Davos. Tagsüber geht es beim Weltwirtschaftsforum um das Schicksal des Planeten. Nachts steigen in Davos fröhliche Promi-Partys. Und selbst die mächtigsten Bosse stehen artig an der Garderobe an. Teilweise, um dann bei kleinen Häppchen schwerwiegende Entscheidungen zu treffen.
Die zehn Damen sind brünett, gertenschlank und durchweg 1,75 Meter groß. Aserbaidschan hat sie bei einer Zürcher Modellagentur geordert. Nun schmücken sie die Werbeparty des Öl-und Gas-Staates in Davos. Solchen Aufwand haben die Ausrichter des "DLD Focus Nightcap" von Verleger Hubert Burda nicht nötig. Die Burda-Party im Grandhotel Belvédère gilt - ebenso wie die Fete des Internet-Konzerns Google - als eine der prominentesten Sausen beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in den Schweizer Alpen. "Hier will man einfach sehen und gesehen werden", sagt ein Manager aus der Finanzbranche.
Nacht für Nacht laufen während der fast einwöchigen Jahrestagung des WEF im Nobelkurort Davos gut ein Dutzend Partys parallel - vom Promi-Treff in der Grigio Bar im zehnten Stock des nagelneuen Interconti-Hotels bis zur Japan Night mit Sake und Sushi im traditionellen Central Sporthotel. Schweizer Gastronomen schätzen den Gesamtumsatz aller Davoser WEF-Partys auf 40 Millionen Franken (32 Millionen Euro).
An den überfüllten Garderoben stehen Vorstandschefs von Dax-Unternehmen Schlange
Eindrucksvoll ist nicht nur die Rechnungssumme, sondern auch die Riege internationaler Manager, die sich in Davoser Nächten ein Stelldichein gibt - und sei es nur für jeweils 15 Minuten Small Talk zu ein paar Häppchen und Schlückchen. "Was dabei beredet wird, sollte man nicht unterschätzen", sagt der Frankfurter Wirtschaftsanwalt Peter Wand von der Kanzlei Debevoise & Plimpton. "Da werden manchmal Entscheidungen von erheblichem Gewicht vorbereitet. Die Davoser Szene ist quasi wie Speed-Dating für Manager."
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Dabei hält die Partystadt der Bosse für die "Topshots" der Weltwirtschaft auch manche Lehre über das reale Leben bereit: An den fast immer völlig überlasteten Garderoben des Grandhotel Belvédère stehen nicht selten ein halbes Dutzend Vorstandschefs von Dax-Unternehmen Schlange wie alle anderen Partygänger auch.
Die Partys sind ein Fest für Voyeure
"Da lernen die First-Class-Flieger mal, wie es sich bei Check-In für die Holzklasse anfühlt", sagt ein Wirtschaftsstudent, der sich beim WEF als Shuttlebus-Fahrer eine schöne Summe dazuverdient. "Gerechnet an den Gehältern und Boni meiner Fahrgastgäste habe ich wohl ein paar hundert Millionen hin- und hergefahren."
Ein Fest sind Davoser Partynächte auch für Promi-Voyeure, denn die WEF-Jahrestagung zieht stets Hollywood-Größen und Vertreter des Hochadels an. Norwegens Kronprinz Haakon tanzt einfach zu gern, als dass er auf einen Abstecher zu den Partys verzichten möchte. Auch der britische Prinz Andrew wurde gesichtet, der zweite Sohn von Königin Elisabeth II. und Prinz Philip.
Goldie Hawn macht auch mit 68 eine prima Figur - und wirkt so fröhlich wie einst an der Seite von Ingrid Bergman und Walter Matthau in der Hollywood-Komödie "Die Kaktusblüte". In Davos warb sie mittels "Hawn-Party" um ihre Stiftung zur Bereitstellung moderner Unterrichtsmittel für alle Kinder.
Matt Damon ist unangefochtener Star in Davos
Und natürlich Matt Damon. Der "Bourne"-Actionheld ist in diesem Jahr der unangefochtene Star in Davos. Weil er sich für die Wasserversorgung in armen Ländern engagiert, hat ihn das WEF mit seinem Ehrenpreis "Crystal Award" ausgezeichnet. Bei der Party erweist sich der 43-Jährige als "Star zum Anfassen", einfach nett und offenherzig.
Ob er denn seinen Alpenabstecher zum Skisport nutzen wird, möchte ein junger Fan wissen. "Leider nicht", gibt Damon bereitwillig Auskunft. "Erstens habe ich mir kürzlich das Schlüsselbein gebrochen und zweitens sind meine Frau und meine vier Töchter nicht mitgekommen - die wären ganz schön sauer, wenn ich ohne sie Skifahren würde."
Aber es gibt auch Momente voll knisternder Spannung. Bei der Burda-Party etwa, wo sich auch Ex-Vizekanzler Philipp Rösler - inzwischen Manager beim WEF - und Yahoo-Chefin Marissa Mayer reger Aufmerksamkeit erfreuten. Daneben stehen Anshu Jain und Jürgen Fitschen - die beiden Chefs der Deutsche Bank, die gerade einen Milliardenverlust vermeldete - scheinbar bestens gelaunt in einer illustren Runde. Bis ihr Vorgänger Josef Ackermann auftaucht. Dass sein Verhältnis zu Jain nicht das beste ist, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Man nickt sich förmlich-höflich zu. Doch die Stimmung wirkt plötzlich so kühl wie draußen der Davoser Schnee. (dpa)