Essen. . Weniger Geld für Windparks, millionenschwere Spezialschiffe werden verkauft, auch Stellenabbau steht an: Die RWE-Ökostromsparte muss sparen. Hans Bünting, der Chef von RWE Innogy, verteidigt den Kurs. Im Interview sagt er, was er künftig anders und besser machen will.
Die Ökostrom-Sparte des Energiekonzerns RWE muss mit weniger Geld und einer kleineren Belegschaft auskommen. Der Sparkurs trifft auch die Zukunftssparte. Hans Bünting, Chef von RWE Innogy, sagt, was er in Zukunft anders machen will.
Künftig fließt weniger Geld für Investitionen in Windparks, millionenschwere Spezialschiffe für Ökostrom-Projekte auf hoher See stehen zum Verkauf – ausgerechnet die Zukunftssparte Innogy soll sparen. Sieht so die Energiewende bei RWE aus?
Hans Bünting: Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist im Konzern im vergangenen Jahr um 41 Prozent auf 12,4 Milliarden Kilowattstunden gestiegen. Wir investieren auch in Zukunft viel Geld in die Energiewende – eine Milliarde Euro allein für die Erneuerbaren in diesem Jahr. Danach wird es weniger sein, wie bei allen anderen Sparten des Konzerns auch. Der Schuldenabbau hat eine sehr hohe Priorität. Dieser Herausforderung stellen wir uns.
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Aber ist es richtig, gerade bei hoffnungsvollen Projekten den Rotstift anzusetzen?
Bünting: Wir schauen sehr genau, wo wir effizienter werden können, um weiterhin in die Erneuerbaren zu investieren. Ein Beispiel ist, dass wir uns von unserer Offshore-Logistiksparte mit zwei Schiffen zum Bau von Offshore-Windparks trennen wollen. Die Sparte ist bei Unternehmen, die sich auf dieses Geschäft spezialisiert haben, in besseren Händen. RWE ist schließlich kein Logistikkonzern. Wir konzentrieren uns künftig stärker darauf, als Investor Windkraftanlagen bauen zu lassen und zu betreiben.
RWE hat die zwei Spezialschiffe doch erst vor wenigen Jahren für rund 200 Millionen Euro angeschafft. War die Investition ein Fehler?
Bünting: Zum damaligen Zeitpunkt hat es noch nicht genügend Schiffe mit entsprechender Ausrüstung gegeben. Das ist mittlerweile anders. Allein der Essener Konzern Hochtief verfügt nun über mehrere Spezialschiffe, und es gibt weitere namhafte Anbieter.
Im RWE-Konzern sollen tausende Stellen wegfallen. Wie stark trifft der Personalabbau die Sparte Innogy mit ihren weltweit rund 1500 Beschäftigten?
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Bünting: Auch wir werden mit weniger Mitarbeitern auskommen müssen. Im Vordergrund steht aber nicht der Stellenabbau, sondern eine Reduzierung unserer Kosten. Beim Bau von Windparks auf hoher See hat RWE Lehrgeld zahlen müssen, zum Beispiel beim Projekt „Nordsee Ost“ mit 48 Windrädern vor der Insel Helgoland.
Durch Verzögerungen beim Netzanschluss sind die Kosten deutlich gestiegen.
Bünting: Wir haben viel gelernt in den vergangenen Jahren. Denn Offshore-Wind ist eine noch sehr junge Technologie. Fehler der Vergangenheit werden in Zukunft nicht mehr passieren. Wir gehen davon aus, dass „Nordsee Ost“ in der zweiten Jahreshälfte 2014 ans Netz geht und Anfang 2015 voll im Saft stehen wird.
Was wollen Sie denn künftig anders machen?
Bünting: „Thornton Bank“, Belgiens größter Offshore-Windpark, an dem wir beteiligt sind, zeigt, was zum Erfolg führen kann. Er ist wegweisend für uns, wenn wir nun die Grundlage für unser Offshore-Projekt „Nordsee One“ legen. 40 Kilometer vor der Insel Juist wollen wir in drei Phasen einen Windpark mit der Leistung von insgesamt 1000 Megawatt errichten. Während wir bei „Nordsee Ost“ noch 100-Prozent-Eigentümer sind, wollen wir uns bei Nordsee One – der ersten Phase – auf rund 25 Prozent beschränken und Partner mit ins Boot holen – andere Energieunternehmen oder Stadtwerke, Finanzinvestoren und Banken. Uns geht es darum, das Risiko einzelner Projekte zu begrenzen.
Wann soll der Windpark „Nordsee One“ ans Netz gehen?
Bünting: Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres soll das Konsortium beisammen sein. Anfang 2014 könnte die Entscheidung für den Bau fallen.
Wer garantiert Ihnen, dass es bei diesem Projekt nicht ähnliche Probleme beim Netzanschluss gibt wie bei Riffgat vor Borkum?
Bünting: Wir gehen davon aus, dass der Netzanschluss Dolwin2 bis zur voraussichtlichen Inbetriebnahme von Nordsee One fertiggestellt sein wird. Die dafür benötigte Konverterstation wird ja bereits gebaut. Das Vorgehen lautet also: Zuerst das Netz und dann die Windräder – und nicht umgekehrt.
Warum setzt RWE eigentlich auf derart komplexe Großprojekte auf hoher See? In Großbritannien entstehen Offshore-Windparks, die sich viel näher an der Küste befinden.
Bünting: Wir können und wollen natürlich nicht im Naturschutzgebiet Wattenmeer bauen. Richtig ist aber auch, dass es in Deutschland eine gewisse Abneigung gegen Windräder in Strandnähe gibt. Das erhöht natürlich die Komplexität der Projekte. Ein großer Vorteil von Offshore-Windparks ist allerdings, dass die Anlagen praktisch Grundlaststrom liefern, da sich die Räder nahezu rund um die Uhr drehen. Das erhöht die Versorgungssicherheit in Deutschland.
Stichwort Windräder an Land: Wie sehr bremst RWE, dass die Flugsicherung regelmäßig den Bau von Windrädern blockiert, da Radaranlagen gestört werden?
Bünting: Das Problem gibt es in der Branche in der Tat, auch bei uns. Radaranlagen müssen zum Teil umgerüstet werden. An dieser Stelle könnte die Bundesregierung helfen und den Prozess beschleunigen. Es sollte nicht sein, dass der Ausbau der Windenergie wegen eines relativ einfach zu lösenden Themas blockiert wird.
Was erhoffen Sie sich noch von der neuen Bundesregierung?
Bünting: Derzeit ist noch völlig unklar, wie die Förderung von Offshore-Windkraft ab dem Jahr 2017 aussehen wird. Wir brauchen als Branche schnell Planungssicherheit. Sollte die Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz deutlich sinken, wären neue Windparks auf hoher See nicht mehr rentabel. Das sorgt für große Verunsicherung in der Industrie und bedroht künftige Investitionen. Wird allerdings weniger investiert, können sich mittelfristig auch keine Kostensenkungen bei dieser jungen Technologie einstellen. Das ist ein Teufelskreis. Um Projekte auf den Weg zu bringen, die in drei oder vier Jahren realisiert sein sollen, benötigen wir daher sehr schnell Klarheit.