Bochum.. Ein unüberwindbarer Holzzaun trennt neuerdings Nachbarn in Bochum - und sorgt für mächtig Ärger: Die betroffenen Mieter sehen durch den versperrten Zugang eine Gefahr für Leib und Leben, der Eigentümer sieht sich im Recht. Ein Streit ums Wege- und Gewohnheitsrecht ist entbrannt.
„Das ist ja wie früher in der DDR. Fehlt nur noch der Stacheldraht!“ Renate und Volker Kriesten aus Bochum blicken auf keine Mauer. Der Holzzaun, der ihr Zuhause vom Nachbargrundstück trennt, ist aber gleichfalls unüberwindbar. Neuerdings auch für Fußgänger.
Seit 32 Jahren leben die Eheleute in dem Mehrfamilienhaus an der Kirchharpener Straße 30. Mit ihren langjährigen Nachbarn in Nummer 26 und 28 verstehen sie sich gut. Für ein Pläuschchen müssen die Gerther nun einmal um den Pudding laufen: Der Eigentümer hat nicht nur die Durchfahrt, sondern vor fünf Wochen auch den Durchgang mit Brettern blockiert.
„Pfosten wurden missbraucht“
„Ich war großzügig. Aber jetzt bin ich es leid“, sagt Klaus Podlech. Dem Lütgendortmunder gehören die Wohnhäuser Kirchharpener Straße 26 und 28. Jahrelang, sagt er im WAZ-Gespräch, habe er es geduldet, dass sein Grund und Boden für die Mieter des Haus Nummer 30 herhalten musste. Privatautos, Post, Müllabfuhr, Umzugswagen: „Alles rollte über mein Grundstück. Dabei gibt es seit 2004 keinerlei Baulast mehr. Ich trage keinerlei Verpflichtung. Im Grundbuch ist geregelt, dass die Zuwegung für das Haus Nummer 30 allein über die Lothringer Straße erfolgt“, bekräftigt Klaus Podlech.
Um die Fahrzeuge außen vor zu lassen, beschritt er vor Jahren den Holzweg. Lamellenzäune links und rechts ließen einen zwei Meter breiten Durchlass. Zwei Poller ließen zwar noch Platz für Fußgänger, verhinderten aber die Durchfahrt. „Doch die Pfosten wurden missbraucht. Mein Grundstück wurde weiterhin befahren. Nachts beleuchtete meine Hausbeleuchtung das Nachbargrundstück mit. Dafür hat sich nie jemand bedankt. Es war an Zeit, Vollzug zu schaffen“, schildert Podlech. Er schritt zur Tat. Ein Holzverschlag versperrt den Weg zum Nachbargrundstück nun komplett.
Pochen auf Wege- und Gewohnheitsrecht
„Ein Unding!“, schimpfen die Eheleute Kriesten. Sie pochen auf ihr Wege- und Gewohnheitsrecht und sind in Sorge. Renate Kriesten: „Mein Mann ist schwerkrank. Wenn ein Rettungswagen über die Stichstraße an der Lothringer Straße kommen muss, wird er kaum durch die schmale Kurve passen. Ein Feuerwehrwagen würde uns im Notfall auch nicht erreichen. Man spielt mit unserer Gesundheit und unserem Leben!“
Das kann Klaus Podlech nicht beeindrucken. „Im bin im Recht. Da können die Leute schimpfen wie sie wollen. Das stehe ich durch“, kündigt er an – und erwähnt beiläufig seinen zweiten Trumpf. „Die Abwasser- und Stromleitungen für die Nummer 30 laufen alle unter meinem Grundstück her“, sagt er. „Ich war deshalb schon beim Anwalt.“
"Sehr unglücklich" sei die Situation der Mieter
Als "sehr unglücklich" wertet Karsten Meis vom Bochumer „Institut für Unternehmensführung (IFU), das das Wohnhaus Kirchharpener Straße 30 verwaltet, die Situation für die Mieter. Die Zaun-Blockade berühre Fragen des Grundstücksrecht. Meis auf Anfrage der WAZ: „Wir prüfen derzeit den Sachverhalt und behalten uns ausdrücklich rechtliche Schritte vor.“