Essen. . Was einen sogenannten Social Entrepreneur, von einem normalen Unternehmensgründer unterscheidet - und wie er vorgehen sollte. Ein Überblick:

Während der Startup-Gründer mit seiner Geschäftsidee idealerweise ein Problem einer bestimmten Zielgruppe lösen will, um damit Profit zu erwirtschaften, geht es dem Gründer eines Sozialunternehmens in erster Linie darum, ein gesellschaftliches Problem zu lösen und zwar auf unternehmerische Art und Weise.

Das heißt nicht, dass er damit keinen Profit erwirtschaften will. Nicht jedes Sozial-Unternehmen muss eine Non-Profit-Organisation sein. Schließlich muss auch ein Unternehmen mit sozialem Anspruch wirtschaftlich überleben können, um Mitarbeiter zu bezahlen, um ein Produkt herzustellen, um einen Service anbieten zu können.

Der Anspruch, ein Sozial-Unternehmer zu sein, und die Motivation, mit seinem Startup ein gesellschaftliches Problem anzugehen, erfordert eine besondere Herangehensweise und Auseinandersetzung mit solch einer Gründung.

Im Folgenden beleuchten wir, welche Überlegungen angehende Social Entrepreneurs vor der Gründung anstellen sollten.

Motivation und Vision: Warum gründe ich ein Social Startup?

Weil Demenz eine der großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit ist und ihre Großeltern selbst an Demenz erkrankt sind, haben sich die Gründer von ichó dazu entschlossen, ein Produkt zu entwickeln, das die Kommunikation mit erkrankten Angehörigen wieder möglich macht.

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Weil ihnen der Schutz der Umwelt am Herzen liegt, haben die Gründer von Futterzeit ein Hundefutter aus Insekten entwickelt, weil der Fleischkonsum bei Hunden um ein Vielfaches höher ist als bei Menschen.

Ebenfalls aus dem Grund, die Umwelt zu schützen, haben die Gründer von Sono Motors ein kostengünstiges Auto entwickelt, das solar betrieben wird und das sich jeder leisten können soll.

All diesen Gründern ist gemein, dass sie ihr Unternehmen mit der Motivation gegründet haben, ein gesellschaftliches Problem zu lösen oder bei der Lösung zu unterstützen. Profit steht bei solch einer Unternehmensgründung nicht im Vordergrund.

Tritt man mit dieser Motivation an, sollte man sehr sorgfältig daran gehen, sein Geschäftsmodell, die Form des Unternehmens, die Finanzierung und generell das Gesamtkonzept auszuarbeiten, um glaubwürdig und authentisch nach außen wie nach innen aufzutreten und dem sozialen Anspruch gerecht zu werden.

Es nützt beispielsweise nichts, ein Produkt zu entwickeln, das die Umwelt schützen soll, was in der Herstellung die Natur aber stark belastet.

Möchte man explizit ein Social Startup gründen, muss man sich sehr genau darüber im Klaren sein, dass dies alle Bereiche des Unternehmens betrifft. Eine stimmige Vision, wie sich die Gründer die Welt von Morgen vorstellen und wünschen, hilft dabei, das große Ganze im Blick zu behalten.

Sind Motivation und Vision klar, orientiert sich daran das gesamte Unternehmenskonzept, vom Geschäftsmodell über Finanzierung bis hin zur Wahl der Rechtsform.

Die Geschäftsidee: Wie löse ich ein soziales Problem?

Gründer, die ein soziales Problem lösen möchten, müssen dazu nicht unbedingt ein Produkt entwickeln. Sie können das Problem auch mit unternehmerischem Querdenken angehen.

Dem Gründer vom Hürther Startup Beeming Box beispielsweise reichte es nicht, nur Unternehmer zu sein. Er wollte mit seinem Unternehmen gleichzeitig etwas Gutes bewirken und lokale Hilfsprojekte unterstützen. Das löst er weniger mit einem speziellen Produkt, sondern vielmehr mit einer unternehmerischen Haltung: Vom Umsatz der Gemüseboxen, die er online verkauft, fließt ein Teil in lokale Hilfsprojekte, ohne Aufpreis für den Kunden.

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Wer noch keine Geschäftsidee für die Lösung eines sozialen Problems hat, dem können Kreativitätstechniken wie Design Thinking auf die Sprünge helfen. Auch bei Events wie dem Startup Weekend geht es speziell um die Entwicklung von Geschäftsideen.

Ist die Geschäftsidee klar, geht es nun daran, daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln. Welche Zielgruppe spricht man an, wie erreicht man potenzielle Kunden, wie genau werden Einnahmen erwirtschaftet, welche Kosten entstehen? Diese Fragen kann man ausführlich mit einem klassischen Businessplan oder mit Klebezetteln auf dem Business Model Canvas skizzieren.

Finanzierung: Woher bekomme ich Kapital?

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Ein wichtiger Baustein des Geschäftsmodells ist die Lösung der Frage, wie das Startup finanziert wird, sowohl was die Startfinanzierung angeht als auch wie man mit seinem Service oder Produkt Geld verdienen will. Eigene Einnahmen, die das wirtschaftliche Überleben sichern, lassen in der Regel in der Anfangsphase auf sich warten. Zudem sind – je nach Geschäftsmodell – Investitionen nötig, um beispielsweise ein Produkt herzustellen.

