Mülheim. . Digitale Mülleimer, Laternen und Parkplätze: Die Ruhrgebietsstädte wollen „smarter“ werden. Das Start-up Bee Smart City unterstützt sie dabei.

Barcelona hat nicht nur eine Traumlage am Mittelmeer. Die spanische Metropole ist auch Vorreiterin der Smart-City-Bewegung. Sie hat Parkplatzbewirtschaftung, Verkehrsmanagement, Müllabfuhr und Bewässerung von Grünanlagen digitalisiert. Im Ruhrgebiet ist Gelsenkirchen am weitesten auf dem Weg zur Smart City vorangekommen. Experten sehen in der Region, aber auch in ganz Deutschland einen hohen Nachholbedarf.

Zu ihnen gehört auch Thomas Müller, der gemeinsam mit Bartosz Gorynski und Alexander Gelsin in Mülheim das Start-up „Bee Smart City“ gegründet hat. „In Deutschland hat sich bis dato der ganzheitliche Smart-City-Ansatz noch nicht in der Breite durchsetzen können, obwohl er große Mehrwerte für alle Beteiligten mit sich bringen kann. Städte wie Toronto in Kanada, Palo Alto in den USA oder aber auch Espoo in Finnland sind da schon sehr viel weiter“, sagt der Geschäftsführer. Dortmund und Essen aber hätten gerade immerhin Digitalisierungs-Beauftragte berufen und Bochum befinde sich auf der Suche.

Über 900 Kommunen untersucht

Abfalleimer melden, wenn sie voll sind – und rufen die Müllabfuhr. Laternen schalten sich aus, wenn die Straße leer ist. Und der Rasen will nur gesprengt werden, wenn er trocken ist. Weltweit gibt es immer mehr digitale Lösungen, die Energie und Geld sparen. Die Internet-Plattform „Bee Smart City“ will den Städten dabei helfen, ihre Konzepte und Erfahrungen mit neuen Formen der Stadtplanung und intelligenten Konzepten auszutauschen.http://funke-cms.abendblatt.de:8080/webservice/thumbnail/article/216533685

Aktuell haben sich nach Angaben der Geschäftsführer rund 11.000 Mitglieder aus 960 Städten bei „Bee Smart City“ registriert – von Bhubaneswar in Indien über Winnipeg bis Singapur. „Wir haben in einer Analyse mit über 900 Städten festgestellt, dass eigentlich jede Stadt eine Reihe intelligenter Projekte hat. Sie tauschen sich aber oft nicht effizient untereinander aus. Mit unserer Lösungsdatenbank muss das Rad nicht immer neu erfunden werden“, sagt Gelsin.

Mit dem Ziel, einen globalen Austausch zu ermöglichen, haben die Drei im Jahr 2014 „Bee Smart City“ gegründet und ihre sicheren Jobs gegen die Selbstständigkeit getauscht: Thomas Müller war bislang für die Mülheimer Wirtschaftsförderung tätig, Bartosz Gorynski für den Bochumer Wohnungsriesen Vonovia und der studierte Astrophysiker Alexander Gelsin verdiente sein Geld als Unternehmens- und IT-Berater.

Angebot aus dem Silicon Valley ausgeschlagen

Ein lukratives Finanzierungsangebot aus der digitalen Hochburg Silicon Valley hatten die Gründer vor geraumer Zeit ausgeschlagen. „In USA ist es für junge Unternehmen leichter, Risikokapital für digitale Geschäftsmodelle zu bekommen“, sagt Geschäftsführer Müller. „Wir wollten aber Flagge zeigen und unsere Plattform im Ruhrgebiet gründen.“

Die Gründer sind davon überzeugt, dass Städte nicht nur „smart“ sind, wenn man amtliche Formulare online abrufen kann oder wenn die City über ein verlässliches Parkleitsystem verfügt. „Smart City ist die moderne und notwendige Antwort einer Kommune, um bestehende und zukünftige Herausforderungen zu meistern, Probleme zu bewältigen und Chancen zu nutzen“, betont Gelsin. Um dieses Ziel zu erreichen, brauche jede Stadt individuelle Ziele und Lösungen.

Städte machen ihre Lösungen nicht transparent

Ausgangspunkt für die Unternehmensgründung war eine Untersuchung in Mülheim. „Wir fanden heraus, dass die Stadt viele intelligente Lösungen hat, sie aber nicht transparent macht und die guten Erfahrungen kommuniziert“, sagt Müller. Da sei zum Beispiel das U-25-Haus, in dem junge Menschen intensiv betreut werden, etwa bei der Stellensuche und beim Schreiben von Bewerbungen. „Mit dieser Einrichtung bekämpft Mülheim gezielt die Jugendarbeitslosigkeit. Davon können andere Städte lernen“, so der Geschäftsführer.

Gelsenkirchen präsentiert sich in Barcelona

Für Unternehmen und Kommunen ist die Nutzung der Plattform kostenfrei. Und wie verdient das „Bee Smart City“ sein Geld? Das Start-up bringt Städte auf Kongresse und Messen und stellt ihnen Produkte vor. Bezahlen lässt sich das Unternehmen auch, wenn es Kommunen auf dem Weg zur Smart City ein Stück weit begleitet. Die Mülheimer Gründer unterstützen auch die Stadt Gelsenkirchen, die vom Land NRW bereits als „digitale Modellkommune“ ausgezeichnet wurde.