An Rhein und Ruhr. . Die Krim-Krise hinterlässt ihre Spuren auch in Deutschland. Gerade zwischen NRW und Russland sind die wirtschaftlichen Bande eng. Viele Firmen spüren schon jetzt Einbußen. Die Bundesregierung hat einen Rüstungsdeal des Düsseldorfer Konzerns Rheinmetall vorerst gestoppt.

Anthony van der Ley ist ziemlich unruhig. Grund dafür ist die Krim-Krise. Die verhagelt dem Geschäftsführer des Alpener Landmaschinen-Herstellers Lemken derzeit mächtig das Geschäft. Lemken – das ist ein mittelständisches Unternehmen, das in den vergangenen Jahren prächtig gewachsen ist. Jahresumsatz im vergangenen Jahr: Gut 363 Mio Euro. Rund 10% dieses Umsatz haben sie in Russland gemacht. Nun bricht dieses Geschäft ein. „Wir machen uns ziemliche Sorgen“, sagt van der Ley. Damit steht er nicht allein: Das rasant abkühlende Verhältnis zwischen dem Westen und Russland schlägt vielen deutschen Unternehmern aufs Gemüt. Es geht die Sorge um, dass die Sanktionsschraube weiter angezogen wird und die Geschäfte darunter leiden.

Die wirtschaftlichen Bande zwischen beiden Ländern sind eng, bisher zumindest. Nach China und den Niederlanden ist Deutschland der drittgrößte Handelspartner Russlands, im Jahr 2012 betrug der Exportumsatz 38 Mrd Euro. 300 000 Arbeitsplätze hängen in Deutschland vom Handel mit Russland ab, gerade NRW hat eine führende Rolle. Von den 6200 Firmen mit deutscher Beteiligung, die bei der russischen Außenhandelskammer registriert sind, hat mehr als jede vierte zwischen Rhein und Weser ihren Sitz. Vor allem in der Energiebranche, der Autowirtschaft, der Pharmazie und der Elektrotechnik werden Geschäfte gemacht.

Die Duisburger Krohne Gruppe (3100 Mitarbeiter, 448 Mio Euro Umsatz) etwa verfügt bereits seit 1994 über einen Produktionstand-ort in der russischen Wolga-Region. In der Millionenstadt Samara stellt der Messtechnikanbieter mit 86 Mitarbeitern Durchfluss- sowie Füllstandsmessgeräte her – und hat noch viel vor. „Wir sehen auf dem russischen Markt große Chancen“, sagt Geschäftsführer Michael Rademacher-Dubbick. Man habe sich entschlossen einen „mehrstelligen Millionenbetrag“ zum Ausbau der Fertigung in Samara zu investieren: „Vor diesem Hintergrund beobachten wir die Situation sehr aufmerksam.“

Rubel ist dramatisch eingebrochen

Andere spüren die Auswirkungen der Krimkrise schon jetzt ganz konkret. Die Bundesregierung stoppte gestern ein Rüstungsgeschäft des Rheinmetall-Konzerns. Für 100 Millionen Euro wollen die Düsseldorfer in der Wolgaregion eine Trainingsbasis für Soldaten erichten. In der sensiblen Lage wird daraus vorerst nicht. Und dem Landmaschinenbauer Lemken bricht in der Krise der Umsatz weg. Die Niederrheiner machen ihr Geschäft mit Pflügen, Eggen und sogenannten Grubbern, Geräten, mit denen der Boden aufgelockert wird. Gut 1100 Menschen arbeiten weltweit für das niederrheinische Unternehmen. 50 von ihnen in einem Werk, das Lemken Mitte 2010 in Detschino bei Kaluga, 190 Kilometer südwestlich von Moskau eröffnet hat. Bislang boomte das Geschäft. Der russische Landwirtschaftssektor mit seinen riesigen Feldern gierte nach deutschen Produkten. „In den vergangenen Wochen haben wir aber enorm viele Stornierungen von unseren Händlern hereinbekommen“, sagt van der Ley.

Ein Grund: Der Euro hat sich gegenüber dem Rubel um 80% verteuert. Um 20 Mio Euro hat van der Ley nun die Umsatzerwartungen für die Geschäfte mit Russland und der Ukraine in diesem Jahr nach unten korrigiert. Ein ziemlicher Brocken. Der Lemken-Geschäftsführer warnt die Politik vor Schnellschüssen wie Handelssanktionen: „Man muss gut abwägen, welche Konsequenzen das hat.“ Van der Leys Befürchtung: „Die Politiker wissen nicht wirklich, wie hoch die Abhängigkeit vieler deutscher Mittelständler vom Handel mit Russland ist.“