Bochum.. Der Wohnungskonzern Deutsche Annington stand auffallend häufig in der Kritik. Nun gelobt der neue Chef Besserung. „Wir sind noch nicht gut genug“, sagt Rolf Buch, der die Bochumer Firma seit April führt. Den Mietern will er die Angst vor einem Börsengang nehmen.
Rolf Buch hat Anfang April den Vorstandsvorsitz des Wohnungskonzerns Deutsche Annington in Bochum übernommen. Ungewöhnlich lange wurde nach einem Nachfolger des ausgeschiedenen Wijnand Donkers gesucht, der bis September 2012 an der Spitze der Annington stand. Es wird erwartet, dass der frühere Bertelsmann-Manager Rolf Buch das größte private Immobilienunternehmen Deutschlands mit seinen rund 200.000 Wohnungen im Laufe dieses Jahres an die Börse bringen wird. Angeblich soll die Annington schon im Juli an die Börse gehen.
Hinter der Annington steckt der britische Finanzinvestor Guy Hands mit seinem Fonds Terra Firma, der in der Vergangenheit auch den Autobahnraststätten-Betreiber Tank & Rast und die Musikfirma EMI gekauft und wieder verkauft hatte. Regelmäßig stand die Annington bei Mietervereinen in der Kritik. Im Interview mit Ulf Meinke und Thomas Wels räumt Rolf Buch Fehler in der Vergangenheit ein. Und er sagt, was er künftig besser machen will.
Herr Buch, gehört ein Immobilien-Unternehmen wie die Deutsche Annington überhaupt an die Börse? Sind die Rendite-Erwartungen von Aktionären vereinbar mit dem Ziel, bezahlbare Wohnungen für Mieter bereitzustellen?
Rolf Buch: Für die Mieter ist das Wichtigste, dass sie zufrieden und ihre Mieten bezahlbar sind. Ob die Deutsche Annington an die Börse geht, entscheiden unsere Eigentümer. Wichtig ist: Das würde an der Strategie des Unternehmens nichts ändern.
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Wer an der Börse eine Immobilien-Aktie kauft, will sein Geld langfristig, solide und sicher anlegen. Ich kann darum nicht erkennen, dass die Börse höhere Renditeanforderungen haben soll als Finanzinvestoren.
Können Sie nachvollziehen, wenn Mieter angesichts des geplanten Börsengangs besorgt sind?
Buch: Kein Mieter muss sich sorgen. Unsere Kunden stehen für uns im Mittelpunkt. Das ist so, und das bleibt so. Natürlich braucht die Deutsche Annington wie jedes Unternehmen eine Mindestverzinsung, aber vor allem brauchen wir das Vertrauen und die Zufriedenheit der Mieter, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Es geht um einen Interessenausgleich. Dafür stehe ich.
Der Deutschen Annington wird vorgeworfen, aufgrund ihres ausgeprägten Gewinnstrebens zuweilen berechtigte Interessen der Mieter zu vernachlässigen.
Buch: In der Vergangenheit hatten wir nicht die richtigen Strukturen, um immer schnell und zuverlässig auf die Anliegen unserer Mieter reagieren zu können. Das haben wir geändert. Wir investieren zudem mehr in die Instandhaltung und Modernisierung unserer Wohnungen als viele andere Unternehmen der Branche. Im vergangenen Jahr waren es im Schnitt 18 Euro pro Quadratmeter, insgesamt 217 Millionen Euro in 2012. Das kann sich wirklich sehen lassen. Ich halte es im Übrigen mit Reinhard Mohn, der einmal gesagt hat, dass Unternehmen nur dann langfristig eine Existenzberechtigung haben, wenn sie auch einen Mehrwert für die Gesellschaft liefern.
Konkreter bitte.
Buch: Wir haben viele ältere Mieter und wissen, dass die meisten so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung bleiben wollen. Deshalb wollen wir massiv in altersgerechte Wohnungen investieren. Wir wollen das Angebot deutlich ausweiten. Mittelfristig planen wir circa 1000 Wohnungen pro Jahr entsprechend zu modernisieren. Wir verändern zum Beispiel die Badezimmer. Unser Ziel ist, dass rund 10.000 Wohnungen unseres Immobilienbestands barrierearm sind. Insgesamt haben wir für die Wohnungen im Gesamtbestand ein Investitionspotenzial in Höhe von 300 Millionen Euro identifiziert.
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Wir können uns auch gut vorstellen, Kooperationen mit Pflegediensten einzugehen. Die Pfleger könnten zum Beispiel auch in der Siedlung wohnen.
Modernisierungen kosten Geld. Die Übernahme der Deutschen Annington wurde auch durch die Verschuldung des gekauften Unternehmens finanziert. Darunter leidet die Deutsche Annington noch heute. Ein Schuldenberg von vier Milliarden Euro ist so entstanden. Wie ernst ist die Lage?
