Bielefeld. Das Landgericht Bielefeld verhandelt seit Monaten über einen Vertrag, der Clemens Tönnies die Macht im größten Schlachtkonzern Deutschlands sichert. Sein Neffe klagt, am Freitag könnte eine Entscheidung fallen. Clemens Tönnies formuliert mittlerweile versöhnlich: “Chef soll der sein, der es kann.“

Neffe gegen Onkel, Robert gegen Clemens Tönnies - im Familienstreit um die Macht im größten deutschen Schlachtkonzern wird für diesen Freitag das Urteil erwartet. Das Landgericht Bielefeld versucht zu klären, ob der Vertrag von 2002 über das doppelte Stimmrecht von Clemens Tönnies tatsächlich gültig ist. Robert Tönnies klagt gegen die Regelung.

Das doppelte Stimmrecht sichert Clemens Tönnies - im Nebenjob Aufsichtsratschef bei Schalke 04 - in den meisten Fragen die Entscheidungsmacht in der Gesellschafterversammlung, obwohl beide Seiten die Hälfte der Anteile halten. Allerdings soll Clemens dieses Stimmrecht seither erst einmal ausgeübt haben. Der Konzern hat 2013 einen Umsatz von 5,6 Milliarden Euro erzielt.

Vertrag nur auf Tochterunternehmen ausgestellt

Der an Heiligabend 2002 unterschriebene Vertrag ist nicht nur inhaltlich umstritten, er hat auch einen Fehler. Er ist auf die falsche Firma ausgestellt: nicht für die über allem thronende Holding, sondern für ein Tochterunternehmen.

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Ein Versehen, sagte der am vergangenen Verhandlungstag vernommene Steuerberater des Konzerns und enge Vertraute von Clemens Tönnies, Josef Schnusenberg. Es sei allen Beteiligten immer recht gewesen, dass Clemens Tönnies seine erfolgreiche Arbeit an der Spitze des Unternehmens fortsetze. Auch der Notar hatte vor Gericht eingeräumt, er habe das doppelte Stimmrecht 2002 versehentlich nicht wie geplant bei der Holding eingetragen.

Nur eingetragen, um Banken zu beruhigen?

Die Klägerseite beruft sich auf einen Vermerk des Notars von 2003. Nach einem Gespräch mit der Witwe des Firmengründers Bernd Tönnies hatte er schriftlich festgehalten, man habe das doppelte Stimmrecht ohnehin nur eingetragen, um die Banken zu beruhigen. Dabei berief er sich auf Schnusenberg. Vor Gericht widersprachen er selbst und auch Schnusenberg dieser Version.

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Unklar ist, ob Clemens und Robert Tönnies am Freitag zu dem Verkündungstermin kommen. Egal, wie die Entscheidung des Gerichts lauten wird, dürfte der Streit in die nächste Instanz gehen.

Ende April hatte es Aussagen von Clemens Tönnies gegeben, die als etwas versöhnlicher interpretiert wurden. Dem "Handelsblatt" sagte Tönnies, er könnte auf das lebenslang garantierte doppelte Stimmrecht nach seiner aktiven Zeit im Konzern verzichten. Zudem wolle er zusammen mit Robert eine Führungsstruktur finden, die die Kontinuität in dem Milliardenkonzern bewahre. "Chef soll der sein, der es kann, und nicht der, der zufällig den gleichen Namen hat wie ich." (dpa)