Düsseldorf. Fast jeder zehnte Erwachsene in Deutschland ist überschuldet. 6,58 Millionen Menschen sind demnach nicht in der Lage, ihre Zahlungsverpflichtungen in absehbarer Zeit zu begleichen. Menschen im Alter von unter 30 Jahren tappen vor allem durch überzogenen Konsum auf Pump in die Schuldenfalle.
Zinslose Ratenkäufe, der bargeldlose Zahlungsverkehr und das neue Einkaufen per Handy entwickeln sich zunehmend zur größten Verschuldungsfalle. Zu dieser Einschätzung gelangt die Wirtschaftsforschungsgesellschaft „Creditreform“, die am Mittwoch zum elften Mal den nationalen Schuldneratlas vorgelegt hat.
Zwar bleibe Arbeitslosigkeit die Hauptursache für das wirtschaftliche Aus von Verbrauchern, allerdings mit rückläufiger Tendenz. Auffällig sei dagegen, dass immer häufiger übersteigerte Konsumfreude in Zahlungsunfähigkeit münde. Mittlerweile werde jeder dritte Einkauf per Ratenzahlung beglichen. „Das ist ein Einfallstor für die Überschuldung“, sagte Michael Bretz von „Creditreform“. Die Kartenzahlung habe zudem die Hemmschwelle insbesondere bei bildungsfernen Schichten gesenkt.
Immer mehr überschuldete Jugendliche
Der sogenannte „Kompensationskonsum“ und unbedachte „Spaßkäufe“ entwickelten sich zum handfesten Problem. Dieser Trend könne sich mit Bezahlmodellen per Handy beschleunigen: „Ich rechne damit, dass wir den Einfluss spüren werden“, sagt Siebo Woydt von „Creditreform“. Der Anteil der völlig überschuldeten Jugendlichen unter 20 Jahren ist seit 2004 bereits um knapp zehn Prozent gestiegen.
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Verbraucherschützer mahnen deshalb, die eigenen Einnahmen und Ausgaben besser im Blick zu haben. Wer mit Bargeld bezahle, behalte auch seine Finanzen besser im Griff. Konsumenten, die einen Kredit aufnehmen wollen, raten die Experten der Verbraucherzentrale NRW, vorher das Haushaltseinkommen genau zu überprüfen.
6,5 Millionen überschuldete Privatpersonen
„Kann ich mir das überhaupt leisten? Diese Frage muss ich mir immer erst stellen“, sagt Schuldenexperte Frank Lackmann. Das gelte vor allem bei reinen Konsum-Anschaffungen. Wer unbedingt einen neuen Fernseher haben wolle, solle das Geld lieber privat zurücklegen und den Kauf später in bar tätigen, so Lackmann.
In Deutschland gibt es 6,5 Millionen überschuldete Privatpersonen (9,8 Prozent), die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können. Durchschnittlich stehen sie mit 33 500 Euro in der Kreide.
Unter den zehn größten deutschen Städten mit überdurchschnittlichen hohen Schuldnerquoten finden sich mit Duisburg, Dortmund, Essen und Düsseldorf gleich vier NRW-Vertreter.
Trotz der guten Wirtschaftslage bleibt die Rhein-Ruhr-Region ein Brennpunkt der privaten Überschuldung. Duisburg (15,36 Prozent), Dortmund (14,01) und Essen (12,80) gehören mit Berlin und Leipzig zu den fünf größten deutschen Städten mit der höchsten Schuldnerquote – Tendenz sogar steigend. Die bundesweite Durchschnittsquote liegt bei 9,81 Prozent und bleibt damit auch 2013 auf hohem Niveau. „Der Westen entwickelt sich zum Sorgenkind der Verschuldung“, sagt Siebo Woydt von der Wirtschaftsforschungsgesellschaft „Creditreform“, die zum elften Mal einen nationalen Schuldneratlas erstellt hat.
Wo leben die meisten Schuldner?
Deutsche Schuldnerhauptstadt ist zwar Bremerhaven, wo bereits jeder fünfte Bürger seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Beim NRW-Verschuldungsspitzenreiter Wuppertal (17,89 Prozent), in Gelsenkirchen (16,23), Hagen (14,92) oder Oberhausen (13,53) sieht es jedoch ebenfalls düster aus.
Selbst Düsseldorf mit einer hohen Schuldnerquote von 12,47 Prozent ist ein Beispiel dafür, dass auch in einer reichen Stadt viele Menschen mittellos sein können. Das hängt gewiss auch damit zusammen, dass Zahlungsunfähigkeit ein Phänomen von Ballungsräumen bleibt.
Die niedrigsten Schuldnerquoten weisen eher ländliche Gegenden in Bayern und Baden-Württemberg auf. Zudem ist Arbeitslosigkeit weiterhin Hauptursache, wenn Menschen in finanzielle Schieflage geraten.