Essen. NRW hat gute Chancen, Standort der ersten deutschen Batteriefabrik für Elektroautos zu werden. Aachener Experte Günther Schuh favorisiert Köln.
Mit dem Auslaufen der Kohleverstromung steigen offenbar die Chancen, in Nordrhein-Westfalen die erste Fabrik zu eröffnen, die Batterien für Elektroautos herstellen soll. Nachdem die Landesregierung zuletzt auch immer wieder das Gewerbegebiet New Park im nördlichen Ruhrgebiet ins Spiel gebracht hatte, favorisiert sie nun das Rheinische Revier als Standort für eine Batteriefabrik.
„Es gibt seit Wochen intensive Gespräche zwischen Autoherstellern und Batteriezellenspezialisten mit dem Ziel, eine Fertigung in Nordrhein-Westfalen aufzubauen“, sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) dieser Zeitung. „Unser Interesse ist klar: Nordrhein-Westfalen ist mit geballter Forschungskompetenz und innovativen neuen Anbietern in das Zeitalter der Elektromobilität gestartet. Nun wollen wir große Teile der Wertschöpfung ins Land holen, idealerweise ins Rheinische Revier“, so der Minister.
Aber auch das Ruhrgebiet macht sich noch Hoffnung. „Für eine Batteriezellenfabrik ist die Metropole Ruhr ein geeigneter urbaner Standort. Ein dichtes Netzwerk aus Hochschulen und Industrie entwickelt das Thema Elektromobilität stetig weiter – das schafft Synergien und Mehrwerte, die für die Batterieproduktion relevant sind“, sagt Rasmus C. Beck, Wirtschaftsförderer und Geschäftsführer der Business Metropole Ruhr.
Der Aachener Professor Günther Schuh hat bereits ein Konsortium mit dem Batteriehersteller BMZ aus dem bayrischen Karlstein am Main beisammen. Er hatte für die Post den E-Transporter Streetscooter erfolgreich an den Start gebracht und den elektrischen Kleinwagen Ego entwickelt, dessen Produktion im April starten soll. „Wir sind gut vorbereitet“, sagte Schuh unserer Redaktion. Sein Plan: „Wir müssen unbedingt in diesem Jahr mit dem Bau der Fabrik beginnen, um in vier Jahren mit unseren Batteriezellen am Markt zu sein“, so der Professor. Er stehe mit dem Autobauer Ford in Verhandlungen, der angeboten habe, die Batteriefabrik auf seinem Werksgelände in Köln-Niehl zu errichten. „Geschwindigkeit muss jetzt das Argument sein. Bei Ford in Köln haben wir die Infrastruktur“, sagt Schuh.
120 bis 140 hochqualifizierte Mitarbeiter
Das Konsortium will mit einer „kleinen“ Fabrik starten, in der eine Batterie-Jahresproduktion von einer Gigawattstunde möglich ist. „Damit können Streetscooter und Ego 20 bis 30 Prozent ihres jährlichen Bedarfs an Batterien decken“, so der Professor. Das minimiere das Risiko. Denn selbst für die kleine Fabrik, in der 120 bis 140 hochqualifizierte Beschäftigte arbeiten sollen, rechnet er mit einem Investitionsbedarf von 250 Millionen Euro. 60 bis 80 Millionen Euro werde das Konsortium selbst aufbringen, 70 bis 80 Millionen würden finanziert, 80 Millionen Euro sollen aus Fördertöpfen des Landes NRW, des Bundes und der Europäischen Union kommen.
Die Zeit drängt. Da Batterien für E-Autos bislang zumeist aus Asien kommen, will Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eine Milliarde Euro bereitstellen, um den Aufbau einer Batteriefertigung in Deutschland zu flankieren. Eine Ministeriumssprecherin kündigte auf Anfrage dieser Redaktion an, dass die Förderrichtlinien „in Kürze“ veröffentlicht werden sollen. „Über die Förderung konkreter Projekte und Standorte wird dann im Zuge der Prüfung der Förderanträge entschieden“, so die Sprecherin.
Drei Batteriefabriken wünschenswert
Professor Schuh ist davon überzeugt, dass sein Konsortium mit seiner Bewerbung in Berlin gute Chancen haben werde und die Batteriefertigung nach NRW kommen könne. Dass auch große Autobauer wie Daimler und Volkswagen in die Zellproduktion einsteigen und Fördertöpfe anzapfen wollen, sorgt den Aachener Forscher und Unternehmer nicht. „Wir wollen echten Wettbewerb und brauchen mindestens drei Batteriefabriken in Deutschland“, sagt Schuh.
Das „Handelsblatt“ zitiert aus einer Studie des Fraunhofer Instituts für System- und Innovationsforschung. Danach bleiben Deutschland und Europa keine sechs Jahre mehr, um eine konkurrenzfähige Batteriezell-Fertigung aufzubauen. Schon 2025 sollen den Experten zufolge europaweit zehn bis 30 Millionen E-Autos auf den Straßen unterwegs sein.