Stuttgart. Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank war eine Überraschung. Der Leitzins ist noch einmal gesunken: auf 0,25 Prozent. Viele Sparer und Anleger raufen sich die Haare. Gibt es jetzt gar keine lohnenden Renditen mehr?

Viele Anleger und Sparer sind verunsichert: Was
bedeutet die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) vom
Donnerstag (7.11.), den Leitzins auf den historischen Tiefstand von 0,25
Prozent zu senken? Die Aussicht auf Renditen, die die Inflationsrate
deutlich überschreiten oder auch nur ausgleichen, wird jedenfalls
noch weniger realistisch. Niels Nauhauser, Anlageexperte der
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart, gibt Antworten
auf Fragen, die sich nun viele stellen:

Heißt die EZB-Entscheidung, dass die Sparzinsen weiter sinken?

Die Entscheidung hat vor allem Auswirkungen auf die kurzfristigen
Zinsen, zum Beispiel bei Tagesgeld, erklärt Nauhauser. Die
Zinssenkung der EZB bedeute aber nicht, dass die langfristigen Zinsen
sinken. So liege die Umlaufrendite unverändert bei 1,42 Prozent,
betont Nauhauser.

Gibt es überhaupt noch Geldanlagen, die Zinsen über der
Inflationsrate versprechen?

Ja, sagt Nauhauser, zum Beispiel langfristig laufende
Festgeld-Anlagen können die Inflationsrate von 1,5 schlagen. So gibt
es für fünf Jahre Laufzeit bis zu 2,5 Prozent pro Jahr und bei zehn
Jahren Laufzeit 3 Prozent. Wer Geld übrig hat und auch in naher
Zukunft nicht darauf zurückgreifen muss, kann es längerfristig
anlegen und schützt es damit vor Inflationsverlusten.

Was bedeutet die Zinssenkung für Kapital-Lebensversicherungen? Steht
das Geschäftsmodell auf dem Prüfstand?

«Hier waren viele Versicherer der Meinung, Garantien auf zukünftige
Zinsen geben zu können», kritisiert Nauhauser. «Diese heile Welt
funktioniert aber nur dann, wenn die Prognose auch eintritt.» Das sei
in den vergangenen Jahren aber nicht immer der Fall gewesen.

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Versicherer, die auf stetig steigende, hohe Zinsen spekulierten,
machten einen klassischen Planungsfehler, für den Versicherungsnehmer
nicht geradestehen sollten. Hinzu komme, dass diese nicht angemessen
an den Erträgen von Lebensversicherungen beteiligt würden, kritisiert
Nauhauser. Er rät daher davon ab, eine Lebensversicherung als
Kapitalanlage oder Altersvorsorge abzuschließen.

Was bedeutet die Zinssenkung für Immobilien? Steigt die Nachfrage
noch weiter? Sind sie trotzdem eine empfehlenswerte Anlageform?

Der Trend, Geld in Immobilien zu investieren, hält weiter an, da
andere Anlagenformen immer weniger Rendite abwerfen. «Immobilen
schützen Anleger aber nicht sicher vor Inflation», warnt Nauhauser.
Auch dürfe man Kosten, zum Beispiel für Instandhaltung oder Steuern,
dabei nicht vergessen. Und auch auf dem Immobiliensektor können die
Preise fallen. Wer dann zu einem ungünstigen Zeitpunkt verkaufen
müsse, könne sogar Geld verlieren.

Soll ich jetzt Geld in Gold und Edelmetalle anlegen?

Auf Geld, das in Gold gesteckt wird, gibt es keine Zinsen. Der
Goldpreis kann außerdem plötzlich sinken, wie sich gerade in jüngerer
Vergangenheit gezeigt hat. Gold könne aber in Zeiten der Bankenkrise
vor Verlusten schützen, sagt Nauhauser. Sämtliches Geld, das man
investieren möchte, in Gold anzulegen, ist allerdings in jedem Fall
die falsche Strategie. Sein Kapital sollte man immer auf mehrere
Anlageformen verteilen, sagt Nauhauser. Dazu gehöre auch eine
«Goldreserve». (dpa)