Mülheim. . Etliche Ruhrgebietsstädte wollen die Gewerbesteuer-Hebesätze erhöhen und gleichzeitig die Ausgaben für Wirtschaftsförderung senken. Das ruft Protest hervor, zumal Kommunen an der Rheinschiene und am Niederrhein Unternehmen mit niedrigen Steuersätzen locken.
Um ihre Haushaltslöcher zu stopfen, wollen viele Ruhrgebietsstädte die Gewerbesteuer erhöhen und die Ausgaben für Wirtschaftsförderung kürzen. Die Pläne stoßen auf heftigen Widerstand.
„Wir sehen das kritisch. Den Kommunen fällt nichts anderes ein als die Steuern zu erhöhen“, kritisiert Bärbel Hildebrand, Sprecherin des Bunds der Steuerzahler in NRW. Allerdings erkennt sie auch die finanzielle Ausweglosigkeit vieler Gemeinden an: „Einige sparen richtig, kommen aber auch nicht auf einen grünen Zweig.“
„Städte haben keine Strategie“
Protest an der kommunalen Finanzpolitik kommt auch von der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr. Ihr Geschäftsführer Thomas Westphal sagt: „Die Städte haben keine Strategie für sich. Sie wollen die Gewerbesteuer anheben und die Mittel für Wirtschaftsförderung kürzen. Damit würgen sie gute Entwicklungen ab.“
Die Gewerbesteuer fließt allein den Gemeinden zu. Sie gilt als die aufkommensstärkste Steuer. Der Städte- und Gemeindebund hatte für 2012 Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von stattlichen 35 Milliarden Euro bundesweit prognostiziert. Bemessungsgrundlage ist der ausgewiesene Gewinn eines Unternehmens. Über den Hebesatz legen die Stadträte fest, welchen Anteil die Firmen davon abführen müssen.
Hebesatz deutlich über der Empfehlung
Die Landesregierung empfiehlt einen Hebesatz von 411 Prozentpunkten. Die Ruhrgebietsstädte liegen allesamt deutlich darüber. 2012 führte Oberhausen die Hitliste mit 520 Punkten an. Gefolgt von Bottrop, Duisburg, Hagen, Lünen und Witten mit jeweils 490 Punkten. Bochum, Castrop-Rauxel, Dorsten, Essen, Gelsenkirchen, Gladbeck, Herne, Marl und Mülheim langten mit 480 Punkten zu. Duisburg hat beschlossen, den Hebesatz bis 2018 schrittweise auf 520 Punkte zu steigern. In Dortmund geht es von 468 auf 485 Punkte. Für Mülheim schlägt die Verwaltung eine Anhebung auf 580 Punkte bis 2020 vor.
Versicherung droht bereits
„Das bedeutet für das Ruhrgebiet einen erheblichen Standortnachteil“, verweist Wirtschaftsförderer Westphal auf die angrenzende Rheinschiene, die wegen der Nähe zum Flughafen Düsseldorf viele Unternehmen anlockt. Die Landeshauptstadt kassiert von ihren Firmen nur 440 Punkte, Mettmann 403 und Ratingen 400 Punkte. Günstigere Gewerbesteuertarife als im Revier gelten auch am Niederrhein.
Der größte Gewerbesteuerzahler Dortmunds, die Versicherungsgruppe Signal Iduna, droht bereits mit der Verlagerung von Arbeitsplätzen. Industrie- und Handelskammer sowie Unternehmerverband sprechen angesichts der Erhöhungen von „Gift“ für den Standort Duisburg.