Frankfurt. Die Deutsche Bank geht gegen Kündigungsklagen von Mitarbeitern in Berufung - und muss die vier Zins-Händler derzeit noch weiter beschäftigen. Mit der neuen Verhandlung riskiert der Konzern, dass weitere pikante Details ans Licht kommen. Diese könnten auch Führungskräfte belasten.

Die Deutsche Bank gibt sich im Arbeitsgerichts-Streit mit vier Zins-Händlern nicht geschlagen. Sie hatte die hochrangigen Mitarbeiter, die mit der Ermittlung des manipulierten Euribor-Interbankenzinssatzes beschäftigt waren, nach dem Urteil des Frankfurter Arbeitsgerichts im September wieder einstellen müssen.

Ein Sprecher bestätigte am Mittwoch einen Bericht des "Handelsblatts", wonach die Bank Berufung vor dem Landesarbeitsgericht einlegen werde. Damit riskiert die Deutsche Bank, dass in dem Verfahren erneut pikante Details ans Licht kommen, die Führungskräfte belasten könnten.

Arbeitsrichterin Annika Gey hatte die Kündigungen als unverhältnismäßig bezeichnet und der Kündigungsschutzklage der Händler stattgegeben. Die Deutsche Bank selbst habe einen ständigen Interessenkonflikt ihrer Mitarbeiter heraufbeschworen.

Klare Regeln lagen nicht vor

Zwar habe es Anhaltspunkte für unzulässige Kommunikation der Mitarbeiter gegeben. Jedoch habe die Deutsche Bank zum Zeitpunkt der Geschäfte keine klaren Regeln oder Kontrollen gehabt: Die selben Händler seien sowohl für den Handel mit Derivaten auf Basis des Euribor als auch für die Meldung der Zinssätze zuständig gewesen, hatte Gey ihre Entscheidung begründet.

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Aufsichtsbehörden in aller Welt werfen großen Banken vor, sich bei der Meldung von Zinssätzen wie Libor und Euribor unerlaubt abgesprochen zu haben, um diese zu ihren Gunsten zu manipulieren. Der Euribor wird durch eine Umfrage unter rund 40 Banken ermittelt. Die Deutsche Bank wirft ihnen vor, sich in diesem Zusammenhang per Chat und E-Mail verbotenerweise auch mit Derivate-Händlern im eigenen Haus ausgetauscht zu haben.

Die Bank warf ihnen "unangemessene Kommunikation" vor

Die vier im Februar entlassenen Mitarbeiter arbeiten nach Auskunft ihres Anwalts derzeit wieder in der Handelssparte der Deutschen Bank. In welchem Bereich sie auf Dauer eingesetzt würden, sei unklar. Die Bank hatte ihnen nicht ausdrücklich vorgeworfen, an den Zinsmanipulationen beteiligt gewesen zu sein, sondern nur von "unangemessener Kommunikation" gesprochen.

"Wir erwarten, dass die Berufung in den nächsten Tagen förmlich zugestellt wird", sagte Arbeitsrechts-Anwalt Peter Rölz. Die Bank hatte zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet. (Az.: 9 Ca 1551/13 bis 9 Ca 1554/13).

Seine Mandanten hatten vor Gericht den ehemaligen Chef des Devisen- und Geld-Handels der Bank, Alan Cloete, belastet. Er habe die internen Untersuchungen des Libor-Falls für beendet erklärt - mit dem Hinweis, dass Investmentbank-Chef Anshu Jain vor seiner Berufung zum Vorstandschefs nicht beschädigt werden solle. Die Deutsche Bank bestreitet diese Aussagen Cloetes. Ob in der Berufungsverhandlung weitere Zeugen geladen werden, ist offen. Die Bank muss dort belegen, dass die Kündigungen doch rechtens waren.

Finanzaufsicht lässt sich Gerichtsakten zuschicken

Auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin beobachtet den Fall intensiv. In der vergangenen Woche habe sie sich Akten aus dem Arbeitsgerichtsprozess kommen lassen, sagte ein Sprecher am Mittwoch. "Wir schauen uns das an. Wir wollen sehen, ob es neue Fakten gibt, die uns interessieren könnten."

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Die BaFin wirft der Deutschen Bank Versäumnisse in der Überwachung der Libor- und Euribor-Meldungen vor, die auf Schätzungen der Marktzinsen beruhen. Gegen ausländische Banken waren in den USA und Großbritannien wegen der Zinsmanipulationen schon Strafen in Milliardenhöhe verhängt worden.

Der Libor ist der Zinssatz, zu dem sich Banken am Finanzplatz London untereinander Geld leihen. Der Euribor ist ein Zinssatz für Geldgeschäfte in der Währung Euro. Von der Entwicklung der Zinssätze hängt eine Vielzahl von Finanzprodukten ab. Dadurch dürften Unternehmen und Verbrauchern erhebliche Kosten entstanden sein.

Der Skandal wurde durch Enthüllungen um die britische Großbank Barclays bekannt. Barclays zahlte Millionensummen, um den Ermittlungen in dem Zusammenhang ein Ende zu setzen. Beim Schweizer Finanzkonzern UBS handelte es sich um einen Milliardenbetrag. Die Royal Bank of Scotland musste eine dreistellige Millionenstrafe akzeptieren. (rtr/dpa/afp)