Düsseldorf. . Die Unzufriedenheit unter Auszubildenden in Deutschland wächst: Der Deutsche Gewerkschaftsbund beklagt unbezahlte Überstunden und einen rauen Umgangston in einigen Branchen. Weil immer weniger Betriebe ausbilden, mahnt Gewerkschaftschef Andreas Meyer-Lauber eine Ausbildungsgarantie in NRW an.

Auf den ersten Blick ist es eine gute Nachricht: Mehr als 71 Prozent der Lehrlinge in NRW-Unternehmen sind mit der Qualität ihrer Ausbildung zufrieden. Dennoch haben sich laut „Ausbildungsreport 2013“ des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) einige Berufe herauskristallisiert, in denen unbezahlte Überstunden, schlechte fachliche Anleitung und ein rauer Umgangston Alltag seien. Während angehende Bankkaufleute, Mechatroniker und Industriekaufleute ihre Ausbildung positiv bewerten, sind Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk, Hotelfachleute und Zahnmedizinische Fachangestellte sehr unzufrieden.

Neben den objektiv überprüfbaren Bedingungen, unter denen Lehrlinge an ihren Beruf herangeführt werden, treibt den DGB die persönliche Einstellung der Jugendlichen zu ihrer Ausbildung um. „Es nützt weder den Jugendlichen noch unserer Wirtschaft, wenn junge Menschen aus Mangel an Plätzen in Berufe gedrängt werden, die sie nicht ausüben möchten“, sagt DGB-Chef Andreas Meyer-Lauber. Schulabgänger sollten flexibel sein, könnten aber nun mal nicht gegen ihre Interessen und Talente eingesetzt werden.

Spürbarer Rückgang der Ausbildungsplätze

Den spürbaren Rückgang der Ausbildungsplätze in NRW in diesem Jahr sehen die Gewerkschaften deshalb mit Sorge: Das Angebot müsse deutlich größer sein als die Nachfrage, damit jeder bei größeren Auswahlmöglichkeiten eine Stelle finden könne, die seinen Neigungen entspreche. Die Abbrecherquote liegt in NRW bei 25 Prozent, was etwa 25 000 vorzeitig aufgelösten Ausbildungsverträgen entspricht. Rund die Hälfte dieser Abbrecher gibt an, die falsche Berufswahl getroffen zu haben.

Auch interessant

Die DGB-Umfrage unter 7500 Azubis hat ergeben, dass es offenbar einen direkten Zusammenhang gibt zwischen der Verwirklichung der ursprünglichen Wunschausbildung und dem späteren erfolgreichen Berufseinstieg. „Ein Abiturient, der Bankkaufmann oder Industriekaufmann werden will, wird verständlicherweise vorerst auf eine Ausbildung verzichten, als stattdessen in der Gastronomie zu lernen“, sagt Eric Schley von der DGB-Jugend NRW.

Das Gesamtangebot, aus dem Schulabgänger wählen können, ist in den vergangenen drei Jahren geschrumpft. Es gebe eine „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ mit Schulabgängern, die problemlos eine Stelle finden, und solchen, die leer ausgehen, so Schley. Nur jeder achte Schulabgänger räumt ein, Probleme bei der Lehrstellensuche zu haben. Aber allein 2013 bekamen 24 000 Interessierte keine Ausbildungsstelle, mehr als 6000 fanden nicht einmal eine Alternative.

Weniger Ausbildungsplätze

Da weniger als ein Viertel der Un­ternehmen überhaupt noch Lehrlinge beschäftigt, fordert DGB-Chef Meyer-Lauber eine verbindliche Ausbildungsquote: „Damit eine solche Maßnahme nicht ins Leere läuft, müssen Sanktionsmechanismen in Form einer regionalen Ausbildungsumlage greifen.“ Meyer-Lauber forderte die Landesregierung auf, die im Koalitionsvertrag fixierte Ausbildungsgarantie „endlich umzusetzen“.

SPD und Grüne hatten 2012 unter der Überschrift „Kein Abschluss ohne Anschluss“ forsch angekündigt: „Hier werden wir die Unternehmen und Kammern in die Pflicht nehmen.“