Essen.. Gerhard Cromme, Chefaufseher von Thyssen-Krupp und Siemens, feiert am Montag seinen 70. Geburtstag. Der Stahlmanager bewies Nehmerqualitäten, als er als Krupp-Stahlchef unbeeindruckt von aufgebrachter Öffentlichkeit die Hütte in Rheinhausen schloss.
Gerhard Cromme hat die Stahlbranche im Ruhrgebiet geprägt wie kaum ein anderer. Wenn er am Montag seinen 70. Geburtstag im Kreis der Familie und fernab der Industrieschlote feiert, wird der Aufsichtsratschef der Industriegiganten Siemens und Thyssen-Krupp sicherlich nicht an seinen Ruhestand denken.
„Ich bin keiner, der vor Verantwortung wegläuft“, hat Cromme jüngst gesagt, als die wahren Ausmaße des Milliardendebakels von Thyssen-Krupp in Brasilien bekannt wurden. Nehmerqualitäten zeigte er auch, als er als Krupp-Stahlchef unbeeindruckt von aufgebrachter Öffentlichkeit und wütenden Mitarbeitern die Hütte in Rheinhausen schloss. Er hat die Fusion der einstigen Widersacher Krupp und Hoesch vorangetrieben und mit der Androhung einer feindlichen Übernahme die Ehe mit dem gewichtigeren Wettbewerber Thyssen angebahnt.
StahlindustrieRücktrittsforderungen prallen an ihm ab
Dass Rücktrittsforderungen – wie von Aktionärsvertretern vor einigen Wochen erhoben – an ihm abprallen, passt zu Crommes Biografie. Der Fünf-Milliarden-Verlust bei Thyssen-Krupp, Fehlinvestitionen und Korruption bringen diesen norddeutschen Hünen nicht ins Wanken. Zumal er sich der Rückendeckung durch den mächtigen Krupp-Stiftungschef sicher sein kann. „Cromme bleibt“, hatte Berthold Beitz im Dezember auf dem Höhepunkt der jüngsten Thyssen-Krupp-Krise gesagt.
Und es soll wohl auch dabei bleiben, dass Cromme irgendwann Beitz, der am 26. September 100 Jahre alt wird, als Stiftungschef folgt. In diesem Amt könnte Cromme seine Machtposition bei Thyssen-Krupp noch einmal stärken. Er würde seine Industriemanager-Karriere krönen.
Jurastudium und Promotion
Dabei schien Cromme diese makellose Laufbahn gar nicht in die Wiege gelegt zu sein. Als Sohn eines Studienrats für Lateinisch und Griechisch wuchs er im niedersächsischen Vechta auf und schloss sein Jurastudium mit der Promotion ab. Von der französischen Unternehmensgruppe Compagnie des Saint-Gobain wechselte Cromme 1986 zu Krupp. Bundesweit bekannt wurde der Manager, als er von 2001 bis 2008 die Regierungskommission leitete, die für mehr Offenheit, Transparenz und gute Unternehmensführung werben sollte. Aufgaben, die auch bei Thyssen-Krupp ganz oben auf der Agenda stehen.