielen. Am Standort des Fraunhofer-Instituts befassen sich Wissenschaftler mehrerer Unternehmen und Forschungseinrichtungen unter anderem mit Verfahren zur Gasreinigung und zur Produktion von Methanol, das beispielsweise als Kraftstoff dienen kann. Das Ziel des Projekts „Carbon2Chem“ ist, Hüttengase aus den Anlagen von Thyssenkrupp möglichst klimaschonend in Wertstoffe für die chemische Industrie umzuwandeln.

Der Essener Industriekonzern strebt nach Darstellung von Thyssenkrupp-Projektkoordinator Markus Oles den Aufbau einer industriellen Anlage an. Langfristig gehe es darum, die Herstellung von Rohstoffen durch Kohlendioxid wirtschaftlich zu betreiben. Das Unternehmen wolle nicht nur demonstrieren, was generell machbar oder denkbar sei, betonte Oles bei der offiziellen Eröffnung des Labors in Oberhausen: „Wir wollen, dass am Ende ein Produkt herauskommt.“

Evonik, Clariant und Linde beteiligt

An „Carbon2Chem“ sind neben Thyssenkrupp mehrere große Unternehmen wie Evonik, Clariant und Linde beteiligt. Hinzu kommt die Wissenschaft mit Fraunhofer in Oberhausen und dem Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion in Mülheim.

Das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt mit rund 63 Millionen Euro. Volker Rieke, Abteilungsleiter im Ministerium, bezeichnete Carbon2Chem als vorbildlich: „Die deutsche Industrie macht Klimaschutz zu einem Innovationsmotor“, sagte Rieke in Oberhausen. Angesichts des vergleichsweise hohen CO2-Ausstoßes in Stahlwerken könne an dieser Stelle effizient und wirksam Klimaschutz betrieben werden.

Im Oberhausener Labor soll auf rund 500 Quadratmetern und an 30 Büroarbeitsplätzen die wissenschaftliche Basis für die Arbeiten mit den Hüttengasen am Stahlstandort Duisburg gelegt werden. „Die Zusammenarbeit läuft gut“, berichtet Thyssenkrupp-Technologiechef Reinhold Achatz.

Versuchscontainer auf Stahlwerksgelände

Holger Ruland vom Mülheimer Max-Planck-Institut erläuterte unter anderem, wie in einem Versuchscontainer auf dem Stahlwerksgelände in Duisburg Hüttengase auf Verunreinigungen überprüft werden.

Die Projektpartner von „Carbon2Chem“ streben an, bei einer großtechnischen Umsetzung rund 20 Millionen Tonnen der jährlichen Kohlendioxid-Emissionen der deutschen Stahlbranche wirtschaftlich verwertbar zu machen.

Zum Vergleich: Für das Jahr 2016 hat das Bundesumweltamt – bezogen auf alle Bereiche wie Industrie, Verkehr und Landwirtschaft – CO2-Emissionen in Höhe von 909 Millionen Tonnen registriert. Die Europäische Union strebt an, bis zum Jahr 2050 die CO2-Emissionen auf null zu reduzieren.

Methanol unter anderem als Treibstoff

Görge Deerberg, stellvertretender Institutsleiter von Fraunhofer Umsicht in Oberhausen, betonte, das Projekt „Carbon2Chem“ könne einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Er hob die enge Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft hervor. Ralf Güldenzopf, Dezernent für strategische Planung der Stadt Oberhausen, sagte, das Projekt stehe dafür, wie sich aus einem „Umbruch ein Aufbruch“ gestalten lasse.

Bislang werden die Hüttengase am Stahlstandort Duisburg lediglich verbrannt, um Strom und Wärme herzustellen. Wenn die Gase aus der Stahlerzeugung als Rohstoff für die Chemieproduktion eingesetzt werden, soll dies auch den CO2-Ausstoß verringern. Mit Methanol können Autos fahren, Flugzeuge fliegen oder weitere Chemikalien hergestellt werden.