Essen. . Franziskus sorgt sich um die Beschäftigten im kriselnden Edelstahlwerk Terni und warnt den Essener Konzern: „Mit Arbeit spielt man nicht.“ Das Unternehmen verteidigt seinen Sparplan - 550 Arbeitsplätze sollen wegfallen, um profitabel zu werden.
Im Ruhrgebiet hat der Stahl- und Technologieriese Thyssen-Krupp den Ruf, noch jeden Stellenabbau sozialverträglich hinbekommen zu haben. Die Abstimmung mit dem Betriebsrat gilt als ungewöhnlich eng, aller Krisen der jüngeren und älteren Vergangenheit zum Trotz. Doch nun trifft Thyssen-Krupp der Zorn einer moralischen Instanz besonderen Formats: Der Papst höchstselbst attackierte den Konzern hart und direkt, Franziskus warf dem Essener Management Profitgier auf Kosten der Arbeiter vor. Konkret der Arbeiter im italienischen Edelstahlwerk Terni, das 550 seiner 2600 Stellen verlieren soll.
„Ich bringe meine tiefe Besorgnis über die schlimme Situation vieler Familien in Terni wegen des Projekts der Firma Thyssen-Krupp zum Ausdruck“, sagte der Pontifex am Mittwoch bei der Generalaudienz in Rom. Und fügte an: „Mit Arbeit spielt man nicht.“ Im Zentrum jeder Frage müssten der Mensch und seine Würde stehen, forderte das für seine Kapitalismus-Kritik bekannte Oberhaupt der katholischen Kirche.
Papst Franziskus stärkt die italienischen Gewerkschaften
„Ich appelliere erneut, dass nicht die Logik des Profits gewinnen darf, sondern die der Solidarität und Gerechtigkeit“, forderte der 77-jährige Franziskus. Wer Arbeitsplätze streiche, um mehr Geld zu verdienen, nehme auch den Menschen ihre Würde. Harte Worte des Argentiniers, der damit seinen Ruf als geistlich-moralischer Anwalt der einfachen Leute einmal mehr pflegte.
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Er stärkt damit die italienischen Gewerkschaften, die seit Verkündung des Sparplans im Juli gegen den Stellenabbau kämpfen. Dabei hätte dem Werk mit großer Wahrscheinlichkeit unter seinem alten Besitzer weit Schlimmeres gedroht: Der finnische Stahlkonzern Outokumpu hatte erst Ende 2012 die Edelstahlsparte von Thyssen-Krupp übernommen. Allerdings übernahmen sich die Finnen damit auch selbst und gerieten kein Jahr später derart in Schieflage, dass Thyssen-Krupp seine verkauften Töchter wieder zurücknehmen musste, um den finnischen Konzern zu stützen, an dem die Essener mit knapp 30 Prozent beteiligt waren. Thyssen-Krupp stieg Anfang 2014 bei Outokumpu aus und nahm dafür das verlustreiche Werk in Terni und die hochprofitable Werkstofftochter VDM mit Standorten in Südwestfalen und dem Ruhrgebiet zurück.
Um die Verluste in Italien zu begrenzen, kündigte Thyssen-Krupp im Juli Einsparungen von 100 Millionen Euro jährlich an. Dafür sollen 550 Stellen wegfallen. Wie es heißt, machte das Werk in den vergangenen fünf Jahren Hunderte Millionen Euro Verlust. Thyssen-Krupp wollte sich gestern nicht direkt zum Papst äußern, erklärte aber, sein Sparprogramm für Terni sei „unbedingt erforderlich“, um das Werk profitabel zu machen. Gespräche mit Gewerkschaften und Behörden fänden „in den nächsten Tagen“ statt.