Berlin/Brüssel. . Sollen die Managergehälter in Deutschland begrenzt werden? Mit ihrer Volksinitiative vor einer Woche haben die Schweizer einen Weg gewiesen. Auch hierzulande wird der Ruf nach einer Deckelung lauter. Doch es gibt nicht nur Zustimmung.
Nach der erfolgreichen Schweizer Volksinitiative gegen überzogene Managergehälter mehren sich auch in Deutschland die Forderungen nach einer Begrenzung der Bezüge von Spitzenkräften. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach sich im "Focus" für eine gesetzliche Regelung aus, sollte es keine freiwilligen Lösungen geben. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi sieht keine Alternative zu einer rechtlichen Begrenzung. "Gehaltsexzesse müssen gesetzlich gestoppt werden", forderte er am Sonntag. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier bekräftigte den Willen Brüssels, bis Jahresende auf europäischer Ebene aktiv zu werden.
Selbst Führungskräfte fordern einer Umfrage zufolge Grenzen für die Vergütung: 24,3 Prozent der Befragten halten strengere Regeln für Managergehälter für notwendig, weil Gehaltsexzesse nicht länger vermittelbar seien, wie eine Umfrage von "Welt am Sonntag" und Roland Berger Strategy Consultants ergab. Weitere 52,7 Prozent sind demnach ebenfalls für Grenzen, wollen aber, dass die Aufsichtsräte und Vorstände selbst mehr Verantwortung übernehmen. Nur 22,5 Prozent der Befragten lehnen derartige Eingriffe dagegen ab.
BWM-Chef hält Vorstandsgehälter in Deutschland für "absolut im Rahmen"
Als ein führender Vertreter der deutschen Wirtschaft wandte sich BMW-Vorstandschef Norbert Reithofer gegen eine gesetzliche Lösung. Wenn man sich die deutsche Industrie anschaue, seien "die Vorstandsgehälter in der Regel absolut im Rahmen", sagte der Lenker des Dax-Konzerns am Rande des Genfer Autosalons der "Welt am Sonntag" zufolge. "Ich halte nicht viel von staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft."
SPD-Chef Gabriel sagte dem "Focus" hingegen, die Bezüge der Wirtschaftslenker seien "eine Frage des Anstands". Ihm wäre es zwar lieber, wenn "die Unternehmen selbst zur Besinnung kämen und diese unanständigen Managergehälter drastisch kürzen würden". Sollte das aber nicht passieren, dann "werden auch solche Vorschläge auf den Tisch kommen, in denen der Gesetzgeber Obergrenzen oder Bandbreiten schafft", kündigte der SPD-Vorsitzende an.
Auch in der CDU gibt es Forderungen nach Begrenzung: Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) regte im "Focus" an, "die steuerliche Absetzbarkeit von Abfindungen als Betriebsausgaben zu begrenzen". Zudem solle man "prüfen, ob und in wie weit eine Beschränkung der Absetzbarkeit von Vorstandsgehältern möglich ist".
Bundesregierung gegen Alleingang bei Managergehältern
Die Schweizer hatten vor einer Woche mit rund 68 Prozent einer Volksinitiative zugestimmt. Sie zielt darauf ab, Exzesse bei Bonus-Zahlungen, Abfindungen und Gehältern für Manager börsennotierter Unternehmen durch die Stärkung der Aktionärsrechte zu unterbinden.
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Trotz der Forderungen nach einer Begrenzung auch hierzulande sieht die Bundesregierung bislang vor der Bundestagswahl im Herbst keinen Handlungsbedarf. In der international vernetzten Wirtschaft sei es eher ratsam, auf europäische Initiativen statt auf nationale Alleingänge zu setzen, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert erklärt. Auf europäischer Ebene will EU-Binnenmarktkommissar Barnier bis Jahresende einen Vorschlag nach dem Schweizer Modell erarbeiten.
Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtet, soll dieser Vorschlag neben den Gehältern auch die Abfindungen und neue Transparenzregeln beinhalten. "Bei allen an der Börse notierten Unternehmen in der Europäischen Union müssen die Aktionäre dann über die Höhe der Gehälter entscheiden, inklusive goldener Handschläge", sagte Barnier dem Blatt. Außerdem kündigte er eine Verschärfung der Transparenzregeln an. "Zum Beispiel könnten Informationen zu den Gehältern von Vorständen und Managern in einem jährlichen Bericht veröffentlicht werden", sagte er. "So könnten Öffentlichkeit und Investoren zwischen verschiedenen Unternehmen vergleichen."
Im Streit um die Begrenzung der Banker-Boni zeigte sich Barnier in dem Interview zuversichtlich, die Bedenken Großbritanniens ausräumen zu können. "Wir werden sehen, ob im Sinne der Briten noch das eine oder andere nachzubessern ist", sagte er. An der Boni-Begrenzung als solcher lasse er aber nicht rütteln. (dpa)