Dortmund. . Ging es früher um Olympia oder die Weltausstellung, stehen heute wissenschaftlich-technische Themen im Fokus: Energie, Werkstoffe, Logistik. Der Initiativkreis Ruhrgebiet hat Bilanz gezogen über die Erwartungen, die das Strategiepapier „Ruhr 2030“ vor sechs Jahren formuliert hat.
Die Kanzlerin reiste zur Zeche Zollverein. Das Ruhrgebiet träumte von den Olympischen Spielen, von einer Weltausstellung und einem neuen Großflughafen. Wir schreiben das Jahr 2007. Es war eine Zeit der Visionen – und so manche Idee, die entstand, ist mittlerweile längst in der Schublade verschwunden. Doch einige Ziele sind geblieben und wirken so aktuell wie eh und je.
Es war der Initiativkreis Ruhr (IR), ein Zusammenschluss von rund 70 großen Unternehmen, der die Diskussion über die Zukunft des Reviers vorantrieb. Das entscheidende Strategiepapier, das den Titel „Ruhr 2030“ trägt, widmete sich vor allem den Themen Gründergeist, Innovationen und Bildung. Als Schwerpunktbranchen für die Zukunft identifizierte der Initiativkreis im Oktober 2007 die Bereiche Energie, Werkstoffe und Logistik – gewissermaßen in der Erbfolge zu den traditionellen Revierindustrien Kohle, Stahl und Transport. „Das Ruhrgebiet muss sich für den globalen Wettbewerb rüsten mit London, Schanghai oder Paris“, formulierte der damalige Initiativkreis-Moderator Werner Müller auf Zollverein in Anwesenheit von Kanzlerin Angela Merkel.
Konzept namens „Ruhr 2030“
Sechs Jahre nach der Veröffentlichung des Konzepts „Ruhr 2030“ wagt der Initiativkreis eine Bestandsaufnahme. Was wurde erreicht? Stimmt die Strategie noch? Diesmal ist der Schauplatz nicht die Essener Zeche, sondern das Dortmunder U – früher Stammsitz der Union-Brauerei, heute ein Zentrum für Kunst und Kreativität.
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Der Initiativkreis Ruhr verweist auf eine Vielzahl von Projekten, die in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht worden sind: In Bottrop läuft der Umbau der Stadt zu einer besonders energieeffizienten Kommune. In Bochum hat sich das Materialforschungsinstitut ICAMS angesiedelt. In Essen gibt es mittlerweile eine Internationale Schule. Der IT-Gipfel fand erstmals im Revier statt, im renommierten Spitzencluster-Wettbewerb des Forschungsministeriums konnte sich Anfang 2010 das Logistiknetzwerk aus dem Ruhrgebiet gegen andere Regionen durchsetzen. Die TU Dortmund hat Deutschlands ersten „Logistik-Campus“ eröffnet. Hinzu kommen viele kleinere Vorhaben, zum Beispiel Deutschlands energieeffizienteste Tankstelle, ein Projekt von Aral in Bottrop.
Unterstützung der Landesregierung sicher
Verstärkt will der Initiativkreis auf das Thema Bildung setzen. Er hat daher die Initiative „Talentmetropole Ruhr“ gestartet. Im Internet entsteht eine Informationsplattform für Talente und Förderer aus der Region („Talentmonitor Ruhr“). Angedacht sind neben Karrieremessen auch neue Stipendien- und Mentorenprogramme.
Der Unterstützung der NRW-Landesregierung kann sich der Initiativkreis offenbar sicher sein. Mit „Ruhr 2030“ habe der Initiativkreis das Ruhrgebiet „zum Pionierland gemacht“, sagte NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin.
Angesichts der schwierigen Situation in den wichtigen Branchen Stahl und Energie will der Initiativkreis bewusst positive Impulse setzen. Die Krise von Thyssen-Krupp, die geplante Schließung des Opel-Werks in Bochum und die schwierige Situation für die großen Stromkonzerne Eon und RWE belasten auch das Image der Region. Initiativkreis-Moderator Bodo Hombach verweist dagegen auf die Ansiedlung der Logistikzentren für die Autobauer Audi und VW im Duisburger Hafen. „Die Automobil-Logistik ist ein exzellentes Beispiel dafür, dass Industrie und Logistik zusammengehören“, sagt er.
Bedeutung der Industrie betont
Während Unternehmensberater dem Ruhrgebiet in den 90er-Jahren Probleme prophezeiten, weil an der Ruhr keine einzige große Investmentbank ihren Sitz hat, wird heute die Bedeutung der Industrie betont. „In Zeiten globaler Finanzkrisen hat sich unser Industriestandort Ruhr robust behauptet“, betont Evonik-Chef Klaus Engel, der bald an die Spitze des Initiativkreises rücken wird. Im Oktober steht der Wechsel an. Auf IR-Moderator Hombach und Co-Moderator Erich Staake folgen Klaus Engel und Signal-Iduna-Aufsichtsratschef Reinhold Schulte.
Von Olympia oder einem neuen Großflughafen ist jedenfalls heute keine Rede mehr im Ruhrgebiet. Stattdessen geht es um „Leitthemen“, „Kompetenzfelder“ oder die „Vernetzung industrieller Kerne“. Visionen will der Initiativkreis Ruhr auch künftig formulieren, allerdings hören sie sich deutlich wissenschaftlich-technischer an als in der Vergangenheit.