Brüssel. Rund 33 Millionen Gepäckstücke gingen im vorigen Jahr weltweit verloren, mehr als 700.000 tauchten auch nach mehreren Tagen nicht mehr auf. Obwohl sich die Situation 2008 im Vergleich gebessert hat, liegt für Betroffene noch einiges im Argen. Um eine Entschädigung müssen sie kämpfen.
Am Urlaubsort sind die Reisenden glücklich gelandet, doch dann kommt der Frust – die Koffer sind weg. Rund 33 Millionen Gepäckstücke gingen im vorigen Jahr weltweit verloren, mehr als 700.000 tauchten auch nach mehreren Tagen nicht mehr auf. Das geht aus dem jüngsten Bericht des internationalen Luftfahrtdienstleisters SITA hervor.
Verbraucher müssen um Entschädigung kämpfen
Besonders ärgerlich für die Fluggäste: Um eine Entschädigung müssen viele mühsam kämpfen. „Nur selten kommen die Airlines für den vollen Schaden auf“, bemängelt Bernadette Mohme vom europäischen Verbraucherschutzzentrum in Kehl. Die EU will ihre Vorschriften deshalb überprüfen und gegebenenfalls Abhilfe schaffen.
Was tun, wenn der Koffer weg ist?
Fluggäste können für verspätetes, beschädigtes oder verlorenes Gepäck Schadenersatz von bis zu 1100 Euro verlangen. Das regelt das Montrealer Übereinkommen, zu dessen Vertragspartnern neben der EU auch die USA und Japan gehören.
Bei Verlust: Reisende sollten sich so schnell wie möglich an die Fluggesellschaft wenden, falls ihr Koffer nicht angekommen ist. Nach drei Wochen läuft die Melde-Frist ab – danach haben Passagiere keinen Anspruch mehr auf Entschädigung. Fluggesellschaften verlangen oft einen Nachweis über den Inhalt der Gepäckstücke. Also: Bewahren Sie wichtige Quittungen auf!
Bei Verspätungen: Passagiere dürfen sich notwendige Dinge wie Kleider oder Pflegemittel kaufen, sollten sie vor ihrem Koffer am Urlaubsort ankommen. Wichtig: Auch in diesem Fall müssen Quittungen aufbewahrt werden.
Bei Beschädigungen: Weil die Airline nur bis zu einer Höhe von rund 1100 Euro haftet, ist es ratsam, Wertgegenstände im Handgepäck zu verstauen. Beschädigungen müssen bis zu sieben Tage nach Erhalt des Gepäcks gemeldet werden.
Immerhin: Erstmals ist die Zahl fehlgeleiteter Koffer und Taschen 2008 wieder gesunken – um rund 20 Prozent. Das liegt laut SITA vor allem daran, dass weniger Gepäckstücke abgegeben wurden. Viele Gesellschaften nähmen inzwischen Gebühren für separat eingecheckte Koffer. Größen- und Gewichts-Bestimmungen für Handgepäck seien vielerorts gelockert worden.
40 verlorene Gepäckstücke pro 1000 Passagiere
Dennoch bleibt der Verlust von Gepäckstücken ein Problem: Laut einer Studie der Vereinigung der Europäischen Luftverkehrsgesellschaften (AEA) kamen bei Lufthansa in der Sommer-Saison von April bis Oktober vorigen Jahres fast 13 Gepäckstücke pro 1000 Passagiere abhanden, damit landet das Unternehmen im Vergleich mit 29 europäischen Airlines auf Platz 21. Bei Alitalia waren es knapp 20 Koffer pro 1000 Fluggäste. Schlusslicht bildet die britische Gesellschaft bmi, wo jeder 40. Reisende sein Gepäck nach der Ankunft vermisst.
Grund sind meist überlastete Flughäfen und Probleme bei Anschlussflügen. Ein Großteil der verschwundenen Stücke taucht allerdings innerhalb von zwei Tagen wieder auf. Für die Rangliste wurden nur die Daten der AEA-Mitglieder berücksichtigt. Die meisten Billigflieger wie Ryanair und Easyjet gehören nicht zu dieser Vereinigung.
EU-Verkehrskommissar Antonio Tajani hat bereits vor Monaten angekündigt, die EU-Vorschriften über verlorene und beschädigte Gepäckstücke zu ändern, sollten die Zahlen weiterhin alarmierend bleiben. Für Verbraucherschützer ist das höchste Zeit: Fluggäste bekämen fast nie den Wert der Dinge ersetzt, die in den fehlgeleiteten Koffern waren, kritisiert Reiserechtlerin Bernadette Mohme – obwohl das Montrealer Abkommen Entschädigungen von rund 1100 Euro pro Passagier vorsieht. Häufig setzten Fluggesellschaften den Zeitwert der verlorenen Sachen unter dem Kaufpreis an oder würden nach Originalkaufbelegen als Nachweis fragen. „Dabei man kann kaum erwarten, dass Passagiere sämtliche Quittungen aufheben.“