Berlin. . Wer nach den katastrophalen Unglücken in südostasiatischen Textilfabriken auf der Suche nach fair produzierter Bekleidung ist, hat es nicht leicht. Kunden können beim Kauf auf bestimmte Siegel achten, doch die Auswahl entsprechender Programme ist verwirrend.
Mindestens 380 Tote beim Einsturz eines Textilfabrik-Hochhauses in Bangladesch am vergangenen Mittwoch, mehr als 250 Opfer nach dem Brand bei einem Kik-Zulieferer im pakistanischen Karatschi im September, 112 Tote im November nach einem Feuer in einer anderen Näherei in Bangladesch, in der auch C&A produzieren ließ – die jüngste Bilanz der internationalen Bekleidungsindustrie in Südostasien ist dramatisch.
Im globalisierten Geschäft mit Hemden, Jeans & Co. ist die Region wegen ihrer Billiglöhne beliebt. Doch immer wieder führen Sicherheitsmängel und miserable Arbeitsbedingungen zu Unglücken mit katastrophalen Folgen.
Bangladeschs Textilindustrie bangt um internationale Großkunden
Angesichts des jüngsten Dramas bemühte sich Bangladeschs Textilverband am Montag um Schadensbegrenzung. „Wir wollen Ihnen versichern, dass wir das Notwendige unternehmen, um zu verhindern, dass derartige Tragödien sich wiederholen“, sagte der Vizepräsident des Verbands, Shahidulla Azim. Bei einem Treffen mit internationalen Großkunden sollten Ketten wie H&M und C&A von einer weiteren Zusammenarbeit mit den rund 4500 Firmen überzeugt werden.
Kunden in Deutschland, die angesichts der problematischen Produktionsbedingungen sicher gehen wollen, Textilien aus fairer und vielleicht sogar ökologisch sauberer Herstellung zu kaufen, haben es nicht leicht. Zum einen sind solche Produkte in der breiten Auswahl des Einzelhandels noch eher die Ausnahme– zum anderen gibt es eine verwirrend breite Vielfalt an Siegeln, die bestimmte Produktionsstandards garantieren
Wofür das Logo der Fairwear-Foundation steht
Sehr hohe soziale Qualitätsstandards bietet beispielsweise die Fairwear-Foundation. Das entsprechende Logo findet sich oft, aber nicht immer in den Jacken, T-Shirts, Hemden oder Hosen in den Geschäften. Auch die Internetseite der Stiftung (siehe Kasten) informiert darüber, welche Bekleidungshersteller entsprechend zertifiziert sind. In Deutschland sind dies gegenwärtig 31 Marken – darunter auch bekannte Namen wie Takko, Hessnatur oder die Outdoor-Hersteller Vaude und Schöffel.
Auch interessant
Diese Unternehmen garantieren, dass sie ihre Produkte unter Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) fertigen lassen. Dazu gehören existenzsichernde Löhne für die Arbeiter in den asiatischen, afrikanischen oder mittelamerikanischen Zulieferfabriken. Auch den Arbeits- und Gesundheitsschutz will man gewährleisten. Dass bei Bränden in einer Fabrik oder gar beim Einsturz derselben Hunderte Arbeiter sterben, soll so verhindert werden. Ökologische Kriterien stehen bei Fairwear nicht im Fokus – die Outdoor-Branche etwa wird kritisiert, weil sie für ihre wetterfeste Spezialtextilien problematische Chemikalien verwendet.
Höhere Löhne sorgen für höhere Preise beim Endkunden
Im Gegensatz dazu schreibt das Fairtrade-Baumwollsiegel neben den ILO-Kernarbeitsnormen auch gewisse Öko-Standards fest und bescheinigt, dass die Bauern für ihre Baumwolle einen garantierten Preis über Weltmarktniveau erhalten. Eine Übersicht über die noch recht begrenzte Auswahl der mit diesem Siegel ausgestatteten Produkte führt die Internetseite von Fairtrade-Deutschland auf.
Empfehlenswert ist auch das GOTS-Siegel (Global Organic Textile Standard), ebenfalls ausgewiesen durch Hinweise an den Produkten. Neben den ILO-Kernarbeitsnormen orientiert sich dieser Standard schwerpunktmäßig an strengen Umweltkriterien – darunter das Verbot genmanipulierten Saatgutes. GOTS-Produkte müssen zu 90 Prozent aus Naturfasern bestehen.
Höhere Löhne für Baumwoll-Bauern und Näherinnen, bessere Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken sowie womöglich sauberere Rohstoffe haben indes ihren Preis in den Regalen hiesiger Kaufhäuser und Boutiquen. Während Billig-T-Shirts fünf Euro oder weniger kosten, sollte man bei Produkten mit den erwähnten Siegeln mit 20 oder 30 Euro kalkulieren.