London/München. Billige Mode lockt die Kunden, doch die Berichte über katastrophale Produktionsbedingungen in der Branche reißen nicht ab. Dem irischen Unternehmen Primark wurde dabei womöglich ein Streich gespielt, Puma stoppt Aufträge für eine marode Fabrik in El Salvador.
Die Arbeitsbedingungen in der Textilbranche stehen weiter im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Das irische Unternehmen Primark, das wegen in Kleidungsstücke eingenähter, angeblicher Hilferufe von Arbeiterinnen in die Kritik geraten war, ist dabei womöglich einer Kunstaktion aufgesessen. Der fränkische Sportartikel-Hersteller Puma hat einem "Spiegel"-Bericht zufolge angesichts katastrophaler Zustände in einer Fabrik in El Salvador Aufträge an den Sublieferanten gestoppt.
Primark hatte am Freitag mitgeteilt, zwei vor einigen Tagen aufgetauchte Etiketten mit Hilferufen seien sehr wahrscheinlich gefälscht, ein weiterer Fall werde noch geprüft. Die beiden im walisischen Swansea entdeckten Zettel seien eindeutig gleicher Herkunft, obwohl das eine Kleidungsstück in Rumänien, das andere in Indien hergestellt worden sei. Beide seien aber 2013 in der selben Filiale verkauft worden.
Kunstaktion mit Hilferuf-Etiketten
Im gleichen Jahr habe es in Swansea eine Kunstaktion mit solchen Etiketten gegeben, bei der Besucher ermutigt worden seien, sie in Kleidung einzunähen, hieß es weiter. Wie die "South Wales Evening Post" berichtet, hatte eine Kunststudentin ähnliche Zettel für ein Austauschprojekt mit einer chinesischen Universität hergestellt.
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Die Untersuchung des Vorfalls habe Primark zu der Schlussfolgerung geführt, dass es sich wahrscheinlich um einen "Streich" handele. Eine weitere Mitteilung, die in Nordirland aufgetaucht war, werde noch untersucht. Primark betonte erneut, dass sich das Unternehmen für gute Arbeitsbedingungen in den Herstellerländern einsetze. 2013 hat die Handelskette nach eigenen Angaben mehr als 2000 Fabrikinspektionen durchführen lassen. Am Donnerstag (3.7.) eröffnet das Unternehmen am Berliner Alexanderplatz eine weitere Filiale in Deutschland.
Von den Hilferufen, die in Kleider und Hosen eingenäht waren, hatten Kunden berichtet. "Forced to work exhausting hours" (zur Arbeit bis zur Erschöpfung gezwungen) stand auf einem Zettel, "Degrading working conditions" (erniedrigende Arbeitsbedingungen) auf einem anderen. In Nordirland soll eine Botschaft zusammen mit einem Gefangenenausweis aus einem chinesischen Arbeitslager vernäht worden sein, in der von unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen berichtet wird.
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Puma T-Shirts aus maroder Fabrik in El Salvador
Eine marode Fabrik in El Salvador soll dem "Spiegel" zufolge für Puma T-Shirts zu Dumpinglöhnen produziert haben. Arbeiterinnen der Fabrik berichteten von Verbrennungen durch offene Kabel, verdrecktem Trinkwasser und extremem Arbeitsdruck: "Im Moment dürfen wir häufig nicht mal zur Toilette gehen", zitiert das Magazin eine Büglerin. In den vergangenen Monaten hätten viele Arbeiterinnen nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn von 203 Dollar (146 Euro) erhalten.
Die Fabrik sei von Puma nicht als Zulieferer autorisiert worden, erklärte das Unternehmen laut "Spiegel". Ein anderer Zulieferer habe die Aufträge weitergereicht. Die Auftragsvergabe sei inzwischen gestoppt worden.
Die Textilbranche steht seit einem verheerenden Unfall in einer Fabrik in Bangladesch im April 2013 im Fokus öffentlicher Kritik. Bei dem Einsturz des Gebäudes, in dem auch für mehrere europäische Hersteller produziert wurde, kamen wegen mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen mehr als 1100 Menschen ums Leben. (dpa)