Düsseldorf. . Der Einzelhandel befürchtet durch die Einführung des Mindestlohns und die Ökostrom-Umlage einen Dämpfer. So bestehe die Gefahr, dass durch die gesetzlich festgelegten 8,50 Euro je Stunde viele Arbeitsplätze verloren gingen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth.

Den Einzelhändlern laufen in ihren Läden die Kunden weg, weil immer mehr Waren im Internet bestellt werden. 57 Prozent der Händler, die der Handelsverband HDE befragt hat, klagen über sinkende Kundenfrequenzen. Besonders betroffen seien Fachgeschäfte in den Innenstädten.

Stefan Genth, Handelsverbands-Hauptgeschäftsführer, rechnet damit, dass sich der Online-Anteil am Umsatz des Einzelhandels von derzeit neun Prozent auf 20 Prozent im Jahr 2020 mehr als verdoppeln werde. Im laufenden Jahr erwartet der HDE für den Online-Handel ein Wachstum um 17 Prozent auf 38,7 Milliarden Euro. Drei Viertel der Händler, die ihre Waren in Läden und im Internet verkaufen, erwarten wachsende Umsätze.

Größte Herausforderung seit Einführung der Selbstbedienung

„E-Commerce ist die größte Herausforderung für den Handel seit der Einführung der Selbstbedienung vor 50 Jahren“, sagte Genth gestern in Düsseldorf. Der HDE-Geschäftsführer rief vor allem die Politik dazu auf, die wegbrechenden Kundenströme in den Läden „sehr ernst“ zu nehmen. Das Nachsehen hätten Innenstädte von Gemeinden bis zu 70 000 Einwohnern und Vorortzentren.

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Die Citys leiden aber nicht nur an sterbenden Fachgeschäften. Die Laster der Paketdienste, die online bestellte Artikel ausliefern, verstopfen auch zunehmend die Straßen. Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey kommt zu dem Ergebnis, dass die Zustellung am selben Tag der Bestellung auch in Deutschland vor dem Durchbruch stehe. Für die zeitnahe Auslieferung seien die Verbraucher bereit, Aufpreise zu zahlen. Jan Krause, Co-Autor der Studie: „Wenn der Nachteil der Lieferzeit wegfällt, kann Onlineshopping seine Stärken in Form von größerer Auswahl und oft niedrigeren Preisen perfekt ausspielen.“

Potenzial bei Kosmetik und Lebensmitteln

Während Telekommunikationsgüter, Bücher, Bekleidung und Schuhe schon jetzt häufig online gekauft werden und Möbel sowie Baumarktsortimente auf dem Vormarsch sind, sieht der Handelsverband noch erhebliches Wachstumspotenzial bei Kosmetik und vor allem bei Lebensmitteln.

Der Anteil der Nahrungsmittel, die im Netz bestellt werden, liegt laut HDE-Geschäftsführer Genth derzeit noch unter einem Prozent. Nach einer aktuellen Umfrage der Institute IFH Köln und KPMG liebäugeln inzwischen drei von vier Verbrauchern mit dem Onlinekauf von Lebensmitteln. Genth: „In der Logistik passiert unheimlich viel, auch was Kühlketten betrifft.“

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Obwohl die Preise für Nahrungsmittel im vergangenen Jahr um 4,4 Prozent gestiegen waren, zeigen sich die Lebensmittelhändler im Chor mit den Möbelhändlern derzeit besonders optimistisch für ihre Geschäftsentwicklung. Die Zentralgenossenschaft des europäischen Fleischergewerbes kündigte gestern steigende Preise für Rind- und Schweineprodukte an.

Kritik an Mindestlohn und EEG

Der HDE rechnet damit, dass die Umsätze des Einzelhandels in diesem Jahr um 1,5 Prozent steigen werden. Manager Genth sieht aber auch Risiken: Die Frühjahrsumfrage ergab, dass die von der Großen Koalition beschlossene Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde den Trend zu Neueinstellungen in den Einzelhandelsunternehmen auf einen Tiefststand gedrückt habe.

Scharf kritisiert er auch die Reform des Ökostrom-Gesetzes. Für den Handel als drittgrößtem Energieverbraucher in Deutschland bedeute die Umlage für erneuerbare Energien 2015 eine Belastung von 2,5 Milliarden Euro, 300 Millionen Euro mehr als aktuell.