Essen. . Karstadt geht offenbar das Bargeld aus. Bei einer Betriebsrätekonferenz in Willingen präsentierte die Geschäftsführung besorgniserregende Zahlen. Danach nähern sich die Kassenbestände der kritischen 100-Millionen-Euro-Marke. Vor zwei Jahren betrugen die Karstadt-Reserven noch 300 Millionen Euro.
Die Krise beim Warenhauskonzern Karstadt spitzt sich zu. Die Geschäftsführung legte den Betriebsräten am Dienstag und Mittwoch in Willingen alarmierende Zahlen vor. Hinter vorgehaltener Hand werden erste Zweifel laut, ob die neue Karstadt-Chefin Eva-Lotta Sjöstedt in der Lage ist, die Sanierung des angeschlagenen Unternehmens zu stemmen.
Nach einem negativen Ergebnis von rund 158 Millionen Euro zwischen Oktober 2012 und September 2013 schrieb Karstadt nach Medienberichten auch in den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres tiefrote Zahlen. Nun scheint sich die wirtschaftliche Lage weiter zu verschlechtern: Wie es im Unternehmen heißt, nähern sich die Kassenbestände der kritischen Grenze von 100 Millionen Euro. 2012 habe Karstadt noch über Reserven in Höhe von 300 Millionen Euro verfügen können.
Berggruen kassiert für Namensrechte
Eine Mitverantwortung für die schlechten Zahlen trägt Miteigentümer Nicolas Berggruen selbst. Als der als Retter gefeierte Milliardär vor vier Jahren den insolventen Warenhauskonzern übernahm, sicherte er sich für fünf Millionen Euro die Rechte an dem Namen Karstadt. Für die Nutzung der Rechte soll Karstadt dem Vernehmen nach pro Monat etwa eine Million Euro an Berggruen überweisen müssen, heißt es. Auf diese Weise könnten inzwischen an die 48 Millionen Euro geflossen sein. Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung soll Berggruen mehrfach gebeten worden sein, auf diese Zahlungen zu verzichten. Bislang ohne Erfolg.
Kritik an Eva-Lotta Sjöstedt
Die wirtschaftliche Schieflage fällt zunehmend Eva-Lotta Sjöstedt auf die Füße, die erst Ende Februar den Chefposten bei Karstadt übernommen hatte. In Unternehmenskreisen wird Kritik laut, dass die ehemalige Ikea-Managerin zu wenig Präsenz in der Essener Zentrale zeige und sich stattdessen zu sehr um „weiche“ Themen wie Sortimente in den 83 Filialen kümmere. Eine Einschätzung, die Handelsexperte Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg teilt. „Es fehlt ein Konzept. Frau Sjöstedt hat die Landesgesellschaft eines blendend laufenden Möbelkonzerns geleitet. Für das Warenhausgeschäft und das Krisenmanagement fehlt ihr aber weitgehend die Erfahrung“, sagte Roeb dieser Zeitung.
Verdi fordert „klares Konzept“
Handelsexperte Gerd Hessert sieht nur einen Ausweg, um den Konzern zu stabilisieren: „Karstadt hat nur eine Zukunft, wenn kleine Filialen geschlossen und große Standorte mit einem Neukonzept gesichert werden.“ Filialschließungen hatte schon im Januar Karstadt-Aufsichtsratschef Stephan Fanderl nicht ausgeschlossen. Auch gelten die Kosten von Logistik und Zentrale bei dem schrumpfenden Geschäft als zu hoch.
Nach der Betriebsrätekonferenz forderte Verdi gestern die Eigentümer Berggruen und Benko auf, ein „klares Konzept“ für die Zukunft von Karstadt vorzulegen und Investitionen in die Warenhäuser zu ermöglichen. „Es darf keine Hängepartie auf Kosten der Beschäftigten geben“, so eine Verdi-Sprecherin.