Düsseldorf. . Harte Zeiten für Deutschlands größten Energiekonzern: Weniger Gewinn, ein möglicher Streik und Kraftwerksschließungen – Eon-Chef Johannes Teyssen kämpft an vielen Fronten. „Es wird mit Sicherheit nicht einfacher für Eon“, sagte Teyssen mit Blick auf 2013.

Wenn ein Tarifkonflikt schwelt, bekommen Bilanzzahlen besondere Brisanz. Deutschlands größter Energieversorger Eon steht am Rand eines unbefristeten Streiks – es wäre der erste in der Unternehmensgeschichte. Bis Freitag läuft die Urabstimmung der Belegschaft. In dieser angespannten Situation hat Eon-Chef Johannes Teyssen neue Geschäftszahlen vorgelegt und seine Pläne für die nächsten Jahre skizziert. Teyssen meldete sich aus London zu Wort. Kurzfristig hatte Eon zu einer Telefonkonferenz eingeladen.

Teyssen betonte, eine der wichtigsten Fragen laute nach wie vor: „Was können wir uns noch leisten?“ Angesichts der Energiewende und einer schwächer gewordenen Nachfrage nach Strom und Gas in Europa erwartet Eon im Jahr 2013 deutlich weniger Gewinn als 2012. „Es wird mit Sicherheit nicht einfacher für Eon“, sagte Teyssen.

Wohlgemerkt: Eon ist weit entfernt von der Verlustzone, in der sich das aus der Fusion von Veba und Viag hervorgegangene Unternehmen im Jahr 2011 erstmals befand – unmittelbar nach der Atomwende. Voraussichtlich werde im Jahr 2013 ein Konzernüberschuss von 2,2 bis 2,6 Milliarden Euro erreicht – nach 4,3 Milliarden Euro im Jahr 2012, kündigte Eon nun an. Wie erwartet will der Düsseldorfer Konzern für 2012 eine Dividende von 1,10 Euro je Aktie zahlen (plus 0,10 Euro). Einen präzisen Wert für 2013 nannte Teyssen nicht.

Gaskraftwerke bereiten Konzern Probleme

Eon hatte in den vergangenen Jahren massiv in neue Gaskraftwerke investiert. Das bereitet dem Konzern nun Probleme. Da Ökostrom vorrangig ins Netz eingespeist wird, sei es in der Regel nicht mehr möglich, Gaskraftwerke rentabel zu betreiben, kritisierte Konzernchef Teyssen.

Er reagiert auf die veränderte Lage unter anderem mit Plänen für die Stilllegung zahlreicher Kohle- und Gaskraftwerke in Europa. Eon prüft, im Zeitraum 2012 bis 2015 bis zu 30 Anlagen mit einer Leistung von rund elf Gigawatt vom Netz gehen. Zum Vergleich: Dies entspricht einer Leistung von etwa elf Atomkraftwerken. Auf der Schließungsliste für 2013 steht unter anderem das Kohlekraftwerk Shamrock in Herne, die drei alten Kraftwerksblöcke in Datteln sollen 2014 den Betrieb einstellen. Weitere Anlagen könnten in Hessen, Großbritannien, Spanien, Frankreich und Italien stillgelegt werden. Gleichzeitig will Eon in das Geschäft mit Öko-Energie investieren und sich in Wachstumsregionen außerhalb Europas engagieren.

Teyssen treibt außerdem ein Sparprogramm voran. Weltweit sollen 11 000 Stellen wegfallen, rund 6000 davon in Deutschland. Weltweit zählt Eon derzeit rund 73 000 Mitarbeiter.

Urabstimmung über einen unbefristeten Streik hat begonnen

Im Tarifkonflikt hat bereits die Urabstimmung über einen unbefristeten Streik begonnen. Für einen Streik ist eine Zustimmung von mindestens 75 Prozent der Mitglieder nötig. Für die rund 30 000 Eon-Beschäftigten in Deutschland fordern die Gewerkschaften rund 6,5 Prozent mehr Geld. Das Unternehmen hatte 1,7 Prozent geboten.

Die Verhandlungen waren zuvor nach drei ergebnislosen Runden für gescheitert erklärt worden. „Wir haben den Tisch nicht verlassen“, sagte Teyssen. „Die Gegenseite hat den Tisch verlassen.“ Und dann zitierte der Eon-Chef den legendären SPD-Fraktionschef Herbert Wehner mit den Worten: „Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen.“