Düsseldorf. Verdi will den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen: Am Mittwoch sollen Angestellte im öffentlichen Dienst wieder die Arbeit niederlegen. Erstmals ist auch NRW betroffen: Rund 1000 Beschäftigte an den Unikliniken in Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster wollen die Arbeit niederlegen.

Krankenpfleger, OP-Schwestern, Küchenpersonal und Reinigungskräfte haben am Mittwoch an den sechs Unikliniken in Nordrhein-Westfalen ihre Arbeit niedergelegt. Besonders spürbar waren die Warnstreiks für die Patienten der Uniklinik in Köln, weil Pfleger in der Anästhesie in den Ausstand traten. "Etwa die Hälfte der geplanten Operationen konnte heute nicht stattfinden und musste verschoben werden", sagte der Kliniksprecher. "Das ist schon eine Belastung für die Patienten."

Landesweit traten mehr als tausend Beschäftigte der Unikliniken nach Verdi-Angaben in einen ersten Warnstreik, um im Tarifstreit des Öffentlichen Dienstes Druck auf die Arbeitgeber zu machen.

Klinik-Betrieb wie am Wochenende

An der Uniklinik in Essen wurde der Krankentransport bestreikt und fuhr nur wie an Wochenenden. Deshalb fänden am Mittwoch weniger Untersuchungen statt, sagte ein Kliniksprecher. Operationen fielen aber nicht aus. "Und falls es zu Notfällen kommt, nehmen die Mitarbeiter ihre Arbeit wieder auf." Auch der Sprecher der Kölner Uniklinik versicherte: "Medizinisch notwendige Eingriffe finden natürlich statt."

Auch in Bonn lief der Betrieb wie am Wochenende oder an Feiertagen, sagte eine Sprecherin der Uniklinik. Dort hatten rund 200 Mitarbeiter am Vormittag die Arbeit eingestellt. In Düsseldorf seien etwa 100 Beschäftigte aus den Bereichen Technik und Küche mit Beginn der Frühschicht in den Ausstand getreten, sagte ein Verdi-Sprecher.

"Das sind erste Warnstreiks - wir können schon mehr"

In Aachen und Münster legten jeweils nur rund 50 Mitarbeiter die Arbeit nieder. Deshalb gebe es keine großartigen Einschränkungen, sagte ein Sprecher der Aachener Uniklinik. "Das macht bei uns nicht so wahnsinnig viel aus." Insgesamt sei die Beteiligung an den Aktionen aber höher als erwartet, sagte ein Verdi-Sprecher dpa. "Das sind erste Warnstreiks - wir können schon mehr."

Kleinere Aktionen sollte es laut Verdi an den Universitäten in Duisburg-Essen und Dortmund sowie an Gerichten und Finanzämtern im östlichen Ruhrgebiet geben.

Für nächste Woche hat auch die Lehrergewerkschaft GEW Arbeitsniederlegungen in NRW angekündigt.

Im Tarifstreit im öffentlichen Dienst will Verdi-Chef Frank Bsirske den Druck erhöhen. In den Tarifverhandlungen hätten sich die Länder "keinen Millimeter bewegt", kritisiert Bsirske im Interview mit der "Passauer Neuen Presse". Daher würden die Arbeitskampfmaßnahmen in Unikliniken, Schulen und im Winterdienst "deutlich zu spüren" sein. "Unsere Warnstreiks sollen Lösungen am Verhandlungstisch befördern", fügte Bsirske hinzu.

"Es gab keinerlei Annäherung, noch nicht einmal ein Angebot", kritisierte der Gewerkschaftschef in dem Interview die Länder. Anscheinend wollten die Arbeitgeber testen, wie die Beschäftigten reagieren. "Wir sind nicht bereit, diese Verzögerungstaktik der Länder hinzunehmen", kündigte Bsirske an. Schließlich hätten die Beschäftigten "alle Möglichkeiten, den Druck weiter zu erhöhen".

Verdi fordert 6,5 Prozent mehr Lohn

Die Forderung nach 6,5 Prozent mehr Lohn im öffentlichen Dienst sind aus Bsirskes Sicht "ohne weiteres zu verantworten". Schließlich hinkten die Beschäftigten der Länder bei den Gehältern hinterher. Sie erhielten im Laufe des Jahres 3,6 Prozent weniger als ihre Kollegen beim Bund und den Kommunen. "Diese Einkommenslücke wollen und werden wir schließen", sagte der Verdi-Chef.

Bsirske verteidigte auch die Forderung von 30 Prozent mehr Lohn für das Sicherheitspersonal an den Flughäfen. "Sicherheit an Flughäfen gibt es nicht zum Nulltarif", sagte er. Derzeit erhalten Beschäftigte bei der Abfertigung etwa in Hamburg gerade einmal einen Stundenlohn von 11,80 Euro. Das sei "für viele zu wenig, um mit ihren Familien ohne aufstockendes Hartz IV auskommen zu können". Notfalls werde auch mit weiteren Streiks für höhere Löhne gekämpft.

Gewerkschaft bestreikt Hamburger Flughafen

Zum Auftakt der bundesweiten Warnstreikwelle im öffentlichen Dienst hatten am Montag rund 5000 Lehrer und Erzieher an Berliner Schulen die Arbeit niedergelegt. Am Dienstag wurden die Streiks auf Universitäten, Autobahn- und Straßenmeistereien, Gerichte und andere Landesbehörden ausgeweitet, die Schwerpunkte lagen in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen.

Für Mittwoch sind Arbeitsniederlegungen in Bremen, Sachsen-Anhalt und im Saarland geplant. Auch das Sicherheitspersonal hatte in den vergangenen Tagen mehrfach gestreikt und kündigte für Mittwoch erneute Arbeitsniederlegungen am Flughafen Hamburg an.

Neben dem Arbeitskampf im öffentlichen Dienst setzt Verdi die Streiks in der Sicherheitsbranche fort. Rund 600 Sicherheitskräfte am Hamburger Flughafen wollen am Mittwoch erneut für einen Tag die Arbeit niederlegen. Die Arbeitgeberseite spiele nach wie vor auf Zeit und dürfe sich über das Echo der Beschäftigten nicht wundern, erklärte Peter Bremme, Fachbereichsleiter der Gewerkschaft Verdi. Laut Flugplan sollen 181 Maschinen vom Hamburger Airport abheben; rund 18 000 abfliegende Passagiere sind von dem neuen Streik betroffen. Der Flughafen erwartet Verspätungen und Stornierungen von Flügen. Er rät, sich mit der zuständigen Airline in Verbindung zu setzen und bei innerdeutschen Verbindungen auf die Bahn umzusteigen. (dpa/afp/dapd)