Bei wenigen Themen sind sich Union und SPD in ihren Koalitionsverhandlungen so nah wie bei der Rente. Beide wollen Verbesserungen für Mütter, Kranke und arme Rentner, beide wollen viele Milliarden dafür ausgeben. Was sie vorhaben, was das kostet und wie sie es bezahlen wollen.

Mütter von Kindern, die vor 1992 geboren wurden, sollen mehr Rente für die Erziehung erhalten – je Kind einen Entgeltpunkt oder rund 28 Euro monatlich. Damit soll die Benachteiligung gegenüber Müttern von nach 1992 geborenen Kindern gemildert werden. Beseitigt würde sie aber nicht, für die älteren Mütter gäbe es dann zwei statt einen Entgeltpunkt je Kind, für die jüngeren drei.

Kosten: Rund 6,5 Milliarden Euro jährlich ab 2014.

Finanzierung: Die Union will das aus den Rücklagen der Rentenversicherung bezahlen. Damit wäre die rechnerisch mögliche Senkung der Rentenbeiträge ab Januar 2014 von 18,9 auf 18,3 Prozent komplett hinfällig. Für die 6,5 Milliarden würden exakt diese 0,6 Prozentpunkte benötigt, womöglich sogar ein Zehntel mehr.

Sowohl die Arbeitgeber- als auch die Gewerkschaftsseite innerhalb der Rentenversicherung wehrt sich gegen den Griff in ihre Kasse. Denn die Mütterrente ist eine sogenannte versicherungsfremde Leistung, also eine, für die keine Beiträge eingezahlt wurden. Solche gesellschaftlich gewünschten, aber nicht durch die Versicherung gedeckten Leistungen müssten von der gesamten Gesellschaft, also aus Steuermitteln fi

nanziert werden.

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Die rot-grüne Regierung Schröder hat 2001 den Kreis der teils oder ganz arbeitsunfähigen Rentner auf frühere Sozialhilfeempfänger ausgeweitet, aber die Leistungen gekappt. Sie müssen bei früherem Renteneintritt Kürzungen um bis zu 10,8 Prozent hinnehmen.

Das will die SPD rückgängig machen, die Union will kranken Frührentnern mit einer Höherbewertung ihrer Einkommen helfen. Denn bereits heute sind erwerbsgeminderte Rentner fünfmal so oft aufs Sozialamt angewiesen wie „normale“ Rentner. Durchschnittlich würden sie durch die Reform 45 Euro im Monat mehr erhalten.

Kosten: Weil vor allem künftige Rentner profitieren, starten die Kosten im dreistelligen Millionenbereich, wachsen aber laut Rentenversicherung bis 2030 auf insgesamt 6,5 Milliarden Euro an.

Finanzierung: Weil diesen Leistungen gezahlte Beiträge zugrunde liegen würden, auch wenn sie zum Teil aufgewertet würden, wären sie von der Rentenversicherung zu tragen. Der Beitragssatz müsste zunächst kaum, bis 2030 aber um 0,7 Prozentpunkte steigen.

Die von der Union „Lebensleistungs-“ und der SPD „Solidar-“ genannten Mindestrenten sehen beide 850 Euro für Rentner vor, die ansonsten aufs Sozialamt angewiesen wären. Bei der Union sind die Zugangshürden mit 45 Versicherungs- und 35 Beitragsjahren höher als bei der SPD (40/30 Jahre). Zudem sind sie an private Zusatzvorsorge und Bedürftigkeit geknüpft. Letzteres, damit nicht Rentner, die durch ihre Vermögen oder das Partnereinkommen genügend Geld zur Verfügung haben, eine für Arme gedachte Sozialleistung erhalten.

Kosten: Entsprechend unterschiedlich wären die Kosten. Beim SPD-Modell würden sie von anfänglich 1,5 Milliarden auf bis zu 15 Milliarden Euro im Jahr 2030 steigen, bei der Union nur auf 3,6 Milliarden.

Finanzierung: Die SPD will ihre Solidarrente aus Steuern finanzieren. Die wollte sie bekanntlich erhöhen, was aber vom Tisch scheint. Die Union plant eine Mischfinanzierung, sie will auch hier auf die Beitragsmittel der Rentenversicherung zugreifen. Zudem sollen deren Zahlungen an die Knappschaft angezapft werden, die das Ende des Steinkohlebergbaus abfedern sollen. Beides wird von der Rentenversicherung scharf kritisiert, weil diese Sozialleistungen versicherungsfremd wären und die Knappschaft die zusätzlichen Mittel für die Bergleute benötige.

Wer 45 Jahre gearbeitet hat, soll bereits mit 63 abschlagsfrei in Rente gehen können. So will es die SPD und damit die von ihrer Basis ungeliebte Rente mit 67 zumindest für Menschen, die sehr lange gearbeitet haben, abmildern.

Kosten: Wie bei jeder Regelung, die nur für Neurentner gilt, sind sie zunächst niedrig, steigen aber laut Rentenversicherung bis 2030 auf rund 3,5 bis 4,5 Milliarden Euro jährlich an.

Finanzierung: Müsste aus der Rentenversicherung erfolgen, die Leistungen wären nicht versicherungsfremd. Kritisiert werden die Pläne dennoch, da vor allem Menschen profitieren würden, deren Renten ohnehin deutlich über dem Durchschnitt liegen.