Wie bei der normalen Startup-Gründung, gibt es auch für das Sozial-Unternehmen verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten: Vom Bootstrapping, also der Finanzierung aus eigenen Mitteln, über den Bankkredit bis hin zur Beteiligung von Investoren. Auch Förderungen wie das Exist-Gründerstipendium oder das auf Social Startups spezialisierte Ashoka Fellowship können in der Anfangsphase unterstützen.

Zudem kann Crowdfunding eine gute Möglichkeit der Erstfinanzierung sein, wenn auch eine, die mit viel Marketing- und PR-Aufwand verbunden ist. Wer den Aufwand nicht scheut, kann damit wiederum schon früh Aufmerksamkeit, gleichgesinnte Unterstützer und sogar erste Kunden erreichen.

Gemeinnützig oder nicht? Welche Rechtsform ist die passende?

Stehen Geschäftsmodell und Finanzierung fest, sollte man sich über die Rechtsform Gedanken machen. Hier wird es für Sozial-Unternehmer besonders dann interessant, wenn es um das Thema Gemeinnützigkeit geht und die Finanzierung des Unternehmens beispielsweise über Spendengelder erfolgen soll. Hier bieten sich Gesellschaftsformen wie die gemeinnützige Unternehmensgesellschaft (gUG) oder die gemeinnützige GmbH an.

Neben einigen Vorteilen, wie Steuervergünstigungen oder der Möglichkeit Spendenquittungen auszustellen, sollten sich Gründer eingehend auch mit den Beschränkungen der Gemeinnützigkeit auseinandersetzen, bevor sie sich für eine solche Gesellschaftsform entscheiden. Diese betreffen zum einen den hohen Verwaltungsaufwand schon bei der Antragsstellung, zum anderen ist es gemeinnützigen Unternehmen kaum möglich, profitorientiert zu wirtschaften.

Viele Sozial-Unternehmen lösen diese Einschränkung, indem sie eine GmbH gründen mit beispielsweise einer Stiftung als Tochtergesellschaft. Das macht allerdings den Verwaltungsaufwand nicht geringer – im Gegenteil.

Bevor angehende Sozial-Unternehmer hier eine Entscheidung treffen, sollten sie sich auf jeden Fall fachkundig beraten lassen. Viele Anwälte bieten hierzu eine kostenlose Erstberatung an. Zudem gibt es in NRW immer mehr auf Social Startups spezialisierte Initiativen und Programme, an die man sich wenden kann.

Wo bekommen Social Startups Unterstützung?

Unterstützung bekommt man beispielsweise im Social Impact Lab Duisburg, eins von deutschlandweit acht Social Impact Labs, die gezielt angehende Sozialunternehmen mit Beratung und Mentoring unterstützen. Dazu werden mehrmals im Jahr ausgewählte Gründungsteams in das AndersGründer-Programm aufgenommen, ein Stipendium, das Startups mit Mentoring, einem Coworkingplatz und Zugang zum Netzwerk für mindestens drei Monate unterstützt.

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Auf ein weltweites Netzwerk kann der Impact Hub Ruhr in Essen zugreifen. Impact Hubs sind vor allem Coworking Spaces, wo Freelancer, Startups und kleine Unternehmen einen flexiblen Arbeitsort finden und gleichzeitig Zugang zum Netzwerk des Impact Hubs bekommen. Dabei werden vor allem Sozialunternehmen unterstützt. Weltweit gibt es mehr als 80 Impact Hubs.

Auch an einigen Universitäten in NRW gibt es spezielle Unterstützung für angehende Sozialunternehmer, beispielsweise in Form von Workshops oder Barcamps.

Fazit: Geld verdienen und Gutes bewirken

Auf der einen Seite ist ein Social Startup zu gründen Business as Usual. Es geht darum, eine gute Geschäftsidee zu haben, für die es einen Markt gibt, der bereit ist, für den Service oder das Produkt Geld zu bezahlen.

Auf der anderen Seite ist ein Sozialunternehmen mehr als ein Unternehmen. Im Vordergrund steht nicht, mit der Geschäftsidee Profit zu erwirtschaften, sondern dabei zu helfen, ein gesellschaftliches Problem zu lösen. Das erfordert vom Gründer das gewisse Extra an Motivation, Engagement und eine klare Vision, wie er oder sie sich die Welt von morgen vorstellt.

Allein sind Gründer dabei nicht. Es gibt in NRW immer mehr Unterstützungsprogramme für angehende Social Startups, und das Netzwerk wächst stetig. Deshalb sollte man sich nicht scheuen, ein Unternehmen zu gründen, mit dem man Geld verdienen und gleichzeitig Gutes bewirken kann.

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Carmen Radeck ist Betreiberin der Seite RuhrGründer.de, eine der wichtigsten Online-Plattformen, die sich mit der Gründerszene in der Region befasst. Sie schreibt als Kolumnistin regelmäßig hier auf unserem Themen-Special über Tipps für Gründer, die brummende Branche, die neuesten Trends und die spannendsten Projekte.