Essen. . Real-Chef Didier Fleury im Interview: Die SB-Warenhauskette will in den nächsten Jahren 500 Millionen Euro in die Modernisierung ihrer Filialen in Deutschland stecken. Eine Vorzeigefiliale ist in Essen-Altendorf entstanden. Pläne hat Real auch für „Drive-In-Supermärkte“.

Die SB-Warenhauskette Real will ihr Filialnetz modernisieren. Der Anfang wird in Essen gemacht. Im Stadtteil Altendorf ist eine Vorzeigefiliale entstanden, die nun eröffnet wird. Was Real-Chef Didier Fleury in Deutschland plant, sagt er im Gespräch mit Ulf Meinke.

Herr Fleury, wie viele der 310 Filialen von Real in Deutschland sind so, wie sie sein sollten?

Fleury: Ein Drittel der Standorte ist erst kürzlich renoviert worden und befindet sich auf dem aktuellen Stand. Ein weiteres Drittel steht recht gut da, hier sind lediglich kleinere Modernisierungen geplant – zum Beispiel der Umbau einzelner Abteilungen. In diesen Häusern geht es um Investitionen im Volumen von jeweils zwei oder drei Millionen Euro. Ein weiteres Drittel unserer Filialen wollen wir komplett anpacken. Insgesamt wollen wir in den nächsten drei bis vier Jahren rund 500 Millionen Euro in die Zukunftsfähigkeit Reals investieren. Dazu gehören aber nicht nur Investitionen in das Filialnetz, sondern auch Marketingausgaben sowie Investitionen in weitere Geschäftsfelder, zum Beispiel in Online-Aktivitäten. Diese Modernisierung ist essenziell für Real.

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In der Stadt Essen wird ein in die Jahre gekommener Real-Supermarkt geschlossen, um in direkter Nachbarschaft eine moderne Filiale zu eröffnen. Hat dieser Schritt bundesweit Vorbildcharakter für das Unternehmen?

Fleury: Der Neubau in Essen ist derzeit unser bundesweit größtes Projekt und steht für die nächste Generation unserer Real-Märkte. In Essen können unsere Kunden einen Eindruck davon bekommen, wie wir uns Real in Zukunft vorstellen. Die futuristische Fassade soll neugierig machen. Das Dach des Marktes ist großflächig begrünt – eine natürliche Dämmung, die Heizkosten spart und dem Klimaschutz dient. Das Warenangebot ist dabei vor allem auf die Kundenstruktur in Essen-Altendorf zugeschnitten. Außerdem haben wir unsere Zusammenarbeit mit regionalen Lieferanten intensiviert.

Real galt lange Zeit als Sanierungsfall. Ist das Vergangenheit?

Fleury: Real ist weit davon entfernt, ein Sanierungsfall zu sein. Wir sind auf einem sehr guten Weg.

Konkreter bitte.

Fleury: Wir haben angekündigt, dass wir vor Zinsen und Steuern eine Gewinnmarge von zwei Prozent erreichen wollen. Wir sind zuversichtlich, in den nächsten Jahren dieses Ziel zu erreichen.

Eine ganze Weile lang Stand Real auf der Verkaufsliste der Düsseldorfer Konzernmutter Metro. Wird Real auch in drei oder vier Jahren noch zur Metro AG gehören?

Fleury: Diese Frage kann nur durch die Metro AG selbst beantwortet werden. Für uns ist es jedoch gut zu wissen, dass wir für unsere neue Strategie die volle Rückendeckung unserer Eigentümer haben und es keine Fragezeichen mehr hinter Real gibt.

Real zählt derzeit etwa 38.000 Mitarbeiter in Deutschland. Wie wird sich die Zahl der Beschäftigten entwickeln?

Fleury: Das hängt entscheidend davon ab, wie sich unser Geschäft entwickelt. Derzeit ist unser Umsatz stabil. Ähnlich verhält es sich auch mit der Zahl unserer Mitarbeiter.

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Das deutsche Einzelhandelsgeschäft gilt als hart. Was macht Sie eigentlich so zuversichtlich, wenn es um das künftige Geschäft geht?

