Berlin. Lebensmittelhersteller können gentechnik-freie Ware nicht mehr garantieren. Das Verbrauchermagazin Öko-Test hat in Nuss-Nougat-Cremes und Senf Spuren von genmanipuliertem Soja und Raps gefunden. Auf dem langen Weg vom Feld auf den Teller kommt es an vielen Stellen zu Verunreinigungen.
Die Gentechnik hat auf Schleichwegen Einzug in den Lebensmittelhandel gehalten. „Auf dem langen Weg vom Feld auf den Teller kommt es an zahllosen Stellen zu Verunreinigungen, die eigentlich niemand haben wollte”, stellt das Verbrauchermagazin Öko-Test in seiner neuesten Ausgabe fest.
Das Blatt hat die Qualität von Schokoaufstrichen und Senf unter die Lupe genommen und dabei auch nach gentechnisch veränderten Zutaten gesucht. Tatsächlich wurden die Tester fündig. Fünf Senfsorten und zwei Nuss-Nougat-Cremes wiesen Spuren von manipuliertem Raps oder Soja auf. Darunter befinden sich bekannte Marken wie Löwensenf Extra oder Nusspli von Zentis, aber auch Produkte von Aldi Nord und Lidl.
Hersteller können Testergebnis nicht erklären
Dabei wollen die Hersteller gar keine Gentechnik in ihren Produkten. Zentis vermutet eine nicht mehr nachvollziehbare Verunreinigung in der Lieferkette. „Eine genauere Aufklärung war uns nicht möglich”, bedauert das Unternehmen. Das für die Creme benötigte Sojalecithin werde von namhaften Herstellern bezogen, die eine gentechnikfreie Ware garantierten.
Auch andere Hersteller können die Testergebnisse nicht erklären. Lidl verweist ebenfalls auf eine einwandfreie Kontrolle der Lieferkette.
Öko-Test glaubt an absichtliche Beimischung
Die Experten von Öko-Test glauben auch nicht an eine absichtliche Beimischung der von den Verbrauchern mehrheitlich abgelehnten Zutaten. Vielmehr halten sie die Verbreitung der Genpollen in der Landwirtschaft für unkontrollierbar. „Einmal angebaut, ist die Ausbreitung des künstlich veränderten Gen-Materials nicht mehr zu stoppen”, warnt der Chefredakteur des Magazins, Jürgen Stellpflug.
Beim Senf ist eine mögliche Erklärung schnell gefunden. Senf und Raps sind botanische Paare, die sich gern kreuzen. So kann bei der Ernte von Senfkörnern unbemerkt Gen-Raps mitgenommen werden. Gegen die Verunreinigungen ist die Industrie machtlos.
Der aktuelle Test bestätigt vorangegangene Untersuchungen. Baden-Württembergs Lebensmittelkontrolleure fanden bei jeder dritten Sojaprobe gentechnisch verändertes Material. Öko-Test hatte zuvor bereits in Babynahrung, Maischips Schokolade und Knabbergebäck ungewollte Zutaten entdeckt. Gentechnik in den Lebensmitteln muss keine Qualitätseinbuße oder gar ein gesundheitliches Risiko bedeuten. „Etwa bei Futtermitteln wird zunehmend Gentechnik eingesetzt. Es gibt Anträge auf Zulassung von Futtermitteln in Brüssel. Es sind keine Risiken zu erwarten”, sagt ein Sprecher des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).
Doch Konsumenten lassen manipulierte Nahrungsmittel links liegen. Wenn auf der Packung etwas von Gentechnik steht, verkauft sich das Produkt nicht. Die Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Nahrungsmittel wiegt die Kunden in einer trügerischen Sicherheit. Denn dass nichts darauf steht, heißt nicht, dass auch nichts drin ist.
Erst wenn bei einer Zutat, zum Beispiel Soja, mehr als 0,9 Prozent aus Genmaterial besteht, muss dies auf der Verpackung deklariert werden. Wurden Zusatzstoffe, Enzyme oder Vitamine gentechnisch erzeugt, muss dies nicht angegeben werden. Auch in der Fleischproduktion sind die Kennzeichnungspflichten locker. So gelten Tiere als gentechnikfrei gezüchtet, wenn sie in gewissen Zeiträumen vor der Schlachtung nicht mit gentechnisch veränderten Futtermitteln aufgepäppelt wurden.