Buch: Die Deutsche Annington ist solide finanziert. Im vergangenen Jahr haben wir uns langfristig mit unseren Kreditgebern geeinigt. Wir haben also die entsprechenden Mittel, um unsere Wohnungen gut in Schuss zu halten und zu investieren.
In welchem Umfang sind Wohnungsverkäufe geplant, damit Geld in die Kasse kommt?
Buch: Wir wollen jährlich – wie bisher – höchstens zwei bis drei Prozent unseres Bestands abgeben. Das betrifft in der Regel spezielle Objekte, die lokale Anbieter besser bewirtschaften können als wir.
Wie werden sich die Mietpreise entwickeln?
Buch: Auch hier bleiben wir bei unserer Linie, die Mieten jährlich nur moderat anzuheben. Unser Markenkern ist, dass unsere Wohnungen bezahlbar, sauber und sicher sind. Ich sage ganz klar: Es ist gut, dass der deutsche Immobilienmarkt hoch reguliert ist und Mieter entsprechende Sicherheit haben.
Haben Sie das auch dem britischen Finanzinvestor und Deutsche Annington-Eigentümer Guy Hands erklärt?
Buch: Das brauche ich nicht. Schließlich ist Terra Firma schon seit 12 Jahren in Deutschland engagiert. Und aus meinen langen Gesprächen mit dem Eigentümer weiß ich: Er hat auch ein Interesse daran, dass der Markt stabil ist und das Unternehmen langfristig solide gesteuert wird.
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Wie viele Wohnungen der Deutsche Annington stehen eigentlich leer?
Buch: Unsere Leerstandsquote ist in den vergangenen Jahren gesunken und liegt inzwischen unter dem Branchendurchschnitt. Das ist ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis und auch ein Vertrauensbeweis.
Die Deutsche Annington stand schon häufiger negativ in den Schlagzeilen, unter anderem mit Unregelmäßigkeiten bei Betriebskosten-Abrechnungen.
Buch: Es sind Fehler passiert. Es war zum Beispiel nicht gut, die Betreuung der Immobilien externen Firmen zu überlassen. Mein Job ist es, die Fehler der Vergangenheit Schritt für Schritt zu beheben. Die Deutsche Annington kümmert sich jetzt wieder selbst vor Ort um die Wohnungen und die Anliegen der Mieter, das ist verlässlicher. Wir haben uns auch schon deutlich verbessert.
Sind Sie schon gut genug?
Buch: Nein, wir sind noch nicht gut genug. Aber wir arbeiten mit Volldampf, dieses Ziel zu erreichen. Wir haben in den vergangenen Monaten 1100 Mitarbeiter eingestellt und eine eigene Organisation mit Objektbetreuern und Handwerkern gegründet. Dabei haben wir übrigens auch ehemalige Opelaner eingestellt. Das alles zahlt sich bereits aus. Wenn heute ein Mieter meldet, dass sein Waschbecken kaputt ist, kommt in der Regel am nächsten Morgen ein Handwerker und kümmert sich um die Sache.
Es gab auch Ärger, weil sie gegen säumige Mieter vorgehen. Von Mahn-Abzocke war sogar die Rede.
Buch: Wenn wir über einen längeren Zeitraum die Miete nicht bekommen, müssen wir entsprechend handeln. Wir unterscheiden uns an dieser Stelle nicht von anderen Unternehmen. Wir nehmen sogar vier Mal Kontakt zu den betreffenden Mietern auf, erst dann übergeben wir die Sache einem Anwaltsbüro, das sich an die gesetzliche Gebührenordnung hält. Zudem haben wir Sozialmanager im Einsatz, die überall dort helfen, wo Mieter in eine schwierige finanzielle Lage geraten sind.
Warum gab es eigentlich eine Umwandlung der Deutsche Annington in eine europäische Aktiengesellschaft (SE). Das Unternehmen hat doch praktisch kein Geschäft im Ausland? War der Hintergrund, dass ab 2000 Mitarbeitern eigentlich eine paritätische Mitbestimmung erforderlich gewesen wäre?
Buch: Wer mich kennt, der weiß, wie wichtig mir eine gute Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ist. Auch hier geht es mir um den Ausgleich von Interessen.
Der Chefsessel der Deutsche Annington war über Monate unbesetzt geblieben, bis Sie angetreten sind. Warum hat es so lange gedauert?
Buch (lacht): Vielleicht hat man sehr gründlich gesucht? Ich habe die Aufgabe jedenfalls sehr gern übernommen und sehe sie als langfristige Berufung. Die Wohnungswirtschaft ist eine überaus spannende Branche und die Deutsche Annington als Deutschlands größtes Immobilienunternehmen eine Firma mit sehr großen Potenzialen.