Fleury: Wir haben unsere Managementstruktur schlanker gemacht, um Entscheidungsprozesse zu beschleunigen. Das sorgt insbesondere für mehr Unternehmerkultur in den Filialen. Unsere Filialleiter haben zusätzliche Freiheiten, aber auch mehr Verantwortung bekommen, um ganz konkret die Bedürfnisse der Kunden vor Ort zu bedienen. Und wir freuen uns, die ersten Erfolge sehen zu können. Ich bin wirklich stolz darauf, was das gesamte Team in den letzten Monaten geleistet hat.

Jetzt entscheiden häufiger die Filialleiter vor Ort und seltener die Verantwortlichen in der Firmenzentrale?

Fleury: Ja. Eine Folge ist, dass viel mehr Lieferanten aus der Region zum Einsatz kommen. Was wir in München oder Bremen anbieten, unterscheidet sich um Teil deutlich von unserem Warenangebot in Dortmund, Hagen oder Duisburg. Seit Jahresbeginn zählen wir mehr als 600 neue lokale und regionale Lieferanten. Für Essen und das Ruhrgebiet zum Beispiel lautet das Motto: Nur das Beste aus dem Ruhrpott.

Wollen Sie auch mehr Bio-Produkte ins Sortiment nehmen?

Fleury: Wir gehen daher davon aus, dass auch in Zukunft das Bio-Segment weiter wächst. Mit rund 900 Bioprodukten sind wir aber bereits jetzt gut positioniert..Wir stellen darüber hinaus fest, dass auch die Nachfrage nach laktose- und glutenfreien Lebensmitteln deutlich steigt. Darauf reagieren wir und erweitern unser Sortiment. Wir sind bereits heute eines der Unternehmen mit dem größten Angebot in diesem Bereich.

Die deutschen Verbraucher gelten als besonders preissensibel.

Fleury: Das stimmt. Viel wird über den Preis entschieden, aber nicht alles. Nehmen Sie unsere Eigenmarke Tip: In dieser Produktkategorie bewegen wir uns auf dem Preisniveau der Discounter. Aber wir belassen es nicht dabei. Uns geht es darum, dass die Kunden vom Discount- bis zum Premium-Sortiment alles unter einem Dach finden. Als Händler mit einem Gesamtsortiment von mehr als 80.000 Artikeln ist es für uns jedoch ungleich schwerer zu vermitteln, dass wir in allen Kategorien ein gutes Preis-Leistungsverhältnis liefern.

Der Online-Handel verzeichnet generell rasante Zuwächse.

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Fleury: Für uns wird das Online-Geschäft immer wichtiger. Schon jetzt besuchen jeden Monat im Schnitt etwa vier Millionen Menschen unsere Internetseite. In unserem Onlineshop bieten wir bereits heute mehr als 10.000 Nonfood-Produkte an. Wir erhoffen uns viel vom Online-Geschäft und haben den Bereich neu organisiert.

Wie genau?

Fleury: Wir kümmern uns jetzt selbst um die Logistik. Eine wichtige Veränderung ist, dass wir mittlerweile bundesweit vier sogenannte Master-Stores haben. Von diesen Standorten aus beliefern wir bundesweit unsere Kunden. Neben Berlin, Böblingen und Göttingen gehört auch Bochum-Wattenscheid zu unseren wichtigen Drehkreuzen.

Aber Lebensmittel lassen sich in Deutschland nur wenige Menschen bis vor die Haustür liefern. Wird sich das in Zukunft ändern? Sie testen in Köln und Hannover „Drive-In-Supermärkte“. Kunden können im Internet die Waren auswählen und kurze Zeit später praktisch im Vorbeifahren abholen. Wird es weitere Märkte nach diesem Vorbild geben?

Fleury: Wir werden im nächsten Jahr entscheiden, ob wir das Konzept auf weitere Städte in Deutschland ausweiten. Die bisherigen Erfahrungen stimmen uns sehr zuversichtlich, dieses Angebot auch in anderen Metropolregionen in Deutschland anzubieten. Unser Anspruch ist, unsere Kunden damit zu überzeugen, dass wir im Markt wie online das beste Angebot bieten.