Nürnberg. Langzeitarbeitslose fallen auch bei der offiziellen Jobvermittlung allzu oft durch den Rost, sagt der Bundesrechnungshof. Die Mitarbeiter der Arbeitsagentur konzentrierten sich auf diejenigen, die einfacher zu vermitteln sind - das will die Bundesagentur für Arbeit jetzt ändern..
Es ist eine grell-bunte Deutschlandkarte, die einem örtlichen Arbeitsagentur-Chef schon mal den Schweiß auf die Stirn treibt. Violett steht dort für Regionen mit "günstiger Arbeitsmarktlage", Hellblau für solche mit einer "hohen saisonalen Dynamik" und die Farbe Gelb lässt keinen Zweifel: Hier finden Jobvermittler ausgesprochen schwierige Arbeitsmarktbedingungen vor. "Typisierung von Arbeitsamtsbezirken" nennt sich das System im Bundesagentur-Jargon, bei dessen Präsentation BA-Controller gerne ins Schwärmen geraten.
Die bunten Deutschlandkarten machen selbst Unbedarften auf den ersten Blick klar, welche Agenturbezirke von ihrer Struktur her vergleichbar sind. Was aber für die Agenturchefs entscheidend ist: Mit der Einführung war auf einmal war für alle in der Bundesagentur sichtbar, wer etwa von den eher ländlich strukturierten Agenturbezirken bei der Vermittlung von Arbeitslosen das Schlusslicht bildet - für die betroffen Agenturchefs keine gute Grundlage für eine BA-Karriere.
Steuerungssystem mit "Fehlanreizen"
Mehr Effizienz, eine bessere Vergleichbarkeit, Leistungskontrolle, und ein System, bei dem Schwächere von den Stärkeren lernen sollen - mit diesen Prinzipien war einst Frank-Jürgen Weise in den Vorstand der damaligen Bundesanstalt für Arbeit gekommen. Mit dem späteren Wechsel an die Vorstandspitze der heutigen Bundesagentur ließ er das System perfektionieren.
Jetzt musste der BA-Manager einräumen: Das von Fachleuten viel gepriesene Steuerungssystem hat nicht nur frischen Wind in die Agentur-Amtsstuben gebracht, sondern auch zu "Fehlanreizen" geführt. Dies hatte der Bundesrechnungshof in einem am Wochenende vom "Spiegel" veröffentlichten Prüfbericht offengelegt. Schon machte in den Medien der Vorwurf der "Statistik-Manipulation" die Runde, manche sprachen von einem zweiten "Vermittlungsskandal".
Entsprechend sensibel reagierte die Bundesagentur am Wochenende. Weise bemühte sich denn auch klar zu machen, dass von einer "Manipulation" der Vermittlungsstatistik keine Rede sein könne. Dabei weiß er selbst den Hauptpersonalratsvorsitzenden Eberhard Einsiedler hinter sich: "Dass da einiges schief gelaufen ist, ist unstrittig. Aber von Manipulation kann man nicht sprechen", betont Einsiedler. Allerdings räumt er ein: Wenn jemand unter Druck stehe, mehr Jobsucher vermitteln zu müssen, neigten manche BA-Mitarbeiter dazu, die leichteren Fälle auszuwählen.
Druck nach unten durchgereicht
In Bundesagentur-Kreisen vermutet man hinter den "Fehlanreizen" in den Arbeitsagenturen eher ein Führungsproblem. Agenturchefs, die sich unter den hohen Vorgaben ihrer Regionaldirektionen in die Enge getrieben fühlten, zeigten manchmal zu wenig Fingerspitzengefühl. Statt sich genau mit den Gründen für die geringe Vermittlungsquote eines Mitarbeiters auseinandersetzen, heiße es dann manchmal: "Menschenskind, wir müssen unser Jahresziel erreichen. Jetzt machen Sie doch mal was!".
Von finanziellen Prämien für erfolgreiche Führungskräfte von bis zu 3200 Euro im Jahr geht dagegen nach Bundesagentur-Einschätzung kaum ein Fehlanreiz aus. Die meisten hätten ohnehin nur 1600 Euro Erfolgsprämie erhalten. Im Vergleich zum Grundgehalt sei das ein vergleichsweise geringer Anteil, betonte etwa eine BA-Sprecherin am Montag. Zudem: 2012 gingen die Agenturchefs wegen Verfehlens der Ziele ausnahmslos leer aus.
Inzwischen seien die bislang eher quantitativ ausgerichteten Erfolgskennziffern um qualitative erweitert worden. Künftig sollen Vermittler einen sogenannten Qualitätsaufschlag erhalten, wenn sie einen Arbeitslosen vermitteln, der schon länger als sechs Monate ohne Arbeit ist. Auch die erfolgreiche Vermittlung eines Jobsuchers an ein kleines oder mittelständisches Internehmen soll von 2014 an belohnt werden. Manche hatten es sich einfach gemacht und einfach mal schnell ein örtliches Leiharbeitsunternehmen eingeschaltet. Neuerdings zähle bei den Erfolgsberechnungen auch, wie lange jemand im vermittelten Job bleibt. (dpa)